Italienische Märchen
und legte es auf den Tisch. »Nun, Mutter! gebet acht«, sagte er; »Tüchlein! Tüchlein! tu dich auf! Tüchlein, Tüchlein, tu dich auf!« und nochmals schrie er heftig das nämliche, riß endlich das Tellertuch auseinander, fand es aber leer und nichts darin als ein Loch und einen Fettfleck. Da fing er heftig an zu weinen und zu klagen und erzählte der Mutter, wie er gewiß wieder von dem Wirte sei betrogen worden, der ihn schon um den Esel betrogen habe. Frau Schlender aber wollte nichts hören und griff nach der Elle. Da wußte Dilldapp, wie viel es geschlagen habe, nahm die Beine auf die Schultern und lief und lief wieder bis zu seinem guten Ungeheuer hin. Als dieses ihn so von ferne heranschleichen sah, wie einen Hund, der sich vor Prügeln fürchtet, weil er etwas angestellt hat, merkte er gleich, daß es nicht richtig mit ihm war, und rief ihm zu: »Komm nur her, du erbärmlicher Patron! Ich weiß nicht, was mich noch abhält, dir so viel Maulschellen zu geben, daß dein Kopf leuchtet wie eine Laterne, du Plappermaul! du Gänseschnabel! du Entenpürzel! du Schnatterbüchse! du Klappermühle! du große Glocke! du Ausrufer! du Stadt- und Landtrompeter! du Knarre! du Schnarre! Warum hast du dein unvernünftiges Maul nicht halten können? Warum hast du im Wirtshause nicht geschwiegen? So hast du dummer Glockenklöppel gleich dein Geheimnis ausläuten müssen und dich und deine arme Mutter um dein Glück geschwatzt.«
Dilldapp nickte bei jeder Beschuldigung des Ungeheuers und sagte immer: »Ja, ja, Ihr habt ganz recht, ja, so gehts in der Welt; ja, dacht ichs doch gleich«, und so weiter, daß endlich das gute Ungeheuer über den Tölpel lachen mußte und ihn wieder in seine Dienste nahm.
Drei Jahre gingen abermals herum, da träumte es dem Dilldapp wieder, seine jüngste Schwester Kontusche komme in Verfall und die gute Mutter werde in ihrem Alter ganz allein sein. Den Morgen nach diesem Traume fand ihn das Ungeheuer in bittern Tränen, und da es ihn fragte, sagte Dilldapp: »Soll mich das nicht jammern? Heute nacht ist es mir deutlich vorgekommen, als sei meine arme Mutter ganz allein; auch meine Schwester Kontusche hat sie nun verlassen müssen; nun wird die gute Frau Schlender keinen Menschen in ihren alten Tagen haben, der ihr die Augen zudrückt. Hu hu hu« – weinte er fort, und das gute Ungeheuer weinte mit.
Als sie sich ein wenig verschluchzt hatten, sprach das Ungeheuer: »Wohlan, Dilldapp! ich will es noch einmal mit dir versuchen, deine große Liebe zu deiner Mutter gefällt mir; reise und werde glücklich. Hier hast du von mir einen schön geschnitzten Knüppel zum Angedenken, trage ihn dein Leben lang; aber bedenke meine Worte! Sage nie: ›Knüppel auf!‹ oder ›Knüppel ab!‹ zu ihm, sonst will ich dein Unglück nicht mit dir teilen.« – »Laßt mich nur machen«, erwiderte Dilldapp klug lächelnd, »ich bin kein Kind mehr; auch brauchts keinen Nürnberger Trichter mehr, mir etwas in den Kopf zu bringen; ich weiß, wo Bartel Most holt, und wo der Has im Pfeffer liegt; es ist noch nicht aller Tage Abend, usw.« Das Ungeheuer aber sagte: »Schwätze nicht, handle; die Worte sind Weiber, die Taten Männer. Wenn der Rabe schwätzt, fällt ihm der Käs aus dem Schnabel und der Fuchs frißt ihn; wenn die Katze mausen will, muß sie nicht miauzen« – und solche Sprüchwörter mehr sagte das Ungeheuer; aber Dilldapp wartete sie nicht alle ab und lief wie gewöhnlich seines Wegs.
Als er aber an die Stelle kam, wo er schon zweimal gegen das Gebot gehandelt hatte, juckte ihn die Haut, und er sagte: »Alle gute Dinge sind drei, ich muß hier den Knüppel probieren, damit ich weiß, wie ich ihn vor dem Wirt sichern soll«, und sogleich sagte er: »Knüppel auf!« – Aber wohl bekomms, Herr Dilldapp! Der Knüppel prügelte den Dilldapp ganz gewaltig aus, es flog ihm um die Schultern herum, und gegen seinen dicken Kopf, als wenn es Prügel regnete, bis er endlich in seiner Herzensangst so klug war, »Knüppel ab« zu sagen, auf welches Wort der Knüppel wieder ruhig zu seinen Füßen fiel.
Dilldapp hatte eine auserlesene Tracht Prügel erhalten, an der er schwerer zu tragen hatte als an dem Knüppel selbst; aber viel klüger war er nicht geworden; denn er dachte schon hin und her, wie er seinen Knüppel dem Wirt sicher zu bewahren geben sollte, damit diesem ja kein Schaden dadurch geschehe.
Unter diesen Gedanken kam er in das Wirtshaus, und der Wirt war so untertänig, daß er beide Flügel des
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