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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Schändlichkeit zu begehen, wo man von Euch verdiente anständige Belohnung erwarten durfte. Sagt mir, ist das die Belohnung, die ich und meine Kinder von unserer Dienstbarkeit gewärtigen sollen? Wenigstens, wenn Ihr uns von dem Eurigen nicht geben wollt, wenn es Euch nicht gefällt, uns größer zu machen, so sucht doch nicht, uns die Ehre dafür zu rauben und uns für alle Zeiten der Schmach auszusetzen! Was durften wir Schlimmeres erwarten von einem unserer heftigsten Feinde ? Ihr, Sire, Ihr wollt mit einem Schlage meiner Tochter die Ehre, mir jede Zufriedenheit, meinen Söhnen den Mut, sich öffentlich sehen zu lassen, rauben und meinem ganzen Hause all seinen Ruhm entziehen? Ihr macht Euch fertig, einen so schändlichen Makel auf den reinen Glanz meines Blutes zu werfen? Ihr entschließt Euch, eine so große Verirrung zu begehen, und wollt, daß ich der Diener meines völligen Unterganges werde und wie ein schamloser Kuppler meine Tochter in das Haus der Unzucht führe? Bedenkt, Sire, bedenkt, daß es Euch zukommt, wenn ein anderer mich zu beschimpfen trachtete, Euch zu meinem Verteidiger aufzustellen und mir jede Hilfe und Schutz angedeihen zu lassen! Und wenn Ihr mich beleidigt, wohin kann ich um Unterstützung meine Zuflucht nehmen? Wenn die Hand, die mich heilen sollte, diejenige ist, die mich verwundet, – wer wird mir Ersatz schenken und den Verband auflegen? Darum, wenn ich durch Euch schmerzlich verletzt bin, wenn Ihr mir gerechten Anlaß gebt, mich zu beklagen und den Ruf um Erbarmen zum Himmel zu senden, so urteilt selbst, ob ich recht habe, indem Ihr die sinnliche Lust etwas beiseite setzt und der Vernunft ins Auge seht: denn einen andern Richter suche ich nicht als Euren unbesiegten männlichen Geist. Andererseits sodann bin ich aufs äußerste erstaunt über Eure Angelegenheiten, wenn ich an das denke, was Ihr gesprochen habt; und um so mehr bin ich verwundert, je weniger es vielleicht ein anderer wäre; denn ich glaube von Eurer Kindheit an bis auf diesen Tag Eure Sitten besser gekannt zu haben als sonst jemand, und es wäre mir nie eingefallen, daß Ihr den Lüsten der Liebe unterworfen seid, während Ihr fortwährend von den Waffen und anderen Körperübungen in Anspruch genommen seid; daß Ihr aber nun Euch in die Gefangenschaft der Liebe begeben habt, scheint mir so neu und seltsam, daß ich nicht weiß, was ich darüber sagen soll. Und wenn es mir zukäme, Euch deswegen zu tadeln, so würde ich Euch Dinge sagen, die Euch außer Euch brächten; aber ich unterlasse es, damit Euer Verstand es Euch selbst vorhält. Erinnert Euch, Sire, wie Ihr noch in früher Jugend Roger von Mortimer leiden ließet, der die Königin Isabella, Eure Mutter und die Schwester Karls des Schönen von Frankreich, beherrschte, und nicht zufrieden mit dem grausamsten Tode, der über ihn verhängt ward, ließt Ihr diese Eure Mutter ebenfalls elend im Gefängnis sterben, und Gott weiß, ob der Verdacht, den man auf sie hegte, gegründet gewesen ist! Verzeiht mir, Sire, wenn ich so weit gehe in meinen Worten, und denkt besser auf Euren Vorteil! Denkt Ihr nicht daran, daß Ihr noch in Waffen seid und in größte Angst und Besorgnis verwickelt wegen der großen Rüstung, die der König von Frankreich zu Wasser und zu Lande macht, um zu sehen, ob er Euch den Schlag in dem ewig denkwürdigen Siege heimgeben kann, den Euch Gott im Kampfe mit seinem Volke zur See und in Frankreich verliehen hat? Und nun, da Ihr tagtäglich auf dem Punkte seid, übers Meer zu fahren und Eurem Feinde zuvorkommend Eure Besitzungen in Aquitanien sicherzustellen, habt Ihr der schmeichlerischen Liebe Raum gegeben? Ihr habt den schädlichen Flammen der Liebe die Brust geöffnet und laßt Euch davon Mark und Bein allmählich aufzehren? Aber wo ist, mein Gebieter, die Hoheit Eures so klaren, feinen, tugendhaften Geistes? Wo ist die Höflichkeit, die Seelengröße und Eure andern großen Vorzüge, die, verbunden mit Eurer Tapferkeit, Euch den Feinden furchtbar und schreckenerregend, den Freunden teuer und den Untertanen verehrungswürdig machten? Das, was Ihr mir zuletzt sagt, daß Ihr tun wollt, wenn meine Tochter Euch nicht willfahre, werde ich nie die Handlungsweise eines mannhaften echten Königs nennen; wohl aber kann ich frei versichern, es sei die Niederträchtigkeit eines feigen Wollüstlings, das Verfahren des schändlichsten, grausamsten Tyrannen. Ach, Sire, entferne Euch Gott einen ähnlichen Gedanken aus dem Sinn! Denn sobald Ihr anfangt, in

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