Ist Gott ein Mathematiker
verschollen galten, im Februar 2006 plötzlich wieder auftauchten. Die Mitschriften, die mehr als 520 Manuskriptseiten aus der Feder von Robert Hooke höchstpersönlich enthalten, waren in einem Haus im englischen Hampshire gefunden worden, wo sie, wie man annimmt, etwa fünfzig Jahre in einem Schrank überdauert haben. Protokolle vom Dezember 1679 schildern die Korrespondenz zwischen Hooke und Newton, in der beide über ein Experiment diskutieren, mit dem sich die Erdrotation würde beweisen lassen.
Um auf Newtons wissenschaftlichen Geniestreich zurückzukommen: Newton übernahm Descartes’ Überlegung – der zufolge der Kosmos sich mathematisch beschreiben lässt – und machte daraus eine funktionierende Realität. Im Vorwort zu seinem epochalen Werk
Die Mathematischen Prinzipien der Naturlehre
(lateinisch:
Philosophiae Naturalis Principia Mathematica,
allgemein abgekürzt als
Principia)
erklärt er:
Wir … betrachten hauptsächlich diejenigen Umstände, welche sich auf Schwere und Leichtigkeit, auf die Kraft der Elastizität und den Widerstand der Flüssigkeiten und auf andere derartige anziehende oder bewegende Kräfte beziehen, und stellen daher unsere Betrachtungen als
Mathematische Prinzipen der Naturlehre
auf.
Alle Schwierigkeit der Physik besteht nämlich dem Anschein nach darin, aus den Erscheinungen der Bewegung die Kräfte der Natur zu erforschen und hierauf durch diese Kräfte die übrigen Erscheinungen zu erklären. Hierzu dienen die allgemeinen Sätze, welche im erstenund zweiten Buche behandelt werden. Im dritten Buche haben wir, zur Anwendung derselben, das Weltsystem erklärt. Dort wird nämlich aus den Erscheinungen am Himmel, vermittelst der in den ersten Büchern mathematisch bewiesenen Sätze, die Kraft der Schwere abgeleitet, vermöge welcher die Körper sich bestreben, der Sonne und den einzelnen Planeten sich zu nähern. Aus derselben Kraft werden dann, gleichfalls vermittelst mathematischer Sätze, die Bewegungen der Planeten, Cometen, des Mondes und des Meeres abgeleitet.
Mit dem Titel seines Werkes spielt Newton übrigens ungeniert auf die Überlegenheit seiner Arbeit gegenüber der von Descartes an. Er wählte die Überschrift
Mathematische Prinzipien
als Gegenstück zu Descartes’
Prinzipien der Philosophie.
In seinem stärker experimentell orientierten Buch über das Licht – der
Optik –
bediente sich Newton derselben mathematischen Logik und Methode. Er beginnt das Buch mit den Worten: «Es ist nicht meine Absicht, in diesem Buche die Eigenschaften des Lichts durch Hypothesen zu erklären, sondern nur, sie anzugeben und durch Rechnung und Experiment zu bestätigen. Dazu will ich folgende Definitionen und Axiome vorausschicken», und fährt dann mit prägnanten Definitionen und Aussagen fort, als handle es sich um ein Buch über euklidische Geometrie. Im Schlussteil des Buches betont er dann erneut: «Wie in der Mathematik, so sollte auch in der Naturforschung bei Erforschung schwieriger Dinge die analytische Methode der synthetischen vorausgehen.»
Newtons Virtuosität im Umgang mit seinem mathematischen Instrumentarium kommt wirklich an ein Wunder heran. Dieses Genie, das durch einen Zufall der Geschichte genau in jenem Jahr geboren wurde, in dem Galilei starb, formulierte die grundlegenden Gesetze der Mechanik, entschlüsselte die Gesetze, die die Planetenbewegung beschreiben, legte das theoretische Fundament für die Erklärung der Phänomene von Licht und Farben und begründete die Differential- und Integralrechnung. Diese Leistungen allein hätten hingereicht, Newton einen Ehrenplatz in der Galerie der berühmtesten Wissenschaftler aller Zeiten zu sichern. Aber es waren seine Arbeiten zur Schwerkraft, die ihn auf den Spitzenplatz auf dem für die größten Wissenschaftler aller Zeiten reservierten Podium katapultierten. Diese Arbeiten schlugen eine Brücke zwischen Himmel und Erde, brachtendie Gebiete Astronomie und Physik zusammen und holten den gesamten Kosmos unter einen großen mathematischen Schirm. Wie also ist jenes Meisterwerk – die
Principia –
entstanden?
Ich begann über Schwere nachzudenken, die sich zum Einflussgebiet des Mondes ausdehnt
Der Antiquar und Arzt William Stukeley (1687–1765), ungeachtet eines Altersunterschieds von fast vier Jahrzehnten ein enger Freund Newtons, war der erste Biograph des großen Wissenschaftlers. In seinen
Memoirs of Sir Isaac Newton’s Life
finden wir seine Version einer der berühmtesten Legenden in der
Weitere Kostenlose Bücher