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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Amtsträger der kaiserlichen Ratsversammlung, die den erweiterten Haushalt bildeten, sowie offizielle Gäste, die seinen Palast aufsuchten.»
    Hier wurden die Speisen für die Bevölkerung der Palaststadt zubereitet. Die Mahlzeiten des Sultans kamen hingegen aus einer eigenen Küche. Eine besondere Herausforderung für die Serailküchen stellten Beschneidungsfeierlichkeiten (
sünnet
) und Hochzeiten dar. An Stelle einer längeren Beschreibung der Baulichkeiten (deren Renovierung nach einem Brand Sinân 1574/75 überwachte) soll hier die Liste der Nahrungsmittel und ihrer Mengen bzw. Preise folgen, die für die Beschneidung des Prinzen Bâyezîd und einige seiner Brüder im Jahr 1539 in die Küchen eingeliefert wurden. Ein Chronist hat außerdem überliefert, dass die Feierlichkeiten «auf Betreiben des Wesirs (Lütfî Pascha) zusammengestrichen wurden» und schon nach 13 Tagen zu Ende gingen. Er sah darin ein ungünstiges Omen für den Prinzen, der sich später gegen seinen Vater Süleymân empören sollte, sich zum iranischen Erbfeind retten zu können glaubte, dort aber auf Ersuchen des Vaters hingerichtet wurde (1560).
    Das Gastmahl wurde auf 20 Tafeln mit je 27 großen Schüsseln und 14 Platten angerichtet. Der Sultan speiste mit speziellen Gruppen von Gästen (Paschas, Agas, Beys und hohe Ulemâ). Wie üblich wurden nicht nur die geladenen Gäste bedacht, sondern man schickte auch reichliche Spenden in die öffentlichen Küchen und Derwischerien der Stadt. Die Liste der Nahrungsmittel gibt verschiedene Gewichte wie
girâr
(ca. 64 kg),
kantar
(ca. 56 kg),
kîle
(ca. 26 kg) und
okka
(ca. 1,28 kg) an. Wenn diese Maße fehlen, handelt es sich um Stückzahlen.
    Abb. 7: Der Küchentrakt des Topkapı Sarayıs
    Reis 131½
girâr
    Reines Öl 205
kantar
    Zucker 850
kantar
    Honig 140
kantar
    Rote Trauben 50
kantar
    Feigen 10
kantar
    Pflaumen 10
kantar
    Aprikosen 10
kantar
    Mandeln 15
kantar
    Stärke 15
kantar
    Safran 20
okka
    Bohnen 30
okka
    Zwiebeln 81
okka
    Pfirsiche 5
kantar
    Granatäpfel 4
kantar
    Kichererbsen 40
kîle
    Salz 130
kîle
    Schafe 2600
    Hühner 1100
    Lämmer 900
    Gänse 900
    Rinder 40
    Enten 650
    Tauben 200
    Eier 18000
    Einige Speisen wie Brot und Blätterteig (
çörek
,
fodula
,
yufka
) wurden gesondert gezählt. Es kamen noch hohe Aufwendungen für das Geschirr (İznik-Keramik, Pokale für die Fruchtsäfte) hinzu, von Personalkosten für Köche, Bäcker, Wasserträger usw. ganz zu schweigen. Dabei wurde nicht an allen Tagen gekocht und serviert, man nutzte die Zwischenzeiten zum Reinigen von Geschirr und Besteck. An der Aufstellung ist die Reismenge (ca. 8547,5 kg) sicher überraschend, auch wenn man weiß, dass der Hof ein Monopol auf die Reisplantagen im Maritza-Tal (Filibe/Plovdiv im heutigen Bulgarien) hatte. Da die Gastmähler in der zweiten Novemberhälfte stattfanden, war auch die Beschaffung von Obst und Gemüse aus heimischer Produktion kein großes Problem. Im Übrigen fanden nicht alle Großveranstaltungen innerhalb der Serailmauern statt. Die Küchen lieferten beispielsweise bei der Beschneidungsfeier von 1582 die Speisen ins nahe gelegene Hippodrom. Hier soll auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Sultane große Liebhaber chinesischen Porzellans waren und es durchaus auch bei solchen Festmählern in Gebrauch nahmen. Die im Küchentrakt gezeigte Porzellansammlung befindet sich deshalb in ihrer ursprünglichen Umgebung.
Ein Springbrunnen für den Sultan
    Auf der gegenüberliegenden Seite liegt unter dem «Turm der Gerechtigkeit» der Kubbealtı genannte Versammlungsraum. Hier trat nicht nur das höchste Ratsgremium, der Divân-i Hümâyûn zusammen, sondern eswurden auch ausländische Gesandte, bevor sie zur Audienz beim Sultan im Arz Odası des Dritten Hofes zugelassen wurden, vom Großwesir empfangen. Das interessanteste Element des Turms der Gerechtigkeit ist das vergitterte Fenster, durch das der Sultan, ohne selbst gesehen zu werden, den Ratsverhandlungen beiwohnen konnte. Celâl-Zâde, der Historiker Süleymâns I., der selbst als
Nişâncı
(Unterzeichner der kaiserlichen Befehlsschreiben) an zahllosen Besprechungen teilgenommen hatte, gebrauchte dafür folgende Worte:
    Ihre Majestät baute einen erhabenen Thron und eine hohe Loggia über der äußeren Ratshalle, wo die Wesire saßen. Sie erfand ein verborgenes Fenster, von dem man die unten gelegene Ratshalle einsehen konnte. Ihre erhabene Exzellenz pflegte von diesem Fenster aus die Vorgänge im
Dîvân
von Zeit zu Zeit zu

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