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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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Wohnung; da er die Haustüre zumachte, um das nachlaufende Volk abzuhalten, stieß der Storch ein Fenster ein und kam in die Schreibstube geflogen; setzte sich gerade vor Risiko, der an seinem offenen Hauptbuche rechnete; beschmutzte ihm das Buch; stieß ihm die rote Dinte um und klapperte ganz entsetzlich. Da fiel Herr Risiko auch über ihn, sie jagten ihn auf den Hof, wo Komanditchen ihnen zu Hülfe kam und wo die gute Taube verletzt ward.
    Der Nachbar, Herr Vetter und Base, hatte seine Spionen im Hause des Risiko, die erzählten ihm von der Verwundung der Pfauentaube, und er ging sogleich mit einem Advokaten zu Herrn Risiko, auf dessen Reichtum er ohnedies sehr neidisch war, und begehrte seine Pfauentaube frisch und gesund zurück. Risiko konnte das nicht, weil ihr der Flügel zerschlagen worden war, aber er bot ihm viel Geld. Der Nachbar aber begehrte das nämliche echte, alte, aufrichtige Ölfaß, und den Herrn Seligewittibs-Erben darin so wieder, wie er es ihm einstens für die Taube gegeben. Das war nun gar nicht möglich, denn das Faß war lange verbrannt, und Herr von Ochsenglück würde sich nie wieder hineingesetzt haben.
    Da ward die Sache vor den König von Diesseits gebracht, und der sagte: »Wenn Herr Risiko das Faß nicht wiedergeben kann, so muß er dem Herrn Vetter und Base alles geben, was aus dem Fasse entstanden ist.« Ach! da mußte der arme Risiko all sein Geld hergeben und seine ganze Handlung, und zog nun wieder mit dem Ladenpeter auf das Dorf.
    Ehe sie fortzogen, kamen sie beide zu Komanditchen und weinten sehr, und Ladenpeter besonders. »Ach!« sagte er, »warum bin ich ein solcher Narr geworden und habe ein englischer Lord sein wollen; o wo sind die Zeiten hin, da ich als ein unschuldiger Ladenpeter Ihnen dieses Kabinett eingerichtet!« – Komanditchen weinte mit. »Oh!« sagte Risiko zu dem Storch, der ernsthaft in der Ecke stand, »warum hab ich dir aus Handelsspekulation dein Nest mit meinem alten Stall umgeworfen; o wäre ich doch ewig ein armer Krämer geblieben!« Da er aber die arme, kranke Pfauentaube in Komanditchens Schoß sah, war er noch betrübter. »Ach!« sagte er, »wo mag Kreditchen, meine Tochter, sein? Wenn die bei mir wäre, so wollte ich zufrieden wieder auf meinem Dorfe wohnen.«
    Komanditchen sagte ihm: »Gehet in Gottes Namen, werdet wieder ruhig und fromm, gewöhnt Euch Eure Eitelkeit und die Vornehmtuerei ab; vielleicht wird alles wieder gut«; und da schenkte sie ihm noch ihre Sparbüchse und bat ihn, ihr die kranke Taube dafür zu lassen, worauf Vater und Sohn fortgingen. Komanditchen sah, daß der Storch und die Taube weinten, und weinte still mit.
    Am Abend dieses Tages kam Komanditchens Vater von der Messe zurück und brachte ihr alles mit, was sie sich ausgebeten hatte: Kuchenbrett, Teigwalze und Mörser von Gold und Silber und das Warschauer Mehl und alle Gewürze und Süßigkeiten und Wohlgerüche. Als sie ihm das Unglück des Risiko und Ladenpeters, die wieder arm geworden, erzählte, war er nicht sehr traurig, sondern sagte nur: »Risiko war nie vorsichtig, hat immer zu viel riskiert.«
    Komanditchen trug vor allem Nudelbrett und Mörser in ihr Kabinettchen und nahm das Warschauer Mehl und die Fasanen- und die Perlhühnereier und die Maibutter und den Rosenhonig und alle die herrlichen Sachen, und schürzte ihren seidenen Ärmel auf und knetete mit ihren weißen Händen den allerköstlichsten Teig auf dem Nudelbrett zusammen, und in dem Mörser stieß sie die Gewürze und Mandeln und knetete sie mit in den Teig; dabei half ihr der Storch und die Taube. Der Storch rührte alles mit seinem Schnabel um, die Taube pickte alles Schlechte weg, was hie und da im Gewürze vorkam, und tauchte die Flügel in das Rosenwasser und besprengte den Teig damit, wovon ihr Flügel bald wieder so heil wurde, daß sie ziemlich fliegen konnte.
    Als dieser unschätzbare Teig fertig war, fiel sie in ein tiefes Nachdenken und sah den Teig an, wie ein Bildhauer den Ton, aus welchem er eine herrliche Bildsäule gestalten will. In dem Buche ihrer Mutter, genannt »Der altteutsche Spritzkuchen aus den Papieren einer perfekten Köchin«, war die Gestalt eines sehr angenehmen, sanften, schönen und tugendhaften Prinzen Mandelwandels beschrieben, welcher Komanditchen immer vor Augen schwebte, und weil ihr der Vater gesagt hatte: »Wenn dir kein Bräutigam recht ist, so backe dir einen«, so fing sie nun an, mit großer Aufmerksamkeit und Liebe zur Sache und mit außerordentlicher

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