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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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gottverdammte Insel absuchen, und wenn sie das Handy finden würden, wäre es für sie ein Leichtes herauszufinden, wem es gehörte. Ganz zuschweigen von den Informationen, die es enthielt. Das würde auch ihm das Genick brechen. Er musste handeln, er musste etwas tun, sie aufhalten, und zwar so schnell wie möglich.
    »WEG! Wir müssen hier weg!« Das war der nächste Gedanke, der sich mit aller Macht aus mir herausdrängte. Meine Stimme hallte von den Höhlenwänden wieder, aber als ich nach dem Windlicht griff, um aus der Höhle zu stürzen, hielt mich Solo an der Schulter fest.
    »Warte!«, rief er aus. »Warte, ich versteh das nicht! Was soll das heißen, ich war es nicht? Was war ich nicht? Was meinst du, Vera?«
    Solos Blick war so ratlos und gleichzeitig so offen, dass mir flau im Magen wurde. Und dann schob sich vor sein Gesicht wie eine Doppelbelichtung ein anderes. Ich dachte an das fiebrige Flackern, das ich in denselben Augen wahrgenommen hatte – zum ersten Mal in der Kapelle und dann in jener Nacht im Meer. Es hatte mich verstört und aufgewühlt, aber es hatte mich gleichzeitig auf elektrisierende Weise angezogen – und ich hatte mehr gewollt. Mehr von diesem kraftvollen, vibrierenden Körper, der mich hinter dem Felsen unter Wasser gezogen hatte.
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, mich übergeben zu müssen.
    Ich wollte fort von hier, so schnell wie möglich, aber Solo hielt mich noch immer an der Schulter fest und wartete auf eine Antwort.
    »In der Kapelle«, presste ich hervor. »Da war jemand. Da war ein Mann, der genauso aussah wie du. Er hat gesagt, ich soll zur Bucht kommen, nachts, wenn niemand da ist. Und das habe ich getan. Wir haben uns geküsst und ich dachte, du seiest es. Aber du warst es nicht.«
    »Ein Mann, der aussah wie ich?« Solo starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Vera, das ist doch absurd! Wer soll denn das gewesen sein?«
    Verzweifelt schüttelte ich den Kopf. Ich wusste es ja selber nicht. Hatte ich wirklich ein Mann gesagt? Ja, das hatte ich – und wenn dieser Mann derselbe war, der Darling erwürgt hatte, dann hatte ich wirklich einen Mörder geküsst. Und dieser Mörder, der mich, uns alle – und vor allem Solo auf grausame Weise hinters Licht geführt hatte, war womöglich immer noch hier!
    Die Höhlenwände fingen an, sich zu drehen. »Bitte«, brachte ich hervor und griff nach Solos Handgelenk, »bitte, lass uns von dieser Insel verschwinden!«
    »Vera, ich … « Solo rang nach Luft. »Ich muss wissen, was mit meinem Vater ist, ich muss hierbleiben und ihn … «
    »NEIN!«, schrie ich Solo an. »Wir können hier nicht bleiben, verstehst du das denn nicht? Wir sind in Gefahr, vielleicht in Lebensgefahr! Wenn dein Vater noch hier ist, dann kann er uns entweder nicht helfen oder … «
    Die Alternative wagte ich nicht auszusprechen. Tempelhoff war Solos Vater, ich aber kannte diesen Regisseur nur als einen schillernden Mann mit verschiedenfarbigen Schuhen und einem Blick, vor dem ich mich gefürchtet hatte. »Bitte«, sagte ich ein letztes Mal. Ich spürte, wie die Panik immer höher und höher stieg, bis ich sie nicht mehr herunterschlucken konnte.
    Ich drehte mich um und rannte.
    Und Solo folgte mir.
    Am Höhlenausgang wandte er sich nach Norden, er wollte zur Felsküste, wo er mit dem kleinen Boot angelegt hatte, aber ich schüttelte den Kopf. »Lass uns zur anderen Bucht, dort liegt das große Boot, das ist schneller.«
    Wortlos hetzten wir mit Mephisto durch den dunklen Wald, der jetzt eine neue Dimension der Bedrohung angenommen hatte. Solos Windlicht warf grässliche Schatten und die Geräusche schienen plötzlich aus allen Richtungen zu kommen, aus jedem Wipfel und Winkel dieses trostlosen Ortes. Und hinter jedem Rascheln, jedem Knacken war jetzt noch etwas anderes zu vermuten. Nein, nicht etwas. Jemand.
    Über unseren Köpfen brach ein Ast, ein schaurig krachender Laut, gefolgt von einem dumpfen Aufprall, kaum einen Meter von uns entfernt. Der Wind heulte, und als wir an unserer Unterkunft vorbeikamen, die noch immer hell erleuchtet war, griff Solo nach meinem Arm. »Warte. Lass uns schnell noch ein paar Sachen holen. Es fängt jeden Moment an zu regnen, wenn mein Windlicht den Geist aufgibt, sind wir aufgeschmissen. In Neanders Truhe ist die Taschenlampe.«
    Gehetzt sah ich mich um. Mephisto war ruhig, er bellte nicht, er wedelte nicht mit dem Schwanz, sondern lief ganz selbstverständlich ins Haus. Niemand schien hier zu sein, und als

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