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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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größte Schönheit, die man an einem Weibe verlangen könne und die je Dichter ersonnen, in ihr verwirklicht, so daß er seine Augen gar nicht von ihr losmachen konnte. Auch ihr schien es, der Ritter sei doch der schönste und anmutigste Jüngling, den man finden könne. So weideten sich ihre liebenden Augen an diesem holden Anblick.
    Nach dem Essen, als die Pferde Don Diegos in Ordnung waren, sagte er der Gebieterin des Schlosses den größten Dank, den er wußte und konnte, küßte ihr die Hände und bot sich ihr immer zu bereitwilligsten Diensten an. Dann wandte er sich zu der blonden Ginevra, küßte ihr demütig die Hände und wollte ihr mancherlei sagen; aber vor übergroßer Liebe wußte er kein Wort hervorzubringen und vermochte ebensowenig ihre zarte Hand loszulassen. Dies war der Jungfrau ein sicheres Zeichen, daß der Ritter sie innig liebe. Sie war darüber sehr vergnügt und sagte mit fast zitternder Stimme: »Herr Don Diego, ich bin ganz die Eure.«
    Darauf nahm er, so gut er konnte, von allen Abschied, stieg mit den Seinigen zu Pferde und kehrte zu seiner Mutter zurück, der er von der freundlichen Aufnahme und der großen Ehre erzählte, die ihm erwiesen worden war. Zwischen den beiden Witwen bestand ein altes Freundschaftsverhältnis; so daß sie sich oft zu besuchen und beieinander zu speisen pflegten. Als Don Diego dies von seiner Mutter erfuhr, beschloß er, ein Fest zu veranstalten und auch die blonde Ginevra nebst ihrer Mutter einzuladen, und so geschah es. Das Fest war sehr schön und unterhaltend; es war Musik vorbereitet und angesehene und schöne Frauen eingeladen. Der Ritter tanzte mit der blonden Ginevra einige Tänze, wurde nach und nach vertrauter mit ihr und fing nun an, mit schicklichen Worten ihr seine Liebe und die Pein, die ihm diese Leidenschaft verursache, zu enthüllen. Sie wollte zwar einige Zeit spröde mit ihm tun, aber sie vermochte es nicht; woraus denn der Ritter leicht merkte, daß sie nicht weniger für ihn empfinde. Nach dem Tanze wurden einige Spiele gespielt, und der Ritter versäumte nichts, was die Gesellschaft vergnügen und die blonde Ginevra und ihre Mutter ehren konnte. Indem nun die zwei Liebenden die Flammen zu dämpfen strebten, von denen beide glühten, fachten sie sie nur noch mehr an, und eines sog vom andern durch den Anblick das Liebesgift ein.
    Da also der junge Ritter diesen Umgang fortsetzte und seine Geliebte auch oft im Hause besuchte und sie in sein Haus einlud, merkten die beiden Mütter ihre Liebe und mißbilligten dieses Verhältnis auch gar nicht; denn die Mutter des Ritters hätte die blonde Ginevra gerne zur Schwiegertochter angenommen und die andere Witwe Don Diego nicht minder gern zum Eidam erhalten. Wie es aber häufig zu geschehen pflegt, daß gewisse Rücksichten, die die Menschen nehmen, tausend schöne Pläne vereiteln, so wollte keine von den beiden Freundinnen die erste sein, die diese Angelegenheit zur Sprache brächte. In der Nähe dieser Burgen lag die Wohnung eines reichen, mit Don Diego sehr befreundeten Ritters. Mehrmals stand Don Diego auf dem Punkte, ihm diese Liebe zu offenbaren und ihn um Rat anzugehen; und doch hielt er sich immer wieder zurück, indem er fürchtete, seine Geliebte zu beleidigen. Die Vertraulichkeit zwischen den beiden Liebenden war nun so weit gediehen, daß Don Diego fast täglich auf das Schloß der Frau kam, dort drei bis vier Stunden sich unterhielt, oft noch zu Nacht speiste und dann nach Hause zurückkam, so daß jedermann diese ihre Liebe merkte. Beide Verliebte wünschten nichts sehnlicher, als sich durch das Band der Ehe vereinigt zu sehen; aber die blonde Ginevra wagte nicht, ihrer Mutter ihr Verlangen zu offenbaren, und ebenso sagte der Ritter nichts zu seiner Mutter. Die Mütter dachten auch, die beiden seien noch jung genug, und es sei noch lange Zeit, sie zu vermählen; deswegen sagten sie auch weiter nichts und freuten sich über diesen Umgang.
    Während die Sachen so standen, begab es sich, daß ein sehr schönes Mädchen, die Tochter eines Landedelmannes, die häufig in das Schloß der blonden Ginevra kam, sich heftig in Don Diego verliebte und sich die größte Mühe gab, seine Gegenliebe zu erringen. Der Ritter aber, dessen Sinn allein auf die blonde Ginevra gerichtet war, kümmerte sich ganz und gar nicht darum, was sie tat. Da brachte diese Isabella einst einen vortrefflichen Sperber in ihren Besitz und sendete ihn, wohl wissend, wie großes Gefallen Don Diego an derlei Raubvögeln

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