Italienische Novellen, Band 2
sprach der Graf von Celano zu mir, 'wohin es mit dem Markgrafen von Cotrone gekommen ist über der Frau Lionora Macedonia, der Gattin des Herrn Giovanni Tomacello! Er liebt sie und folgt ihr nach schon seit geraumer Zeit; sie aber ist hochfahrend wie ein Bastardmops und kümmert sich den Henker um ihn und um das, was er tut. Bei meines Vaters Seele, ich bin oftmals drauf und dran gewesen, ihn zu schelten und ihn tüchtig darüber herunterzumachen. Da ich aber nicht besonders genau mit ihm bekannt bin, habe ich es unterlassen. Dessenungeachtet liebe ich ihn wie einen Bruder, da ich weiß, was er für ein geehrter und edler Ritter ist. Dir, Herr Galeazzo, steht das besser an: du bist sein Freund und vermagst ihn eher aus seinem Irrsale zu ziehen.‹
Ich versprach ihm, es bei der nächsten Gelegenheit zu tun, die ich finden werde, um so mehr, da ich es mir selbst wiederholt vorgenommen hatte. Jetzt aber ist es wohl hohe Zeit, wenn meine Worte dir deine Freiheit verschaffen. Es sind schon einige Jahre, daß du dieses Weib liebst, und wenn du glaubtest, deine Liebe sei geheim, so würdest du dich gar sehr täuschen; denn es ist keine Fabel in Neapel bekannter als diese deine Liebe: jeder spricht davon und wundert sich unendlich über deine Verirrung, da es das hochfahrendste und stolzeste Weib ist, die es geben kann. Du aber haftest so fest an ihr, daß du deinen Sinn auf sonst gar nichts wenden kannst. Von dem Aufwande, den du um ihretwillen gemacht hast, rede ich gar nicht, denn das ist noch das geringere Übel: denn du bist ja in Sizilien und in diesem Königreiche sehr reich, und durch den Prunk, den du getrieben, indem du bei Festen und Turnieren stets prachtvoll aufgezogen bist, hast du unsern Gebieter geehrt und dir den Namen des freigebigsten und glänzendsten Barons am Hofe erworben, was dir gar nicht ohne Bedeutung sein kann. Daß du sodann ihr nachfolgend deine Zeit vergeudet, tausend andere passende und anständige Gelegenheiten versäumt, dich selbst fast täglich zum eigenen Mörder gemacht und immer weniger auf dein Bestes gedacht hast, das sollte dir freilich nicht gleichgültig sein, und darum erwächst mir aus deiner Liebe fortwährend tiefe Bekümmernis, um so mehr, als ich so oft und von so vielen Seiten am Hofe sagen höre, du habest dich in der Verfolgung dieser Leidenschaft so selbst verloren, daß du gegen alles andere gleichgültig und gar nicht mehr dein eigener Herr seiest. Viele sagen auch, wenn man so über dich spricht, du seiest gar nicht mehr der alte Markgraf von Cotrone, sondern du habest dich in Lionora Macedonia verwandelt; denn du hast doch keinen andern Gott auf der Welt als sie, die sich doch um dich und deine Angelegenheiten so wenig kümmert als um die ersten Schuhe, die man an ihre Füßchen brachte. Und glaube nicht, daß das solche sagen, die dir übelwollen; sondern das Mitleid, das sie mit dir haben, die Liebe, die sie für dich fühlen, und der Wunsch, der sie belebt, dich aus dieser Hölle zu erlösen, zwingt sie, das zu sagen, was sie sprechen, und dich zu bemitleiden. Und bei Gott, wenn ich dir offen die Wahrheit sagen darf, so hast du dich doch über alles Maß von der Lust beherrschen lassen. Während du dich in andern Dingen immer äußerst vorsichtig erwiesen hast, warst du doch in diesem Unternehmen so sehr verblendet, daß du den offenbaren Tod vor Augen hast, ja, was mehr ist, Schande und Schmach und ewige Befleckung deines Namens, und siehst es doch nicht. Du, der du im Kampfe unter unserem glorreichen König Alfons so oftmals die feindlichen Scharen durchbrochen und die dir anvertrauten Männer mitten durch die Gefahr zum Siege geführt hast, kannst dich jetzt selbst nicht leiten und weißt keine sichere Zufluchtstätte zu finden; vielmehr bist du überwunden von einem Weibe, der du dich zum Sklaven ergeben hast, und du stehst zitternd vor ihr, wie ein Kind vor seinem Lehrer, der es züchtigt. Und vollends von welchem Weibe, du guter Gott, hast du dich so besiegen lassen? Ich will zwar nicht leugnen, daß sie zu den schönen jungen Frauen Neapels gehört und von sehr edler Abstammung, auch an einen vornehmen und reichen Edelmann verheiratet ist; warum sollte ich auch leugnen, was ja ein jeder sieht und weiß? Aber was für lobenswerte Eigenschaften hast du denn an ihr gesehen? Welche weibliche und liebenswürdige Sitten hast du an ihr bemerkt? Welches Entgegenkommen, welches Benehmen, welche Beweise von Freundlichkeit glaubtest du zu erkennen, worüber du sie
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