Istanbul
eine Stadt der unterschiedlichsten Kulturen war.
Orhan Pamuk – erster Nobelpreisträger der Türkei
Die Ernennung Orhan Pamuks zum Träger des Literaturnobelpreises 2006 spaltete die Nation. „Unser Stolz“ titelte die liberale Tageszeitung Radikal . Als einen Mann, „der sein Volk verkauft hat“ und „keiner von uns“ sei, bezeichnete ihn das Boulevardblatt Sabah . Zu oft hatte der Literat Missstände in der Türkei angeprangert und damit die Nationalisten im Land gegen sich aufgebracht. In einem Interview mit dem Zürcher Tages-Anzeiger bedauerte er z. B. einmal, dass sich kaum jemand in seinem Land traue, die Verbrechen an den Armeniern und Kurden anzusprechen. Die Folgen für ihn: Gewaltandrohungen und ein Verfahren wegen „Verunglimpfung des Türkentums“, das später jedoch eingestellt wurde.
Orhan Pamuk, Jahrgang 1952, entstammt der kosmopolitischen, westlich geprägten Oberschicht der Bosporusmetropole. Drei Jahre lebte er in New York, ansonsten konnte er İstanbul nie länger den Rücken kehren. Seine Romane handeln größtenteils von Identitätskonflikten zwischen der westlichen und östlichen Welt. Die meisten spielen in İstanbul, und meistens schneit es. Das schwarze Buch (Carl Hanser Verlag 1995) erzählt von der verzweifelten Suche eines Mannes nach seiner Frau in den dunklen Gassen der Stadt. Rot ist mein Name (Carl Hanser Verlag 2001) ist eine faszinierende Mischung aus historischem Kriminalroman, orientalischem Märchen und Liebesgeschichte. Viel beachtet wurde auch Schnee (Carl Hanser Verlag 2002), ein politisches Lehrstück vor der Kulisse der tristen ostanatolischen Stadt Kars. Pamuks Kindheitserinnerungen sind Schwerpunkt von İstanbul – Erinnerungen an eine Stadt (Carl Hanser Verlag 2006). „Ein großartiger und trauriger Liebesroman“, so die Süddeutsche Zeitung , ist Orhan Pamuks umfangreichstes Werk Museum der Unschuld (Hanser Belletristik 2008), dem bis zu Ihrem Besuch ein Museum folgen soll.
Shafak, Elif : Der Bastard von Istanbul. Eichborn, Frankfurt/M. 2007. Eine junge Halbarmenierin, aufgewachsen in den USA, sucht Ihre Wurzeln in İstanbul. Äußerungen der Romanfiguren brachten Shafak wegen „Verunglimpfung des Türkentums“ eine Anklage ein! Ebenfalls empfehlenswert ist Elif Shafaks neuester Roman Bonbonpalast (Eichborn, Frankfurt/M. 2008), eine Liebeserklärung an das İstanbul der einfachen Leute.
Adivar, Halide Edip: Die Tochter des Schattenspielers. Manesse Verlag, Zürich 2008. Der Roman, „ein Klassiker der europäischen Moderne“ (FAZ), wurde 1935 geschrieben und erst jetzt ins Deutsche übertragen. Er spielt in der Herrschaftszeit Abdül Hamit II. und lässt das vergessene İstanbul lebendig werden.
Aykol, Esmahan: Hotel Bosporus . Diogenes, Zürich 2004. Ein witziger İstanbul-Roman, der mit Stereotypen und deutsch-türkischen Klischees spielt.
İşigüzel, Şebnem: Am Rand. Berlin Verlag, Berlin 2008. Ein Roman über die Gesichter İstanbuls, die unterschiedlicher nicht sein können.
Ümit, Ahmet: Nacht und Nebel. Unionsverlag, Berlin 2008. Ein İstanbul-Krimi.
Mağden, Perihan : Zwei Mädchen. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2008. Ein wilde Geschichte von rebellischen Mädchen in İstanbul. Verfilmt von Kutluğ Ataman.
Livaneli, Zülfü: Glückseligkeit. Rowohlt Verlag, Reinbek 2010. Die Herz zerreißende Geschichte einer jungen Ostanatolierin, der ein Ehrenmord bevorsteht. Spannend bis zur letzten Seite.
Stadtpläne : Es gibt keine ohne Fehler! Der detaillierteste „Plan“ hat Buchformat:
Was türkische Namen aussagen können
Stellen Sie sich vor, Ihr Metzger würde Etyemez („Er isst kein Fleisch“) heißen oder der Getränkehändler ums Eck Suiçmez („Er trinkt kein Wasser“). In der Türkei kann das vorkommen. Die Fülle lustig-blumiger Familiennamen geht auf ein Gesetz von 1934 zurück. Im Zuge von Atatürks Reformen mussten sich nämlich die bis dato nachnamenlosen Türken einen solchen zulegen. Teils konnten sie den Namen selbst wählen, teils wurde ihnen einer zugewiesen. Manche trafen zum damaligen Zeitpunkt vielleicht eine passende Wahl, bedachten aber nicht, dass der Name an ihre Söhne und Töchter weitervererbt würde. Und so kann der Klavierspieler an der Hotelbar auch Parmaksız („Ohne Finger“) heißen ...
Heute bleibt leider nur noch die Wahl der Vornamen übrig, aber auch diese stehen den Nachnamen an Einfallsreichtum kaum nach: Der Freude über die Geburt des ersten Kindes wird z. B. gerne mit Namen wie Devletgeldi
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