Italienische Novellen, Band 2
Blute gedient hat? Ich will keine andere Unterstützung von Euch, Graf, als Worte, und wenn diese die Wirkung haben, die ich, wenn Ihr mir aufrichtig dienen wollt, erwarten und hoffen kann, so erbiete ich mich, mit Euch mein Königreich zu teilen und Euch denjenigen Anteil daran zu lassen, der Euch am besten gefällt. Und wenn vielleicht das, was ich von Euch verlangen werde, Euch allzu schwer ausführbar scheint, so bitte ich Euch zu überlegen, daß ein so großer Dienst auch um so höher angeschlagen wird, mit je größerer Schwierigkeit seine Vollziehung verbunden ist, je mehr Beschwerde man dabei erduldet und Pein darin hegt, und je mehr Mühsal und Ungelegenheit derjenige erntet, der seinem Freunde dienen will. Bedenkt andererseits, was es heißt, einen König im Stiche lassen, den Ihr Euch ganz nach Eurem Belieben zunutze machen und den Ihr ganz so beeinflussen könnt, wie es Euch am besten behagt! Ihr habt vier Söhne und könnt nicht alle anständig zufriedenstellen; ich verpfände Euch mein Wort, daß ich die drei letzten so versorgen will, daß sie nie einen Höhern beneiden sollen. Ihr wißt ja, wie ich den begnaden kann, der mir dient. Wenn Ihr daher über das, was ich von Euch begehre, ebenso denkt wie ich, so werdet Ihr in kurzem die Frucht sehen, die daraus entspringen wird; denn wenn ich gegen andere nicht undankbar gewesen bin, werde ich es gegen Euch noch weniger sein, in dessen Hände ich mein Leben und meinen Tod lege.« In dieser Rede wurde der König von heftigem Schluchzen plötzlich unterbrochen, es entströmten ihm die heißesten Tränen, er konnte nichts mehr sprechen und schwieg. Der Graf, als er die Worte seines Königs, den er nicht wenig liebte, vernommen hatte, und als er die Tränen sah, die offenbares Zeugnis des tiefsten innern Leidens gaben, dessen Grund er nicht kannte, und von dem er sich eher alles andere vorgestellt hatte als das, worum er ersucht wurde, war vom größten Mitleid hingerissen und bot dem Könige sich, seine Kinder und alle seine Habe so unbeschränkt an, daß er unmöglich sich unbedingter hätte ausdrücken können.
»Befehlt mir nur«, sagte er, »mein Gebieter, was Ihr wollt, daß ich tue, ohne alle Scheu! Denn ich schwöre Euch und verpfände Euch mein Wort der Treue, die ich Euch schon früher im Lehenseid zu eigen gegeben habe, daß, soviel diese meine Zunge vermag, soviel mein Geist und meine Kräfte imstande sind, Ihr von mir treu und redlich bedient werden sollt, und nicht allein in solchen Dingen bin ich verbunden, Euch zu dienen, sondern, wenn es nottut, will ich bereit sein, mein Leben tausend Toden auszusetzen.«
Und wer hätte seinem Fürsten in ähnlicher Lage anders geantwortet? Wer hätte gedacht, daß der König an den Grafen Richard, den er als einen Ritter von Ehre kannte, ein solches Ansinnen stellen werde? Aber oft geschehen Dinge, die allen menschlichen Glauben übersteigen, wie dies in Wahrheit hier der Fall war. Als nun der König die Rede des Grafen vernommen hatte, sprach er, das Gesicht in tausend Farben spielend, aber doch von der Liebe keck gemacht und mit etwas zitternder Stimme, in folgender Weise: »Eure Alix, mein lieber Graf, ist es allein, was mich unendlich zufrieden und Euch mit Eurem ganzen Hause glücklich machen kann; denn ich liebe sie weit mehr als mein Leben, und ich bin von ihren göttlichen Reizen dermaßen entflammt, daß ich ohne sie nicht leben kann. Wenn Ihr daher mir zu dienen wünscht, wenn es Euch daran gelegen ist, daß ich lebe, so bringt es bei ihr zuwege, daß sie sich dazu verstehe, mich zu lieben und Erbarmen mit mir zu haben! Glaubt nicht, daß ich ohne das äußerste Widerstreben und ohne endlose Scham von einem so treuen und vollkommenen Diener und Freund, wofür ich Euch stets gehalten habe und jetzt noch mehr als je halte, einen solchen Dienst in Anspruch nehme! Aber die Liebe mag mich bei Euch entschuldigen, die weit mehr vermag als Ihr und ich. Sie hat mich durch das reizende Wesen Eurer Alix so zugerichtet und so heftig außer mir gebracht und auf sie mir Herz und Sinn und alle Gedanken gewandt, daß es ohne sie nicht möglich ist, daß ich länger lebe. Ich habe mich sehr angestrengt und allen Verstand aufgeboten und alles getan, was mir erlaubt war, um diese Liebe zu verjagen, um ein so verderbliches Gift abzuführen; aber alle meine Kraft ist umsonst gewesen, und all mein Wissen hat mir nichts geholfen. Ich, der ich die ganze Welt zu besiegen glaubte, ich, der tausend Anstrengungen für
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