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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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ehrbare und fromme Männer werden als Torwächter ernannt. Sie werden abwechselnd die Tore des Markts abends schließen und beim Morgengebet wieder öffnen. Es soll sich um ernsthafte und vertrauenswürdige Männer handeln. Sie sollen alles unternehmen, damit niemand etwas von größerem oder geringerem Wert verliert. Ihre tägliche Bezahlung soll für jeden acht
Akçe
betragen.
    Kömürciyan, der Verfasser eines Istanbul-Baedekers in armenischer Sprache, kannte den Ägyptischen Basar seit seiner Eröffnung:
    Gegenüber dem Tor zum Fischmarkt (Balıkpazarı) erkennt man den Eingang zum Ägyptischen (Mısır) oder Neuen (Yeni) Markt. In diesem Markt findet man alle Produkte Ägyptens, in aus Stein gebauten Läden findet man verschiedene Geräte und Gewürze. Gegenüber dem Ägyptischen Markt ist die Rösterei der Kaffeehausbesitzer, auf der anderen Seite ist eine gewaltige Moschee. Diese Moschee hat die Frau von Sultan İbrâhîm, Vâlide Turhan Sultan, die von Hause aus ein Russenmädchen war, errichten lassen. Bei der Moschee, die von einem großen Hof umgeben ist, befindet sich auch die Türbe der Vâlide Sultan.
    Besonders anschaulich ist seine Beschreibung des Treibens in der Umgebung des Markts. Der Text verrät auch, warum die Örtlichkeit noch heute Eminönü heißt. Hier hatte der Verwalter
(emîn)
des «festungsgleichen» (so schreibt Evliyâ) Gerstendepots seinen Dienstsitz, der Platz lag vor
(ön)
diesen Gebäuden.
    Hier sind die Landungsstege für die Boote nach Hasköy und Balat (auf der gegenüberliegenden Seite des Goldenen Horns). In diesem Quartier gibt es an die hundert jüdische Metzger und Gemüsehändler. Weiter entfernt sind die Läden von Sandalen- und Schuhmachern. In Läden auf der anderen Seite werden mehrfarbige und vergoldete Kannen und Schalen verkauft. Hier befindet sich auch der staatliche Gerstenspeicher, bei dem der Gersteninspekteur
(arpa emîni)
seinen Dienstsitz hat. Boote aus (den anatolischen Orten) Mihalıç, Bandırma und İzmir legen hier an. Hier sind Marmorsäulen, Hausteine aus den Brüchen und Grabstelen aufgehäuft. In vielen Läden werden Tröge, Pech und Seile verkauft sowie Haselnüsse und Salz in Stücken so groß wie eine Walnuss aus Ahıyolu (am Schwarzen Meer) und Kefe (Krim). Das Salz, das man aus der Walachei einführt, besteht aus Stücken, von denen jedes eine Pferdelast ausmacht.
    Am Ende von Kömürciyans Beschreibung wird deutlich, warum der Neue Markt zu seinem Beinamen «Ägyptischer Basar» kam: «Noch weiter entfernt sind die Schiffe aus Ägypten, die an der Hasır İskelesi anlegen. Sie bringen die mit roten Verzierungen versehenen ägyptischen Schilfmatten
(hasır).
Das Ufer zwischen Bahçekapı und Unkapanı ist voller Schiffe, die ununterbrochen von den Inseln, aus dem Mittelmeer und aus İzmit einlaufen.»

IX.
Moscheen: Finanzielles, Anekdotisches,
Kultisches
    Wahrscheinlich war der 1787 verstorbene Hâfiz Hüseyin, genannt Ayvânserâyî, der Istanbuler mit den umfangreichsten Kenntnissen der Moscheen seiner Heimatstadt. Sein Hauptwerk «Garten der Moscheen» enthält kürzere und längere Beschreibungen von 879 Moscheen. Das Buch beginnt mit der Aya Sofya als unbestritten ältester und ehrwürdigster Freitagsmoschee und endet mit einer Dorfmoschee unweit des Alem Dağı bei Üsküdar. An der Wende zum 21. Jahrhundert zählt die mit der Stadt mehr oder weniger identische Provinz Istanbul ca. 2500 Moscheen. Gemessen an der Vervielfachung der Einwohner ist die Zahl der Gebetshäuser pro Einwohner eher zurückgegangen als angewachsen! Vor einer Vorstellung einiger ausgewählter Moscheen soll auf eine wichtige Unterscheidung aufmerksam gemacht werden.
Mescids und Câmis:
Mehr als ein Größenunterschied?
    Das Wort
Masdschid
, der «Ort, an dem man sich vor Gott niederwirft», ist die allgemeine arabische Bezeichnung für eine islamische Gebetsstätte und wird auch im Türkischen in der Form
Mescid
gebraucht. Sehr früh hat sich aber die Bedeutung in der Umgangssprache auf die Stadtviertelmoscheen verengt, in denen man sich
nicht
zum Freitagsgebet versammelte. Die Freitagsmoschee ist die «Versammlerin» (
câmi
) sämtlicher Muslime einer Stadt. Die ältere islamische Doktrin ließ nämlich nur eine Moschee für das kollektive Gebet einer Stadt zu. Später half man sich mit der Fiktion von Teilstädten, von denen jede eine Freitagsmoschee als Mittelpunkt hatte. Auch diese Vorstellung wurde schon in frühosmanischer Zeit, also vor der Einnahme

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