Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
wie ich weiß, daß Ihr ihn habt, so werdet Ihr bedenken, daß ein kurzes, unkeusches, flüchtiges Vergnügen, das Ihr mit Gewalt bei einem Weibe genossen, gar wenig wirkliche Freude bringen kann, da es vielmehr unendlichen Schaden verursachen würde. Ich will von Euch für mich und meine Kinder weder Habe noch Rang noch irgendeinen andern Vorteil, außer soviel mein und ihr Verdienst fordern kann. Darum behaltet Eure Schrift und gebt es andern, denen, wenn sie nur Geld und Würden erlangen, es gleich gilt, wie sie dazu kommen. Ich will, soviel ich kann, nie, daß mir oder meinen Kindern oder meinen Enkeln etwas an den Hals geworfen werde, was uns mit Recht erröten und die Gesichtsfarbe ändern machen kann; denn Ihr wißt wohl, wie manche verachtet werden, wie man mit dem Finger nach ihnen weist, die durch frühere Könige für unanständige Dienste, die sie ihnen getan haben, reich und groß geworden sind, während sie doch aus niederem Stande und ganz unadelig geboren waren. Erinnert Euch, Sire, daß Ihr vor noch nicht langer Zeit einen von diesen beim Heer gegen die Schotten ins Gesicht geschmäht habt, daß er, weil er Eures Vaters Kuppler war, vom Barbier zum Grafen geworden ist, und Ihr würdet ihn, wenn er sein Betragen nicht ändere, wieder zu seinem alten Berufe, dem Bartscheren, zurückweisen! Und hiermit, Sire, will ich meine lange Rede beschließen, indem ich Euch demütig um Verzeihung bitte, wenn ich etwas gesagt habe, was Euch mißfällt, und Euch anflehe, alles mit jener Geneigtheit aufzunehmen, von der ich gesprochen habe. So gehe ich mit Eurem Urlaub nach dem Hause meiner Tochter und will pünktlich vollführen, was Ihr von mir verlangt habt.«
    Ohne noch eine Antwort des Königs zu erwarten, verließ er das Gemach und schied unter vielen und mannigfachen Gedanken über die gepflogene Unterredung. Die Gründe des Grafen verwundeten so schmerzlich das leidenschaftliche kranke Gemüt des Königs, daß er fast außer sich war und nicht wußte, was er sagen solle; sie verwundeten und durchbohrten ihn um so mehr, als er nicht so blind war, nicht einzusehen, daß er die Wahrheit sagte, und daß er als innig ergebener, treuer und echter Diener vor ihm gesprochen hatte. Daher begann er bei sich bis ins einzelne die ganze gehabte Unterredung durchzugehen, und manches von dem Gesprochenen drückte ihn so sehr, daß er über die Maßen mißvergnügt darüber war, daß er es gewagt hatte, in einem solchen Falle, um seinen Wunsch zu erlangen, den Vater seiner Geliebten in Anspruch zu nehmen, da es ihm allerdings vorkam, sein Verlangen sei tadelnswert und unehrenhaft. Darum kam er beinahe zu dem Entschluß, diesen Liebeshandel abzubrechen und sich ganz von der Sache loszuschälen. Sobald er aber an die holde Schönheit dachte und an Alix' schönes Wesen und Betragen, änderte sich plötzlich seine Ansicht, und er sprach bei sich: »Ach, ich Unglücklicher, ich sehe wohl ein, daß ich töricht und unglückselig bin, wenn ich vermeine, leben zu können, ohne diese zu lieben; werde ich mit all meiner Kraft und der ganzen Macht meines Reichs stark genug sein, von ihr abzulassen und sie mir aus dem Herzen zu reißen? Kann ich annehmen, mich so leicht von diesem unauflöslichen Knoten zu befreien und von einer so festhaftenden glühenden Liebe mich zu entbinden? Wie wird dies je möglich sein? Wer kann machen, daß ich nicht Alix ewig als meine Herrin und unumschränkte Gebieterin ansehe? Gewiß, soviel ich glaube, niemand. Sie ist geboren, um diejenige zu sein, der ich immer Untertan sein, die ich allein und ausschließlich heben sollte. Und wenn ich erkenne, daß ich nicht anders handeln könnte, wenn ich auch wollte, und daß ich nicht wollte, wenn ich auch könnte, – wozu mir noch weiter den Kopf zerbrechen? Ich liebe Alix und werde sie immer lieben, komme nun daraus auch, was da will. Der Graf ist ihr Vater und hat als Vater gesprochen, und ich hätte mich ihm nicht entdecken sollen. Und was ist nun weiter? Ich bin der König, und es scheint mir nichts so Besonderes, daß ich die Tochter eines meiner Untertanen liebe; ich bin auch nicht der erste, der dies getan hat, noch werde ich der letzte sein.«
    Andererseits, als diese glühenden Gedanken etwas erkalteten, fand ein Strahl der Vernunft Eingang, der ihn das Unheil und das Ärgernis sehen ließ, das aus dieser Liebe entstehen konnte, was einigermaßen den gereizten und zur Liebe bereiten Geist abstumpfte, so daß er, indem er verschiedentlich mit sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher