Italienische Märchen
am Himmelsrand,
Ich ging an meines Bruders Hand
Auf einer grünen Wiese,
Als wie im Paradiese.
Des Schlosses Fenster blitzten fern,
Am Himmel kam der Abendstern,
Wir trugen auf den Hüten
Krönlein von Blum und Blüten.
Mein Bruder sprach: »Wir gehn zu weit,
Komm! komm nach Haus! das Käuzchen schreit,
Die Hühner sind schon schlafen,
Der Hirt kommt mit den Schafen.«
Ich sprach: »Erst muß ich an den Quell,
Da steht das Kräutchen Pimpernell,
Das muß ich erst ausreißen,
Mir träumt', es wollt mich beißen.«
Der Bruder sprach: »Ach! laß das Kraut,
Es wird schon dunkel, daß mirs graut;
Das Kräutlein auf der Weide
Tut dir ja nichts zu Leide.«
Ich aber war voll Grimm und Zorn
Und lief durch Distel und durch Dorn
Vom Bruder hin zur Quelle
Und rupft die Pimpernelle.
›Da rief das Kräutlein: »Ach! und weh!
Gott half mir durch den kalten Schnee,
Nur einmal schaut ich zur Sonnen
Und muß nun sterben am Bronnen.«
Ich war voll Zorn, riß immerzu:
»Du böse Pimpernelle du!«
Rief ich, kratzt in der Erde
Und wußt nicht, was draus werde.
Mein Bruder rief, mein Bruder rief,
Ich hört ihn nicht, mein Zorn war tief!
Ich tobte an der Quelle
Und schimpft die Pimpernelle.
Da sagt das letzte Kräutlein noch:
»Dich kriegt die Pimpernelle doch,
Sie wird mein Sterben rächen,
Den wilden Sinn dir brechen.
Ach! laß mich stehn, ich bitt dich drum.«
Da dreht ich ihm das Hälslein um,
Das Kräutlein tät ich morden,
Sein Spruch ist wahr geworden.
Da kam ein Schatten angerollt:
Ich sah ihn vor dem Abendgold,
War bucklicht wie ein Kater,
Ich dacht, es sei der Vater.
Ich dacht, er holet uns nach Haus,
Er fuhr, uns aufzusuchen, aus
In seiner Königskutsche,
Ach, da kam die Barutsche.
Vier Möpse auf dem Vordersitz
Und zwischen Schachteln eine Nasenspitz
Konnt ich schon ganz erkennen
Und wollt zum Bruder rennen.
Und lief und sank da in den Sumpf,
Hielt mich da fest am Weidenstumpf,
Und rief da in dem Schilfe:
»Ach, Hülfe, Hülfe, Hülfe!«
Da bellten die Möpse, der Wagen stand,
Der Kutscher naht', bot mir die Hand
Und trug mich in die Kutsche,
In die fatale Barutsche.
Da sprachs heraus: »Ich heiß Mamsell
Cephise Marquise de Pimpernell,
Sag an, meine Charmante!
Bist du von gutem Stande?«
Da fuhr es mir durch Mark und Bein:
Das mag die Pimpernelle sein,
Wovon das Kraut gesprochen,
Das ist so bös gebrochen.
Ich schrie: »Ich bin des Königs Kind,
Zum Vater bringt mich ganz geschwind!«
Sie hob mich in die Kutsche,
Ach, in die böse Barutsche!
Die rumpelte über Stock und Stein
Fort mit mir in die Welt hinein;
Mein Weinen sie nicht rühret,
Sie hat mich fortgeführet.
Weil ich ein bißchen um mich schlug,
Sprach sie: »Dir ists noch nicht genug,
Der Schneider hats vermessen,
So gehn nicht die Prinzessen.
Die Hände fahren dir herum;
Dein Leib wird schief, dein Hals wird krumm,
Als wolltest du mich schlagen;
Es wankt dir auch der Magen.«
›Da nahm sie eine Schnürbrust her,
Schnürt' mich die Kreuz, schnürt' mich die Quer,
So spitz wie eine Spindel,
Wie's Kindlein in der Windel.
Da ward ich still, da ward ich zahm,
Im Herzen ich das Wort vernahm:
Die wird mein Sterben rächen,
Den wilden Sinn dir brechen.
Und so ward ich hierhergebracht
Und ward gepeinigt Tag und Nacht;
Die Antwort war, sobald ich bat:
Nur geh nicht krumm und halt dich grad.
Und zehen Jahr sind nun herum,
Ich bin nicht grad, ich bin nicht krumm,
Zerdrückt nur und zerknicket,
Zerstückelt und zerzwicket.
Vom lieben Gott hört ich nicht viel,
Doch vom Tarock und L'hombrespiel,
Von Tanzen und Manieren
Und auch von Gratulieren.
Weil ich betrübt den Kopf gesenkt,
Ward ich ins Halsband eingezwängt,
Ich mußte auf den Zehen
Und dazu auswärts gehen.
Den Leib hinein! Die Brust heraus!
Die Nase hoch und oben aus!
Ich mußt mich tief verneigen,
Hoffärtge Demut zeigen.
Kein Apfel, keine Kirsche rot,
Kein Salz, kein Schmalz, nur frisches Brot,
Heißts, macht die Säfte stocken,
Ich esse Semmeln trocken.
Kein frisches Wasser aus dem Quell
Erlaubet mir die Pimpernell,
Das, mit Respekt zu melden,
Mich könnte leicht verkälten.
Ich trinke nichts als Fliedertee,
Und keine Milch ich jemals seh,
Sie könnte mich verschleimen
Und innerlich verleimen.
Zur Stärkung der Memorie
Muß ich gar oft Zichorie
Mit braunem Syrup schlucken
Und darf nicht einmal spucken.
Man sperrte mich nun ein darauf,
O du betrübter Lebenslauf.
Ich muß stets
Weitere Kostenlose Bücher