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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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ging das Licht auf den Monitoren aus.
    Ganz aus.
    Die Monitore waren schwarz.
    Jemand schrie.
    Ich war es.
    Ich schrie und schrie und schrie.
    Langsam, ganz langsam drehte sich Alpha um, Panik und Fassungslosigkeit im Gesicht.
    Ich musste mich ebenfalls umgedreht haben, obwohl ich mich nicht daran erinnern kann. Jedenfalls sah ich zum Treppenaufsatz, wo Solo stand.
    Er stand da und starrte mich an.
    Und dann machte er auf dem Absatz kehrt – und rannte die Treppen hinunter, als sei der Teufel hinter ihm her.

Zwanzig
    MILKY HATTE die Matratzen in der zweiten Etage des Leuchtturms nebeneinandergelegt. Er saß mit Elfe auf der einen, während Alpha und ich jeder eine Matratze für uns alleine hatten. Neben mir lag Mephisto, seine schwarze Hundeschnauze ruhte auf meinem Knie und er gab leise, schnarchende Töne von sich, als ich ihm über den Kopf streichelte. Draußen brach die Dämmerung herein. In den letzten Stunden musste sich die Sonne noch einmal hinter den Wolken hervorgekämpft haben. Die obere Hälfte des Himmels war ein dunkles, fast schwarzes Blau, in das sich in glutroten Streifen das Abendrot mischte. Nach unten zum Horizont hin war der Himmel gleißend, ein helles, feuriges Gold. Es sah fast aus, als ob der Horizont in Flammen stünde und langsam, von der schweren blauschwarzen Wolkendecke zugezogen würde. Das Meer hatte sich kupferrot gefärbt und unsere Insel ragte wie die schwarze Silhouette eines großen Fisches daraus hervor. Direkt über der Insel, mitten im feurigen Licht des Horizontes schwebte eine Wolke, sie hatte die Form eines Fabelwesens, eines Vogels Rock, düster und verzerrt mit langem Schnabel und breiten Schwingen.
    Solo war fort.
    Alpha war hinter ihm hergestürzt, aber Solo war zu schnell gewesen. Er hatte sich das kleine Motorboot geschnappt und war davongerauscht, ich sah ihn aus dem Fenster unsere Insel ansteuern, während Milky und Elfe Alpha beschworen hierzubleiben, ihm nicht zu folgen.
    Die Bildschirme im Monitorraum waren schwarz geblieben. Milky hatte auf den Tasten herumgehämmert, aber die Bilder waren nicht wieder aufgeflammt. Der Mord an Darling war das Letzte, was wir gesehen hatten.
    Elfe hatte sich nicht beruhigen können, sie hatte um Hilfe geschrien, bis ihr die Stimme weggebrochen war. Milky und Alpha hatten verzweifelt den Monitorraum abgesucht, um irgendeine Möglichkeit zu finden, Kontakt zur Außenwelt aufzunehmen – aber die gab es nicht. Kein Telefon, kein Handy, nur einen ausgeschalteten Laptop, dessen Codewort wir nicht kannten.
    Keine Hilfe, kein Kontakt. Wir waren allein, abgeschnitten vom Rest der Welt. Irgendwann waren wir ein Stockwerk tiefer gegangen, wo eine lähmende Starre von uns Besitz ergriff. Milky trank Wasser aus einer Vitellflasche, die er aus der Küche genommen hatte. Der Ausschlag auf seinen Armen hatte zu nässen begonnen. Blasen bildeten sich auf der schuppigen Haut, aber Milky schien es nicht zu bemerken. Alpha rauchte, neben ihm lag die Packung Gitane , auf dem Boden vor ihm sammelten sich die ausgedrückten Stummel. Elfe wiegte sich in langsamen Bewegungen vor und zurück, die Arme um ihre Knie geschlungen.
    Wir schwiegen, während Alpha sprach. Ein Teil von mir versuchte, ihm zu folgen, während sich ein anderer Teil krampfhaft gegen die Logik versperrte, die Alpha sich zusammenreimte.
    Tempelhoff hatte zusehen müssen, wie Darling erwürgt wurde – von seinem eigenen Sohn. Was sollte er tun, was konnte er tun? Darling war nicht mehr zu helfen, Solo dagegen schon, denn niemand außer Tempelhoff hatte den Mord gesehen. Also fuhr er zur Insel, so schnell er konnte, um seinem Sohn beizustehen – Darlings Leiche aus der Höhle zu bringen, sie loszuwerden, bevor jemand sie entdeckte. Aber Joker sah sie – und deshalb musste er sterben. Sie schafften beide Leichen mit dem Boot fort und versenkten sie im Meer. Jokers Körper wurde zurück an Land gespült – und später von der Flut wieder davongetragen.
    »So«, fasste Alpha seine Gedanken zusammen, »so muss es gewesen sein.«
    »Und wo ist Tempelhoff jetzt?« Milky setzte die Wasserflasche ab und legte Elfe die Hand auf den Rücken, aber sie wiegte sich weiter, vor und zurück, vor und zurück.
    »Ich meine, was ergibt das für einen Sinn?«, fragte Milky verstört. »Das stimmt doch vorne und hinten nicht. Wo war der Kameraassi, dieser … dieser Sven? Okay, vielleicht unterwegs, was weiß ich, auf dem Festland, Moon wegbringen oder so. Aber warum ist er nicht zurückgekommen?«

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