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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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so daß, was jeder große Reiter zu tun versteht, von ihm auf das gewandteste ausgeführt wurde. Und da er ein sehr gefälliger Jüngling war und allen Vergnügen zu machen suchte, liebte ihn im allgemeinen jeder. Nichtsdestoweniger aber mochte er beginnen, was er wollte, – es gelang ihm niemals, ihr eine freundliche Miene abzugewinnen, und er wurde deshalb über die Maßen betrübt, da er alle seine Liebe ihr zugewandt hatte und ihm nichts in der Welt so sehr am Herzen lag.
    In diesem Zustande der Bekümmernis fand Ventimiglia Gelegenheit, ihr einen Brief zu schreiben, der Steine hätte erbarmen können, und sendete ihr ihn aufs heimlichste zu, wobei er ihr noch mündlich viel Schönes sagen ließ. Aber alles war verlorene Mühe; denn Frau Lionora wollte den Brief nicht annehmen noch die Botschaft anhören, enthielt sich vielmehr fortan mehr und mehr, zu den Festen zu gehen. Und es ist in der Tat schwer, die Gedanken und Gelüste vieler Frauen zu erkennen, die, sehr edel geboren, anständig erzogen, vornehm verheiratet und von den edelsten, wackersten Jünglingen umworben, oft ihre Gatten verachten, ihre Liebhaber verschmähen und doch ihre Ehre mit Füßen treten und sich Männern von der niedrigsten Gattung preisgeben, ja manchmal den niedrigsten Sklaven überlassen. Andere wieder gibt es, die von zwei Edelleuten geliebt sind, von denen der eine tugendhaft und schön ist und mit aller Bescheidenheit, um die Leute nicht aufmerksam zu machen, die Pflicht eines Verliebten erfüllt, der gefällig und verschwiegen sein muß, der andere, wenn er nur seine Absicht erreicht, um die Ehre der Frau sich nichts kümmert und nur auf sein Vergnügen bedacht ist und anmaßend, treulos, zum Schwätzer und Verleumder wird; und dennoch verlassen die Weiber den ersten, rechtschaffenen, um sich dem zweiten zuzuwenden, von dem sie nichts als Schmach erwerben. Was sollen wir von jenen ersten sagen? In der Tat, wenn es erlaubt wäre, übel zu reden von den Frauen, so weiß ich wohl, was ich sagen würde; aber das könnte nicht geschehen, ohne ihr Geschlecht im ganzen anzuklagen, woraus man fast schließen sollte, daß sie überhaupt zum Schlimmen geneigt sind. Und was sollen wir von denen sagen, die von einem tugendhaften und edeln Liebhaber ausschließlich geliebt und verehrt werden, diesen aber fliehen und sich einem solchen preisgeben, von dem sie klärlich erkennen, daß er in den Liebesnetzen einer andern liegt, ja, daß er in jedem Gäßchen der Stadt anpocht und sich nicht mit einer einzigen begnügt, vielmehr so viele betören will, als er kann! Und glaubt nicht, daß ich nur so ins Blaue rede! Wenn es not täte, auf Einzelheiten einzugehen, so wollte ich euch in Erstaunen setzen.
    Doch kehren wir zu unserer Geschichte zurück! Frau Lionora also, die mit einem Blicke, ohne ihren Gatten zu beleidigen und ohne jemandes Tadel sich zuzuziehen, ihren Liebhaber hätte befriedigen und belohnen können, der edel und bescheiden nichts Schimpfliches von ihr verlangte, ließ sich nun so wenig als möglich sehen; und wenn sie sich zufällig in der Kirche oder bei einem Feste befand, wo auch Ventimiglia war, so stand sie in der Kirche plötzlich auf und ging hinweg; bei Festen aber vermied sie sorgfältig, ihn anzusehen. Der Ritter versah sich dessen wohl und war darüber bis zum Tode betrübt. Weil nun aber kein tapferer und hochsinniger Krieger auf der Flucht stirbt, so stand auch Ventimiglia, der mehr als andere mutvoll und standhaft war, und in dessen Herzen der Name der Frau mit festen Nägeln eingeschlagen war, nicht ab von der Verfolgung seines festen Zieles, sondern beharrte in seiner heftigen Glut für sie nur um so standhafter. Er beschloß, alles zu versuchen, was aufrichtige Ergebenheit bei einer Frau vermag, und erwies ihr jede Liebe und Dienstfertigkeit, um zu sehen, ob es möglich sei, eine so große Härte zu erweichen und solche Grausamkeit zu lindern. Dadurch wurde freilich die Liebe, die bisher im stillen geblieben war, in ganz Neapel bekannt und offenbar, und man erfuhr, wer die Frau sei, um die er solchen Aufwand und Kleiderpracht mit unerhörtem Pomp und Herrlichkeit veranstaltet hatte.
    So waren allmählich schon über zwei Jahre in dieser Qual für den unglücklichen Liebhaber dahingegangen, und es schien ihm, als ob die Frau immer härter, grausamer und hochmütiger gegen ihn würde, und sie verstand sich nicht dazu, Briefe von ihm anzunehmen. Deshalb kam der arme Ventimiglia mehrmals nahe daran, sich mit eigener

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