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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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nichts achtete und der zum Tanz zu gehen meinte, wenn ich in die Schlacht ging, – ich bin von einem jungen Weibe, wehe mir!, besiegt und gefangen? Ich, der ich ruhmvoll andere überwunden habe, weiß nicht über mich selber Herr zu werden? Erinnert Ihr Euch nicht, wie oft Ihr und der Herzog von Lancaster zu mir gesagt, wie Ihr mich manchmal selbst geschmält habt, daß ich mich zu sehr anstrenge, daß das allzu viele Jagen nach Hirschen, Sauen und anderem Wild mir großen Schaden bringen könnte? Glaubt Ihr, daß ich jene Mühsale, Fasten, Wachen, den Aufenthalt in Wind und Regen und im strengen Winter in Schnee und Eis zu meinem Vergnügen übernommen und daß ich große Lust dabei gefühlt habe, den ganzen Tag wie ein Wahnsinniger auf und ab zu laufen durch Berg und Tal und da und dort übers Wasser zu setzen, ohne mir Ruhe zu gönnen? Ich wollte, lieber Graf, durch anhaltendes Reiten, durch häufige Fußmärsche, durch unermüdliche Leibesbewegung, durch Erduldung aller Unbequemlichkeiten und Anstrengungen, die ich den ganzen Tag mir zumutete, überhaupt durch eine mühevolle und harte Lebensweise diese meine heftige Begier bändigen und abtöten, damit ich, wenn ich nicht die starken Ketten einer so glühenden und hartnäckigen Liebe zerreiße und zerbreche, doch ihre Bande etwas auflockere und, wenn ich keinen Frieden erreiche, doch wenigstens ein bißchen Waffenstillstand bekomme. Aber es kommt mir vor, als sei alle Mühe weggeworfen und es helfe mir alles nichts, ja, diese heftige Liebe wachse in der Pein und werde von Stunde zu Stunde größer. Ich fühle mich so lange wohl, ruhig und lebendig, als ich sie sehe, von ihr rede oder an sie denke. Und kurz, ich bin dahin gebracht, weil sie weder meine Botschaften anhören noch auf meine Briefe antworten will, wodurch ich gezwungen bin, entweder daran zu sterben oder zur Schande und zum Schaden unseres ganzen Hauses für mein schweres, heftiges, qualvolles Leiden ein Heilmittel zu finden. Ich wünschte freilich, daß es mit dem Sterben möglichst langsam ginge und daß dies das letzte wäre, was geschehen müßte. Laßt es Euch darum nicht schwer werden, mein Graf, für mein Leben diejenige Sorge zu nehmen, deren ich, wie Ihr seht, bedürftig bin! Wenn Ihr Landhäuser, Güter, Burgen, Ämter, Schätze, Pfründen oder sonst etwas begehrt, was in meiner Macht steht, – hier habt Ihr ein weißes Blatt von meiner Hand unterzeichnet und mit meinem Siegel bekräftigt. Geht und laßt von einem meiner Geheimschreiber darauf schreiben, was Ihr begehrt, – denn alles soll mir genehm sein!«
    Dabei gab er das Blatt Papier, das er vor der Ankunft des Grafen fertiggemacht hatte, diesem in die Hand und hing, mit furchtsamem, bebendem Herzen die Antwort erwartend, an seinem Munde. Als der Graf die unhöfliche und unanständige Bitte seines Herrn gehört hatte, errötete er ganz im Gesicht und warf das Papier auf das Bett; dann aber, voll von Kummer, Verwunderung, Staunen, ja von keuschem Widerstreben, wußte er nicht die Zunge zum Reden zu entfesseln; doch endlich faßte er sich und antwortete dem erwartungsvollen leidenschaftlichen König also: »In der Lage, in der ich mich jetzt befinde, Sire, weiß ich nicht, was ich sagen soll: denn ich sehe mich auf zwei schmale und gefährliche Pfade beschränkt. Denke ich daran, eins von den beiden Dingen zu tun, die mir durch die Seele gehen, so kann mir dies nur die größte Gefahr bereiten. Ich habe mich an Euch gekettet durch das Band meines Wortes, daß nichts in der Welt sei, wie hart und schwer es auch sei, das ich zu Eurem Dienste und zu Eurer Errettung tun würde; dazu habe ich mich entschlossen, und das gedenke ich auch auszuführen, denn lieber wollte ich sterben als jemals mein Wort brechen. Ich werde meiner Tochter alles entdecken, was Ihr von mir verlangt habt, in der Art, wie ich es von Euch vernommen habe. Ich erinnere Euch indes, daß ich sie wohl darum bitten, nicht aber dazu zwingen kann; es ist genug, daß sie durch meinen Mund Eure Gesinnung erfahren soll. Um aber von etwas anderem zu sprechen, gestehe ich Euch, daß ich mich nicht wenig über Euch wundere und betrübe. Es sei mir verstattet, mein Gebieter, Heber bei Euch meinen herben Groll frei ausströmen zu lassen als bei andern Veranlassung zu haben, mich zu beklagen. Es schmerzt mich unendlich, daß Ihr daran gedacht habt, an meinem Blute, das in jedem Unternehmen für Euren Dienst, Eure Ehre und Euer Wohlergehen niemals mit sich geizte, eine solche

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