Istanbul: Ein historischer Stadtführer
Konstantinopels, aufgegeben. Die meisten Sultane und viele Große stifteten Freitagsmoscheen, während man das Bauen von
Mescids
der übrigen Bevölkerung überließ. Die Predigtkanzel (
minber
) als das wichtigste Kennzeichen der Freitagsmoschee fehlt in den einfachen
Mescids
. Der Stifter einer
Mescid
musste also auch keine Einnahmequellen für das Gehalt eines Freitagspredigers erschließen.
Im 17. Jahrhundert und später wurden zahlreiche ursprüngliche
Mescids
durch ergänzende Stiftungen zu einer Freitagsmoschee aufgewertet. Im «Garten der Moscheen» gibt es zahlreiche Einträge des folgenden willkürlich ausgewählten Musters:
Die Yakûb Ağa-Moschee in der Nähe der Freitagsmoschee Pişmânîye: Ihr Erbauer ist der ehemalige Ağa aus dem Serail Yakûb Ağa, in ihrer unmittelbaren Nähe ist eine Schule (
mekteb
) aus Hausteinen. Ihre Imâme sind zugleich Lehrer (der Schule) … Fatma Hanım, eine Dame aus dem Serail, hat (dann später) den
Minber
eingerichtet. Dazu gehört ein Wohnquartier.
Ganz schlichte
Mescids
gehörten zu allen wichtigen Manufakturen und Fabriken:
Die Moschee der Joghurtmacher beim Ahur Kapı (das «Stalltor» unterhalb des Topkapı Sarayı): Die genannte Moschee befindet sich im Inneren der staatlichen Fabrik. Sultan Süleymân ist ihr Erbauer. Ihr Minarett ist aus Holz, sie hat keinen
Minber
. Die fünf Pflichtgebete werden (aber) abgehalten. Zur Moschee gehört kein Wohnviertel.
Der Hinweis auf das fehlende Wohnviertel (
mahalle
) bedeutet nicht etwa, dass die
Mescid
auf freiem Feld lag, sondern dass zu ihr kein selbständiger «Sprengel» gehörte. Ein muslimisches Quartier (
mahalle
) bestand nur im idealtypischen Fall aus einer Moschee und Wohnhäusern, der Schule, Brunnen, Läden usw. Es konnte durchaus neben einer
Câmi
zwei oder mehrere
Mescids
zählen. Eine Auseinandersetzung zwischen zwei Imamen verdeutlicht, was man unter dem «Sprengel» einer
Mescid
zu verstehen hatte.
Beschwerde eines Vorbeters gegen den Stellvertreter eines anderen Vorbeters
Konflikte zwischen den Vorbetern der Moscheen blieben dann nicht aus, wenn es um ihre zusätzlichen Einkünfte ging. Im August 1743 erging ein Befehl an den Kadi von Istanbul, der einen Streit zwischen zwei Vorbeternbeilegen sollte. Der Sachverhalt wird am Anfang des sultanischen Schreibens dargelegt:
Hüseyin – es nehme sein Gebet zu –, Vorbeter (
İmâm
) der Freitagsmoschee, die sich im Quartier (
mahalle
) des Emîn Sinân befindet, welche zu den Stiftungen des wohlbehüteten Istanbul gehört und der Aufsicht des Kadis von Istanbul untersteht, kam zu Meiner Pforte der Glückseligkeit und berichtete, dass die Imame der oben erwähnten
Mahalle
seit altersher die Eheverträge schließen und die Totenwaschungen der Quartierbewohner vornehmen. Während sich (bis heute) niemand eingemischt hat, überschritt der Stellvertreter des Imams der später errichteten Hamza Paşa Mescidi, zu der keine selbständige
Mahalle
gehört, el-Hacc İsmâîl, seine Zuständigkeiten und schloss gegen alles Herkommen anfallende Eheverträge und nahm Totenwaschungen der Quartierbewohner vor, womit er zur Ursache erheblicher Unordnung wurde.
Die Behörde konnte dem Beschwerdeführer Hüseyin ohne weiteres folgen. Aus den Einträgen im «großherrlichen Register» ginge tatsächlich hervor, dass die Emîn Sinân Camii älter war als die Hamza Paşa Mescidi. El-Hacc İsmâîl habe also keinen Anspruch auf Gebühren aus Amtshandlungen wie Eheschließungen und Todesfällen in seiner «unselbständigen Gemeinde». Übrigens lässt sich die Entscheidung aus dem Jahr 1743 noch heute gut überprüfen. Die Stiftungsregister geben an, dass die Emin-Sinân-Moschee (sie ist inzwischen wieder eine gewöhnliche
Mescid
und liegt in der Pertevpaşa Sokağı/Gedikpaşa) vom Küchenschreiber Mehmed II. des Eroberers gebaut wurde und Einkünfte aus Geschäftsräumen in Galata bezog. Die Hamza Paşa Mescidi, von der sich keine Spur erhalten hat, lag an der heutigen Dostluk Yurdu Sokağı unweit der Zisterne von Binbirdirek; vielleicht wurde sie für den Bauplatz des nie begonnenen Heims der deutschtürkischen Freundschaft geopfert? Sie wurde erst im späten 17. Jahrhundert aus einer Kirche in eine Moschee umgewandelt. Als in den 1930er Jahren in der Gegend Apartmenthäuser entstanden, tauchten Baureste davon auf.
Sinâns vergessene Mescids
In den Bauverzeichnissen von Mimâr Sinân (gest. 1588) kommen 51
Mescids
vor. Alle befanden sich in Istanbul, wenn man die
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