Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
ist, aber sie wollen zusammenbleiben, sie spüren, dass sie zueinandergehören. Manche erzählen dann von vorigen Beziehungen, in denen nichts stimmte, wo aber die Sexualität ekstatisch war.
Welche eigenartigen Widersprüche! Wenn das bei dir der Fall ist, du dich also entweder in unbefriedigenden Beziehungen mit toller Sexualität oder in befriedigenden Beziehungen ohne sexuelle Erfüllung wiederfindest, solltest du dich mit dem Thema Ambivalenz beschäftigen, mit Angst vor Abhängigkeit und wirklicher Nähe.
Manche Leute bleiben auch in Beziehungen, die sich allgemein unstimmig und scheußlich anfühlen, nur weil der Sex »irgendwie geil« ist. Sex gleicht eine Menge schlimmer Dinge aus. Etwa so, wie man an einem scheußlichen Wohnort in einem hässlichen Haus bleibt, nur weil es einen schönen Kamin hat.
Ich vermute, dass zu diesem Zeitpunkt eurer Arbeit mit diesem Buch bereits viele Probleme mit Sexualität gelöst sind. Die meisten Probleme mit Sexualität lösen sich fast von allein, wenn andere Beziehungskonflikte aufgearbeitet werden. Sexuelle Probleme sind oft ein Nebeneffekt der »Mauer aus Schweigen« – in den meisten Fällen zeigt es sich, dass Paare einfach nicht genug und nicht offen genug miteinander reden. Aber auch Abwertung oder die Vernachlässigung der jeweiligen Bedürfnisse des Partners haben negative Auswirkungen auf das Liebesleben.
Vielleicht habt ihr aber schon alles versucht, um eine beglückende Sexualität wiederzufinden, und es ist immer noch kein Land in Sicht? Dann fühlt ihr euch wahrscheinlich gelähmt und hilflos. Immer wieder kommen Menschen zu mir, die glauben, sie seien depressiv. Sie weisen auch die gleichen
Symptome auf: Sie haben eine negative Einstellung zu sich selbst und ihrem Körper, sie glauben nicht an sich und ihre Anziehungskraft oder Potenz, trauen sich nichts zu und spüren unterschwellig Verbitterung und tiefen Ärger. Aber sie sind nicht depressiv, sie sind einfach als Mann oder Frau in ihrer Liebesbeziehung vor die Hunde gegangen. Dann gilt es zuerst einmal, sich das Problem zu zweit anzuschauen und zu fragen: Wer sind wir eigentlich als Sexualpartner?
Immer wieder höre ich:
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Unser Sexleben ist tot, dabei streiten wir uns nicht einmal oder haben auch sonst keinen Stress.
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Über unsere Sexualität mag ich gar nicht nachdenken.
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Ich fühle mich so unbegehrt, wenn ich an unseren Sex denke.
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Ich glaube, ich will zu viel, mein Partner sagt, ich denke nur an das eine, aber ich bin furchtbar unbefriedigt.
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Wir hatten mal richtig guten Sex, jetzt ist das komplett vorbei.
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Mein Partner will das meiste, was ich mir von ihm wünsche und was für mich sexuell befriedigend wäre, einfach nicht tun.
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Wenn mein Partner wüsste, was ich mir wünsche, würde er mich verachten.
Es gibt zwei elementare Grundlagen, ohne die sich die Sexualität überhaupt nicht weiterentwickeln kann:
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Du fühlst dich in der Sexualität nicht erniedrigt.
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Du empfindest beim Sex keine Angst.
Wenn das nicht erfüllt ist, brauchst du, braucht ihr unbedingt therapeutische Hilfe.
In den Bereich »normaler« Probleme in der Sexualität fällt:
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Ihr habt zeitweilig wenig Sex, auch zu wenig für einen oder für beide.
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Ihr empfindet manchmal wenig Intensität und Leidenschaft.
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Ihr praktiziert seit einiger Zeit immer denselben Ablauf.
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Es gibt Zeiten, wo einer den andern nicht besonders attraktiv findet.
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Der Sexualakt ist zu kurz.
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Einer von beiden oder beide haben Mühe, zum Orgasmus zu kommen.
All das passiert Paaren, denen zum sexuellen Glück miteinander an sich nichts fehlt. Sie müssen nur aufpassen, aus der Talsohle wieder herauszukommen. Nicht selten habe ich Paare in Therapie, bei denen es wie ein leichter Winterschlaf begann, sich dann aber zur Totenstarre entwickelte. Wehret den Anfängen, kann ich nur sagen.
Es ist einfach notwendig, den Mund aufzumachen. Immer wieder erlebe ich Paare, die seit mehr als zehn Jahren zusammenleben, und in einer Sitzung bei mir verkündet die Frau zum ersten Mal ihrem Mann: Ich habe mit dir noch nie einen Orgasmus bekommen. Dann bleibt immer wieder nicht nur den Männern die Luft weg, sondern auch mir. Immer wieder bin ich überrascht davon, wie sensibel und selbstkritisch die Männer damit umgehen. Noch keiner war beleidigt, hat sich über ihre Lügerei beschwert, alle waren bestürzt über die eigene mangelnde Sensibilität und Ignoranz. Wenn die Frauen sich dann ein
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