Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ismaels fliegende Wale

Ismaels fliegende Wale

Titel: Ismaels fliegende Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip José Farmer
Vom Netzwerk:
sie es natürlich nicht wagen, ihm allzuviel wegzunehmen. Und er tut den kleinen Räubern so lange nichts, wie er nicht zu hungrig wird oder sie ihn zu reizen beginnen. Du siehst also, die kleinen Bestien brauchen nur in jene Räume vorzustoßen, die der Kahamwudu ausgelassen hat.“
    Sie lagen Seite an Seite auf zwei Blättern, über denen sich ein großer Baldachin ineinander verwobenen Grünzeugs und Ranken ausbreitete. Seit die große rote Sonne in den Armen der Nacht versunken war, legten sie großen Wert darauf, von einer schweren Vegetationsdecke beschützt zu werden. Namalee begann in dem Moment, wo sie sich auf den Schlaf vorbereiteten, besonders vorsichtig zu werden, und als Ismael sie nach den Gründen fragte, hatte sie erwidert, daß es dafür mehrere gab. Einige davon erklärte sie ihm, und die Folge davon war, daß er von nun an Schwierigkeiten hatte, überhaupt Schlaf zu finden.
    Dies war der zweite Schlaf, den sie in dieser Nacht fanden. Irgendwann erwachte Ismael ganz plötzlich und verspürte einen vagen Schmerz an seinem Hals. Er wußte sofort, daß eine Kletterpflanze ihren hohlen Zahn in seine Schlagader gesenkt hatte. Namalee erklärte ihm, daß die Pflanzen zwar während der Nacht in eine Art Halbschlaf verfielen, manche von ihnen aber stets wach genug blieben, um ständig nach einem Opfer Ausschau zu halten, und sich nicht anders verhielten als ein Mensch, der im Halbschlaf Durst verspürt und in die Küche taumelt, um einen Schluck Wasser zu trinken. Sie hatte ihm den Rat gegeben, daß er sich, wenn ihm dies passierte, nicht dagegen wehren solle. Es war besser, ein bißchen Blut zu verlieren, als sich loszureißen und die Pflanze damit gänzlich aufzuwecken.
    Ismael hatte sie ebenfalls gefragt, was es schon ausmache, wenn er der Pflanze ihren Trunk verweigerte, aber Namalee meinte, es sei besser, wenn man mit den Erdgewächsen zusammenarbeite. Über das, was geschehen könne, wenn er sich weigerte, ließ sie sich nur unklar aus. Sie wußte offenbar nicht mehr, als daß man sie gelehrt hatte, sich diesem Arrangement zu beugen. Es stimmte natürlich, daß man den Kletterpflanzen entgehen konnte, wenn man nicht von dem lähmenden Wasser trank, aber es war besser, sich nicht zu verweigern.
    Als Ismael an den meilenweiten Dschungel dachte, den sie noch zu durchqueren hatten, bevor sie die Bergstadt Zalarapamtra erreichten, entschied er sich zum Mitmachen. Er schloß die Augen und stellte sich den Strom seines Blutes vor. Die rote Flüssigkeit jagte durch winzige Leitungen der Kletterpflanze in ihren Körperstamm hinein. Und dann …
    Als er irgendwo über sich einen leisen, pfeifenden Ton hörte, zuckte er zusammen. Jemand oder etwas knickte die Pflanzenwipfel und schüttelte die Vegetation. Das Rascheln, das er nun hörte, war die nicht enden wollende Bewegung der aufgrund der Erdvibration zitternden Gewächse. Das Rascheln wurde schwerer und länger. Es wurde unzweifelhaft von einem großen Körper hervorgerufen.
    Ismael schaffte es, sich auf die Seite zu drehen, den Arm auszustrecken und Namalees Hängemattenblatt anzustoßen. Die Kletterpflanze verlängerte ihren Tentakel aufgrund seiner Bewegung und behielt ihren Zahn in seiner Ader.
    Namalee wachte sofort auf und setzte sich hin, sagte jedoch nichts. Das durch das Blattwerk scheinende Mondlicht malte lediglich den Umriß ihres Körpers, aber sie konnte Ismaels Hand gut erkennen. Sie rollte sich langsam an das Ende ihres Blattes zu ihm heran und flüsterte: „Was ist denn?“
    „Ich weiß nicht“, sagte Ismael. „Da kriecht etwas Großes herum.“
    Er deutete nach oben.
    Das Rascheln hatte zugenommen, und dann erkannte er mit weitaufgerissenen Augen etwas Schlangenähnliches durch einen See aus Mondlicht gleiten. Das Ding war etwa vierzig Fuß von ihnen entfernt. Namalee, die es nun auch sah, schnappte nach Luft und sagte leise: „Ein Shivaradu!“
    Der Tentakel, der dunkelgrau und etwa einen Zoll dick war, tastete blindlings in die Leere. Aber er kam näher und schien ihre Körperwärme zu riechen. Der Shivaradu war – wie die meisten Raubtiere, die in der Nacht jagten – blind, aber aufgrund seiner Fähigkeit, Wärme messen zu können, mit Augen anderer Art ausgestattet, die ihm zusammen mit einem scharfen Gehörsinn die Möglichkeit gaben, seine Opfer auch so aufzuspüren.
    Ismael riß den Tentakel der Kletterpflanze aus seiner Ader und hoffte, daß die unfachmännische Lösung nicht zu einer starken Blutung führte. Er machte eine

Weitere Kostenlose Bücher