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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Diamanten ab. Als später der Großwesir, seine Exzellenz Mustafâ Pascha, davon hörte, erwuchs in ihm der Wunsch, ihn dem Obermeister der Juweliere abzukaufen. Gleichzeitig wurde die Sache dem Großherrn mitgeteilt, der ein Befehlsschreiben sandte, (ihm den Stein) zu schicken. Kurz, als der Stein auftauchteund man ihn prüfte und sich herausstellte, dass es ein hochseltener Diamant von 84 Karat war, beschlagnahmte ihn der Großherr. Der Obermeister der Juweliere wurde dafür mit dem Amt (und Einkünften) eines Obertürhüters und einigen Beuteln Gelds belohnt.
    Abb. 8: Löffelmacherdiamant (Schatzkammer des Serails)
    Evliyâ nennt, wenn er auf die Juweliere zu sprechen kommt, vor allem griechische und armenische Vertreter ihres Faches. Man darf aber annehmen, dass der Obermeister Muslim war. Für die Authentizität spricht auch, dass die Gewichtsangabe des Chronisten «84 Karat» dem tatsächlichen Gewicht von 86 Karat sehr nahekommt. Der hier erwähnte Großwesir ist jener Kara Mustafâ Pascha, der drei Jahre später (1683) das osmanische Heer nach Wien führen sollte. Er hat sein «Versagen» bei der vergeblichen Belagerung mit der Hinrichtung in Belgrad bezahlt. Sein Herr, Sultan Mehmed IV., der in dieser Geschichte als Endbesitzer des Diamanten vorkommt, überlebte die Niederlage um fast 30 Jahre.
Mustafâ Âlî über den richtigen Umgang
mit Luxusgütern
    Wie ein Beitrag zum noch ungeschriebenen Katalog des Topkapı Sarayı liest sich Mustafâ Âlîs Aufzählung von Luxusgütern, deren Gebrauch und Besitz er den neureichen Aufsteigern, an denen auch zur Zeit Murâds III. kein Mangel herrschte, verwehren möchte:
    Gleichermaßen schicken sich für niemand außer hochrangigen Notabeln und herausragenden Persönlichkeiten Samt und Brokat, gold- und silberbestickte Kostbarkeiten wie die Istanbuler
Serâserî
-Stoffe, insbesondere mit Zobel- und Luchspelzen verbrämte Jacken, edelsteinbesetzte Gürtel sowie mit Juwelen inkrustierte Dolche und Messer.
    Die Aufzählung von Luxusgütern, die für die Crème der Gesellschaft reserviert bleiben sollen, ist noch länger:
    Insbesondere Decken und Teppiche aus Persien oder Ägypten, Sofaüberwürfe mit Goldlitzen und Goldstickereien, wertvolle Kissen und Esstücher (
simât
, die man auf den Boden breitet), silberne Becken und Kerzenhalter, vergoldete Platten und silberne Räuchergefäße, goldene und silberne
divât
(Mehrzahl von
divit
, Federbüchse mit Tintenfass, die man im Gürtel tragen kann), vergoldete Spieluhren …
    Darüber hinaus missbilligt er Leute, die ihre Diener, Knechte und Klienten mit fürstlichen Kleidern und Turbanen schmücken, die eigentlich den Großen und Prophetenabkömmlingen (
seyyids
) zustehen, insbesondere wenn es sich um Grobiane vom Balkan (
Potur
) oder Bauernlümmel aus Anatolien (
Türk
) handelt. Gleichfalls nur den Befehlshabern und Wesiren steht zu, was am Ende der Liste steht:
    Anmutige (Sklaven)Mädchen, von denen jedes 1000 Gulden kostet, junge männliche Sklaven, von denen jeder ein zweiter Joseph ist und für die man sich umbringen möchte, Pferde im Wert von 300 bis 400 Goldstücken, die bestickte Prunkschabracken, juwelenverziertes Reitzeug und goldenes Zaumzeug tragen, mit Edelsteinen besetzte Steigbügel, Schilde, von denen wohlriechendes Öl tropft, sechsblättrige Streitkolben und wertvolle Schwerter …
Die Reliquienkammer und der Prophetenmantel
    Im dritten Hof befindet sich neben der einzigen wichtigen Moschee des Palastkomplexes auch die auf mehrere Räume verteilte Reliquienkammer
(Emânet-i mukaddese).
Bei der Moschee handelt es sich um das Gebetshaus der Pagen des Inneren Dienstes und der Eunuchen. Heute nimmt sie die hochbedeutende Handschriftensammlung der Sultane auf. Andere auf den Palast verteilte Moscheen standen früher für einzelne Berufsgruppen wie die Bäcker oder Gärtner zur Verfügung. Eine «Privatkapelle», wie sie auf europäischen Burgen und Schlössern zu finden ist, fehlte. Am Freitagsgebet nahm der Sultan in den Hauptmoscheen der Stadt teil, unsichtbar in seiner vergitterten Loge
(Hünkâr mahfili).
    Die hier «Reliquienkammer» genannte Abteilung wurde erst nach Ende der Dynastie geordnet, ihre Exponate sind zum Teil in den ehemaligen Privaträumen des Sultans ausgestellt. In einer kostbaren silberbeschlagenen Truhe wird der Prophetenmantel
(Hırka-i saadet)
verwahrt. Die in den ersten Jahrzehnten der Republik lange unterbrochene Koranlesung am
Hırka-i saadet
ist inzwischen wiederaufgenommen

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