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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Stiftung Mehmed Sokullu Paschas bei der Brücke von Büyük Çekmekce einbeziehen will. 29 Bauten sind ganz verschwunden, 13 weitere haben ihren Charakter durch Umbauten völlig verloren. Sieben bewahren heute noch Züge des«klassischen» 16. Jahrhunderts. Der berühmte Sinân und die Mitarbeiter seines Büros haben sich also nicht nur mit der Planung und Ausführung von Großbauten befasst. Zu den Auftraggebern der 51
Mescids
gehört die besserverdienende Mittelschicht. Mehrfach waren es Obermeister verschiedener Zünfte wie der Knopfmacher (Düğmecibaşı), der Kürschner (Kürkçübaşı) oder Geldwechsler (Sarrâfbaşı).
    Sinân hat selbst in seinem Leben zwei Mescids gestiftet. Seine erste eigene Moschee entstand um 1563. Sie ist heute spurlos verschwunden. Die zweite wurde etwa zwischen 1582 und 1586 gebaut und liegt an der heutigen Akşemseddîn Caddesi. Er nahm sie in seine Werkliste als «
Mescid
dieses Armen in Yenibahçe» auf. Die Mimâr Sinân Mescidi führt ihren Namen also mit doppelter Berechtigung. Obwohl die Mimâr Sinân Mescidi 1918 völlig ausgebrannt war, konnte man für die Rekonstruktion auf eine ältere Zeichnung (des bekannten deutschen Kunsthistorikers Cornelius Gurlitt) und eine gute Bauaufnahme zurückgreifen. Vom heutigen Bauwerk mit seinem schlichten Zeltdach stammt nur das sehr beachtenswerte feine, etwa 10 m hohe Minarett ohne Umgang aus dem 16. Jahrhundert, unweit der Metrostation Emniyet.
Die Säulen der Süleymaniye
    Sinâns wichtigster Bau in Istanbul ist der Süleymaniye-Komplex. Da sich 2973 Seiten mit den Lohnabrechnungen aus den Jahren 1553–1557 sowie zahlreiche Dokumente zur Materialbeschaffung erhalten haben, kennen wir die Süleymaniye besser als viele andere Großbauten. Unter den Arbeitern bildeten freie Handwerker mit 41 % die größte Gruppe. Bei einem leichten Übergewicht der Christen waren muslimische und christlicheHandwerker etwa in denselben Proportionen beteiligt. Die Hälfte aller Arbeiter wurde in den Provinzen angeworben. Neben den Ägäischen Inseln spielte der Raum Kayseri und Amasya eine hervorragende Rolle als Reservoir für qualifizierte Meister. Der Anteil kriegsgefangener Christen war mit 5,8 % nicht sehr hoch. Sie wurden vorwiegend zum Rudern der mit Steinen beladenen Galeeren über das Marmarameer eingesetzt. Nach der Fertigstellung beschäftigte die Stiftung mit ihren Lehranstalten, dem Krankenhaus und der Küche etwa 800 Personen und verschlang jährlich 1 Million
Akçe
. Mehrere Chronisten haben bei der Erwähnung der Süleymaniye mit Bewunderung von den vier großen Porphyr- bzw. Marmorsäulen gesprochen. Mustafâ Âlî schrieb:
    Abb. 13: Bronzering an einer Säule im Vorhof der Süleymaniye mit historischen Grafitti
    Zwei der vier Marmorsäulen, die zu den Seltenheiten des Erdkreises gehören und die auf der Welt ihresgleichen nicht haben und von denen man im «bewohnten Viertel» (in der Ökumene) weder etwas weiß noch von ihnen gehört hat, kommen aus der Wohlbehüteten Kostantinîye, die anderen (zwei) aus Alexandria im Lande Ägypten. Sie wurden über das Meer mit Schiffen gebracht.
    Evliyâ behauptet, alle vier Säulen stammten aus einer «alten Stadt». Auch im zehnten Band seines Werks, der die Reisen in Ägypten und im Sudan enthält, wird beim Besuch von Luxor daran erinnert, dass die vier Hauptsäulen der Süleymaniye aus dieser Stadt auf dem Nil bis Alexandria und von dort aus auf Flößen nach Istanbul gebracht wurden. Alle Einzelheiten verdanke er seinem verstorbenen Vater.
    Die Durchsicht der Urkunden und Register widerlegen unsere Autoren in manchen Punkten. Tatsächlich haben sich mehrere Dokumente finden lassen, die beweisen, dass der Statthalter von Ägypten, der
Beylerbeyi
Alî Pascha, drei Monate nach der feierlichen Grundsteinlegung der Moschee (13. Juni 1550), den Auftrag erhielt, aus Alexandria vier Granitsäulen, 17 Ellen lang, zwei Ellen stark, zu besorgen. Kurz danach wurde auch dem Kadi von Biga befohlen, Bauholz vom Südufer des Marmara-Meers für die Konstruktion eines Landungsstegs in Alexandria bereitzustellen. Im Frühsommer 1552 liefen die Schiffe zur Abholung der Säulen aus, die im November desselben Jahrs eintrafen. Es ist nicht klar, ob die Schiffe mehr als eine Säule nach Istanbul beförderten. Das Werkverzeichnis des Baumeisters Sinân beseitigt alle Zweifel: Es nennt Alexandria als Herkunftsort einer Säule, die übrigen drei stammen dieser Quelle zufolge aus Baalbek (heute Libanon), dem Stadtteil

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