Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
und anmaßend sein, daß ich ohne die größte Scham vor sie zu treten wage? Und weiß ich denn, ob sie nicht eine solche Haltung annimmt, um meine Treue und Standhaftigkeit auf die Probe zu stellen? Was habe ich je ihr zuliebe ausgeführt, welches Pfand habe ich ihr gegeben, daß sie meiner Treue versichert sein muß? Wenn ich mich ihr so oft zum Sklaven ergeben habe, kann sie nicht mit mir anfangen als mit ihrem Eigentum, was ihr behebt? Bin ich denn ein so niederträchtiger und treuloser Ritter, daß ich ihr räuberisch nehmen mag, was ich ihr freiwillig gegeben habe? Gott bewahre mich vor solcher Sünde und behüte mich davor, ihr das Ihrige rauben und stehlen zu wollen! Ich bin geboren, um ihr zu dienen, und das will ich auch tun. Ich will also dabei beharren, ihr zu dienen und sie zu lieben, wie ich bisher getan habe, komme daraus auch, was da wolle.«
    Auf diesem Sinne blieb er auch etwa zwei Jahre, in denen er wie bisher ihr Dienst und Verehrung erwies, bekam aber nie von ihr auch nur den leisesten Blick. Und da er sie in der Tat glühend liebte, so konnte er nicht verfehlen, sich manchmal etwas unvorsichtig zu benehmen, wodurch denn der ganze Hof und alle Leute in Neapel diese Liebe bemerkten, wiewohl von vielen auch früher schon manchmal davon gesprochen worden war. Viele mit ihm befreundete Barone, als sie sahen, wie er sich in der Nachfolge dieser Frau verzehre, tadelten ihn heftig und zankten ihn um so mehr aus, da der Stolz und die Hartnäckigkeit der Frau allen sehr bekannt war. Es war in ganz Neapel kein Bürger noch Edelmann, dem es nicht leid tat, daß Ventimiglia so von der Frau geringgeschätzt wurde, da ihn alle gern hatten und er allgemein beliebt war. Es gab auch Frauen und Edeldamen in Neapel, die dem Ventimiglia gern ihre Liebe geschenkt hätten, wenn er sie hätte lieben und darum angehen mögen; aber der arme Liebhaber war so versessen auf jene, daß er auf keine andere achtete.
    Nun begab es sich, daß der Herzog von Kalabrien im Sommer, um der gewöhnlichen großen Hitze Neapels zu entgehen, auf einige Tage nach den Bädern von Pozzuolo gegangen war, einem, wie ihr alle wißt, sehr heitern und unterhaltenden Orte, der auch im Altertum ein Lustort für die vornehmen Römer war, wie noch jetzt die Ruinen vieler Prachtpaläste beweisen; dahin nun ging auch Ventimiglia hinaus mit dem Herzog. Und solange er in Pozzuolo war, pflegte Ventimiglia sich der übrigen Gesellschaft zu entziehen und bald am Ufer des Meeres, bald in den offenen lustigen Feldern Altertümer betrachtend, bald die fruchtbaren und nicht allzu steilen Hügel hinan, durch die zahlreichen kühlen Grotten, an den Seen und Schwefelstellen hin, durch die Zedern- und Pomeranzenhaine und so viele anderen Lustorte in der Gegend spazierenzugehen. Immer ging sein Sinn nur darauf, wie er es angreifen müsse, um die Gunst der Dame zu gewinnen.
    Herr Galeazzo Pandono, sein vertrauter Freund, war über das Leben, das er ihn führen sah, äußerst mißvergnügt und hätte gern alles getan, um ihn von seiner Liebe zu befreien. Als daher eines Tages der Herzog früh aufgestanden war, um einen Spaziergang nach der Höhle der Sibylle zu machen, nahm Herr Galeazzo den Herrn Giovanni Ventimiglia bei der Hand und sagte zu ihm: »Herr Markgraf, lassen wir den Herzog gehen, wohin er will, und kommt Ihr mit mir unter diese Lorbeerbäume, wo ich Euch etwas sagen möchte!«
    »Recht wohl«, sagte Ventimiglia, »ich war ohnehin entschlossen, anderswohin zu gehen.«
    So kamen beide an die bezeichnete Stelle und setzten sich im Schatten der Lorbeeren auf das weiche Gras nieder.
    »Herr Markgraf«, hub sodann Pandono zu reden an, »ich will alle Umstände beiseite setzen in Anbetracht der brüderlichen Freundschaft, die schon seit vielen Jahren zwischen uns besteht, und gleich auf den Kern dessen gehen, was ich dir zu sagen habe. Ich fange also mit dem Leben an, das ich dich in diesen Tagen hier zu Pozzuolo habe führen sehen; denn, um dir die Wahrheit zu sagen, schienst du mir einer der Philosophen, die dem Urgründe der Natur nachforschen, so gedankenvoll und einsiedlerisch bist du umhergeschlichen in der Gegend und hast alle Gesellschaft vermieden. Es ist, glaube ich, noch nicht fünf Tage her, daß der Graf von Celano und ich auf dem Hügel dort standen und dich ganz allein hier an dieser Quelle stehen und weinen sahen; und über eine Stunde schauten wir dir zu, wie du beständig Tränen vergossest und oft die Augen gen Himmel kehrtest.
    'Siehe da,'

Weitere Kostenlose Bücher