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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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ich in die hellen Räume trat, zweifelte ich zum ersten Mal, ob es richtig war, sich in stockfinsterer Nacht aufs offene Meer zu begeben.
    Es war wie ein kurzes Atemholen in dieser schrecklichen Nacht – das tröstende Licht, die heimelige Wärme, die Illusion, als wäre gar nichts passiert.
    Solo verschwand im Schlafsaal der Jungen, während ich in unseren Raum hinüberging. Mein Feuerzeug hatte ich bereits bei mir. Esperanças Foto lag auf meinem Kopfkissen. Ich drückte es einen Augenblick fest an meine Brust, bevor ich das Schneckenhaus nahm, das ich am Strand gefunden hatte, und meine weiße Kerze. Ich steckte das Schneckenhaus in meine Hosentasche, das Foto in die andere. Die Kerze behielt ich in der Hand.
    Als ich auf dem Weg zurück ins Haupthaus an Elfes Bett vorbeikam, fiel mein Blick auf ihr Märchenbuch. Es war aufgeschlagen. An der vergilbten Illustration erkannte ich das Märchen von Dornröschen, das ich vor wenigen Tagen gelesen hatte, um meine dunklen Gedanken zu vertreiben. Mein Blick blieb an einem Satz hängen.
    Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche, weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, musste eine von ihnen daheimbleiben.
    Zwölf goldene Teller. Zwölf Jugendliche auf einer einsamen Insel.
    Wer war die Nummer dreizehn?
    Wer war der Fremde, der mich hinter den Felsen im Meer entführt hatte, bevor er Darling erwürgte? Und vor allem: Wo war er?
    In diesem Moment zerbrach die Seifenblase aus Wärme, Licht und Sicherheit um mich herum und der Gedanke, auf der Insel zu bleiben, wurde jetzt noch unerträglicher als zuvor. Nein – wir mussten fort.
    Ich schrie auf, als ein Geräusch hinter meinem Rücken ertönte.
    »Bist du so weit?« Solo stand in der Tür. Er hatte die Berimbau geschultert, in der einen Hand hielt er einen Rucksack und in der anderen hielt er Neanders Taschenlampe.
    Ich stopfte meine Kerze in den Rucksack und wir rannten zur Bucht.
    Der Strand vor uns lag da wie verlassen und in wenigen Augenblicken saßen wir im Boot. Mephisto war irgendwo zwischen den Palmen zurückgeblieben. Solo pfiff und rief nach ihm, und als Mephisto endlich ins Boot sprang, wagte ich aufzuatmen.
    Doch dann griff Solo nach unten und im nächsten Augenblick hörte ich ihn entsetzt durch die Zähne pfeifen. »Die Zündschnur«, keuchte er. »Jemand hat sie durchgeschnitten.«
    Ich war so schockiert, dass ich kein Wort hervorbringen konnte.
    Mit einem Satz war Solo wieder am Ufer. »Zurück zur Felsküste! Scheiße! Wir müssen das kleine Boot nehmen.
    Das ist unsere einzige Chance, von hier wegzukommen.«
    Wie benommen stolperte ich hinter Solo her und im Wald begannen wir zu rennen. Die Panik lähmte mein Denken, während meine anderen Sinne eine Schärfe angenommen hatten, die mir das Gefühl gaben, ein Tier zu sein … ein wildes Tier, auf der Flucht vor einem Jäger. Der Wind heulte immer wütender und mit ihm kam der Regen.
    Prasselnd drang er durch die Wipfel der Bäume herab, durchnässte meine Kleidung, rann mir über das Gesicht und die Arme und kroch mir in den Nacken. Doch ich achtete gar nicht darauf. Ich rannte, keuchte und schwitzte, stolperte, rappelte mich wieder hoch und rannte weiter, ohne meine aufgeschürften Hände zu beachten.
    Das andere Boot lag zwischen den Felsen am Ufer und ich brauchte Solo nur anzusehen, um zu begreifen, dass wir auch mit diesem Boot nicht von Isola würden fliehen können.
    Jemand hatte es verhindert. Wir waren gefangen.
    Solo, der in der Höhle noch so gezögert hatte, war jetzt panischer als ich. Er sah aus, als ob er sich ins Meer stürzen und wegschwimmen wollte.
    Hektisch blickte ich mich um. Niemand, da war absolut niemand, nur das Meer, die Felsen und Mephisto, dessen lautes Jaulen plötzlich durch den strömenden Regen zu uns herüberdrang. Im Schein der Taschenlampe entdeckten wir den Hund, er hockte auf einem Felsen in der Nähe des Ufers und sein Jaulen ging mir durch Mark und Bein.
    »Verdammt, was ist denn los?«, fuhr Solo seinen Hund an, als wir zu ihm gestolpert waren. Er riss ihn am Halsband, aber Mephisto rührte sich nicht vom Fleck, er hielt nur die Vorderpfote hoch und ich stöhnte auf.
    Mephisto war in einen Seeigel getreten.
    Sein Jaulen wurde immer erbärmlicher, und als Solo ihn mit Gewalt wegziehen wollte, fing er an zu knurren. »Scheiße«, fluchte Solo. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
    Er drückte mir die Taschenlampe in die Hand, damit er Mephisto zumindest von den gröbsten Stacheln befreien konnte, aber meine Hände,

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