Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Titel: Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Vesper
Vom Netzwerk:
ein Jahr für dich aussehen?
    Es gibt zwei Hauptängste, die einer Zielentwicklung in der Sexualität im Wege stehen. Erstens fürchten sich viele davor, den anderen zu kritisieren. Nicht unbedingt, weil sie nicht verletzen wollen, denn sie verletzen nicht selten in viel zu hohem Maße, sondern weil sie Angst vor der Reaktion haben. Dem Partner ehrlich zu sagen, worunter wir leiden, was uns nicht gefällt, macht extrem angreifbar und verletzlich.
    Die zweite große Angst ist, Neues auszuprobieren. Auch damit macht man sich extrem verletzlich. Man hat keine Routine, fühlt sich nicht sicher, nicht erfahren, macht sich vielleicht lächerlich, zeigt Schwächen.
    Stell dir noch einmal die gleichen Fragen, die im Kapitel Zielsetzung standen:
    ◉
    Welche Stolperfallen hindern dich, dein sexuelles Leben so erfüllend und glücklich zu gestalten, wie du es dir wünschst?

    Was willst du in deinem sexuellen Leben nicht mehr haben?

    Was willst du in deinem sexuellen Leben haben?

    Was wirst du tun, um das zu verwirklichen?

    Was unternimmst du gleich heute?

    Welche sexuelle Identität willst du in einem Jahr entwickelt haben?
    Masters und Johnson fanden als Erste heraus, dass sich sexuelle Störungen von ganz allein durch neues Erproben und Erkunden bessern. Inzwischen wissen wir durch alle möglichen Forschungen von Neurologie bis zum Glück: Es ist in der Sexualität wie bei allem andern – neue Erfahrungen müssen an die Stelle der alten treten, und nicht nur einmal, sondern wieder und wieder, dann heilt, was krank war.

Macht und Ohnmacht
    Beides spielt eine wichtige Rolle in der Sexualität. Gerade da zeigt sich, wie Partner einander stärken oder schwächen. Nicht selten werden Machtkämpfe über die Sexualität ausgetragen: Wer bestimmt, wann welcher Sex gemacht wird, wer hat Kontrolle über das Geschehen? Oder es gibt Kämpfe um die Realitätswahrnehmung. Einer sagt, wie er etwas erlebt hat, und der andere sagt: Stimmt nicht. Bestreitet die Wahrnehmung des andern, macht sie lächerlich, reagiert nicht darauf. Das sind die Machtkämpfe, die Partner zerstören.
    Der gesunde und stärkende Umgang mit Macht in der Sexualität sieht anders aus: Wenn ich dir Macht über mich verleihe und meine Macht über dich genieße, entsteht automatisch eine körperliche Erregung. Das ist aufregend und spannend. Es bewirkt ein Kribbeln, es hat mit Überwältigung und Hingabe zu tun. Damit, ob ich dich überrasche
und mich von dir überraschen lasse. Es hat mit dem Eros zu tun, der zwischen Mann und Frau leben kann.
    Vor fünfzehn Jahren, als ich einen Vortrag auf dem Kongress »Atem und Sexualität« halten sollte, habe ich mich intensiv mit dem Buch »Der verdrängte Eros« von Rollo May beschäftigt. Er sagt, dass die erotische Beziehung zwischen Mann und Frau ein riesiges Abenteuer ist, das viel Angst macht. In der erotischen Begegnung lasse ich die Masken fallen, ich zeige mich nackt, und zwar nicht nur meinen Körper, sondern meine Seele, mein ganzes Sein, meine Natur. Ich lasse den anderen wirklich an mich ran und in mich rein, er kann mich erkennen. Das ist das größte Risiko, das wir miteinander eingehen können. Denn wenn der andere mich dann fallenlässt, verurteilt, abwertet, verrät, betrifft mich das ganz und gar. Davon erholt sich ein Mensch nur schwer.
    Rollo May beschreibt schlüssig, wie die sogenannte sexuelle Revolution diese erotische Begegnung zwischen Mann und Frau verdrängt hat. So allerdings war sie nicht angetreten. Sie wollte die Prüderie, die einengenden Normen, die sexuelle Unterdrückung der Frau abschaffen und stattdessen sexuell befreite Menschen ermöglichen. Nur leider ist auch diese Revolution, wie so viele andere, in ihr Gegenteil verkehrt worden. Die sexuelle Revolution hat zu einer Konsumkultur der Sexualität geführt. Sie wurde vermarktet. Und so verkam sie zu einer banalen Tätigkeit, die etwas zu tun hat mit Spannungsabbau, Kicks, Ablenkung, Süchten und so weiter. Das Extrembeispiel sind Internetsexsüchtige: Sie reduzieren die sexuelle Spannung auf den visuellen Reiz und die Erregung des »Geheimen«. Es findet keine Berührung statt, weder seelisch noch körperlich, sie haben keinerlei wirkliche Macht, und sie selbst zeigen sich überhaupt nicht. Es ist die risikoloseste Form von Sexualität geworden, die man sich nur denken kann. Die einzige Berührung, die noch erfolgt, ist die der Maus und des eigenen Geschlechts. All dies ist ein Ausdruck der Armut unserer

Weitere Kostenlose Bücher