Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
entsetzlich erschrocken über sich selbst, ging zur Einzeltherapie, wollte alles wiedergutmachen, nahm alle »Schuld« auf sich.
Der Weg zwischen Ekstase, Hass und Verachtung wurde fortgesetzt. Bis sie mit gezückten Messern voreinander standen. Ulrike schrie so laut um Hilfe, dass die Nachbarn kamen und die beiden trennten. Danach verließ Ulrike ihn, fest davon überzeugt, dass er ein gewalttätiger Machtmensch war, von dem sie sich schon vor langer Zeit hätte trennen sollen. Er blieb zurück. Zuerst mit Sehnsucht nach ihrer Zärtlichkeit. Mit Scham und Schuld und Entsetzen über sich selbst. Und dann mit Erleichterung, weil der Alptraum vorbei war.
Zwei Jahre später traf ich Ulrike zufällig auf dem Markt wieder. Sie war gerade in einer neuen Beziehung. Hatte eine enttäuschende Beziehung von eineinhalb Jahren hinter sich. Der Mann hatte sich als notorischer Lügner entpuppt, der alles Mögliche hinter ihrem Rücken tat. Jetzt sei sie mit einem zusammen, mit dem alles anders sei. Sie würde nie wütend werden, keine Wutanfälle, keine Kämpfe. Allerdings auch keine Ekstase, eine Beziehung mit einem sympathischen, ausgeglichenen Mann, ruhig, aber doch auch ziemlich langweilig.
Manchmal würde sie sich schon nach Daniel zurücksehnen. Das war doch intensives Leben gewesen.
Daniel? Oh, der hatte seit einem Jahr eine neue Frau, auch Ärztin. Er wollte wohl heiraten. Daniel und Ulrike hatten keinerlei Kontakt, zuerst hatte sie ihn nicht sehen wollen, danach er sie nicht. Aber von anderen hatte sie gehört, dass er glücklich sei. Na ja, das könne sie nicht wirklich glauben. Schließlich hatte er ihr gesagt, dass es nach ihr keine mehr für ihn geben könne. Und dass er noch keine begehrt habe wie sie und keine je wieder so begehren würde. Er könne aber nun mal nicht ohne Frau leben. Da habe er bestimmt nach der Erstbesten gegriffen. Ihr Ton war so voller Verachtung für Daniel und auch für seine neue Frau, dass mich schauderte.
Liebe dich selbst? Nein, für Machtmenschen ist das nicht der richtige Appell. Und für die Partner von Machtmenschen ist er das auch nicht.
Was an dem Beispiel von Daniel und Ulrike auch deutlich wird, ist, dass das Thema Macht mit dem Thema Status zu tun hat. Im Buch »Status-Spiele« zeigen Tom Schmitt und Michael Esser, dass Status-Kämpfe immer mit unterschiedlichen Komponenten zu tun haben, vor allem mit dem Innen-Gefühl und dem Außen-Eindruck. Es ist ein interessantes Buch. Mir fiel vor allem der Untertitel auf: »Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte.« Was ist mit Rückhand? Vorhand? Offenen Händen? Gibt es so etwas wie Unterhand? Mein Liebster blickt mir gerade über die Schulter und lacht. Schreibst du jetzt einen Ratgeber für Tischtennisspieler? Das ist auch einfacher! Status-Spiele wären ja kein Problem, wenn es nicht um oben und unten ginge. Wo einer oben ist, muss einer unten sein.
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Welche Gefühle verbindest du mit dem Wort Macht?
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Welche Situationen in deinem Leben fallen dir sofort ein, wenn du an Macht denkst?
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Welche Gefühle und Gedanken hattest du, als du dieses Kapitel gelesen hast?
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Wenn ich sage: Am Anfang einer Beziehung verleihen wir einander als Mann und Frau Macht, was fällt dir dazu zum Anfang deiner jetzigen Beziehung ein?
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Wie stark und potent fühlst du dich als Mann?
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Wie viel Anerkennung bekommst du von deiner Partnerin als Mann?
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Wie begehrenswert und attraktiv fühlst du dich als Frau?
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Welche Anerkennung bekommst du von deinem Partner als Frau?
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Welchen Zustand von Ohnmacht kennst du?
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Welche Menschen haben dich ohnmächtig gemacht?
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Wie haben sie es getan?
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Wie hast du damals reagiert?
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Wie reagierst du heute, wenn du dich ohnmächtig fühlst?
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Gibt es vielleicht eine heute für dich als Erwachsene konstruktivere Reaktion?
Teilt euch Defizite mit, wenn ihr sie empfindet. Es ist gleichgültig, ob es »objektiv richtig« ist, wichtig ist das Gefühl von Defizit. Besprecht, wie ihr das Defizit beheben könnt. Schaut noch einmal auf die Machtkämpfe, die ihr gegeneinander geführt habt. Macht euch bewusst, wo und wie ihr euch dem Partner, der Partnerin verweigert, welche Blockaden ihr entwickelt habt, die den anderen ohnmächtig gemacht haben. Würdigt, was bereits überwunden ist. Das habt ihr nicht mehr nötig! Stattdessen ist was gekommen? Vertrauen? Freiheit? Hingabe?
Ich habe bis jetzt viel über diejenigen geschrieben, die oben sind. Aber was ist mit
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