Italienische Verführung
gewohnte Dreistigkeit und Gerissenheit verloren. Weil dieser Jemand von Verführung zur Liebe übergewechselt ist, da er diesem milchgesichtigen Ding zum Opfer gefallen ist. Und ich wette, genau das ist diesem Jemand passiert.“
Nicht bereit, auf ihre Herausforderung einzugehen, gab Anthony seiner Stimme bewusst einen sanften Klang. „Verführung und Liebe sollte man nicht so sehr voneinander trennen, Liebling.“
„Was für eine seltsame Ansicht, Antonio. Und das von deinen Lippen!“, sagte sie und bohrte den Löffel wieder ins Eis. „Das ähnelt dir so gar nicht.“
Er sah zu, wie der nächste Löffel zwischen ihren vollen Lippen verschwand. „Ich interpretiere deinen Kommentar als Sorge um deine Wette.“
„Oh, diese teuflische Wette!“, rief sie aus. „Was hat diese Frau getan, um dich so zu behexen? Hat sie ihre Lippen benutzt, um dich zu liebkosen? Hat sie ihre Zunge …“
„Frag mich nicht, Lucia“, meinte er, „denn ich sage es dir nicht.“
Sie warf den Kopf zurück, dass die winzigen künstlichen Vögel, die oben auf ihrem Hut nisteten, hin und her wippten.
„Dandolo sah dich das Theater verlassen“, erklärte sie mit erhobener Stimme. „Allein, wie er sagte. Allein. Und er meinte, du hättest das Aussehen eines hungrigen Mannes gehabt, der ein angebotenes Mahl abgelehnt hat. Ein Mahl, nach dem es ihn verlangte. Hat sie sich dir rundweg verweigert, Antonio? Ist es das? Hängt ihr kleines Eden voller verbotener Früchte?“
Anthony lächelte. Was Lucia wohl sagen würde, wenn sie die Wahrheit wüsste? Dass er derjenige gewesen war, der widerstand, und nicht Diana? Noch vor einem Monat hätte er es selbst nicht geglaubt. Eine leidenschaftliche junge Frau in den Armen zu halten und ihr dennoch zu widerstehen!
Auch wenn Diana jung und schön und frisch wie der goldene Morgen war, so war es doch ihr Geist, der ihn am meisten faszinierte – ein Geist, der zu dem seinen passte. Sie war anders als jede Frau, die er bisher begehrt hatte. Eine quälende Mischung aus Unschuld, englischer Wohlerzogenheit und starker Leidenschaft. Ein wenig – nur ein wenig – hatte er davon letzte Nacht kennengelernt. Seitdem konnte er sie nicht aus seinen Gedanken verbannen. War es da ein Wunder, dass er sie gewinnen und nicht nur verführen wollte?
„Du närrischer Mann“, stieß Lucia verächtlich hervor. „Schau dich doch nur an! Ich könnte mich jetzt schon zum Gewinner der Wette erklären. Du bildest dir ein, in dieses junge Ding verliebt zu sein, was?“
Er gab sich gar nicht erst die Mühe, ihre Behauptung zu entkräften. „Du bist weit davon entfernt zu wissen, was Liebe ist.“
„Ich weiß nicht, was Liebe ist?“ Die Augen ungläubig aufgerissen, schlug sie mit der flachen Hand auf den Tisch. „Das wagst du mir zu sagen, Antonio? Mir?“
Achselzuckend schwieg er. Um ihrer Freundschaft willen wollte er ihr lieber nicht die Wahrheit sagen. Es waren nicht nur die langen Nächte und das ausschweifende Leben, welche die feinen Linien um ihre Augen gezogen hatten oder ihren Mund hart werden ließen. Durch Dianas Unschuld waren ihm die Augen geöffnet worden. Mit Erstaunen und Trauer erkannte Anthony, dass die reizende Lucia nie wiedergeliebt worden war – von ihm nicht, noch von irgendeinem der vielen anderen Männer, mit denen sie zusammen gewesen war.
„Ich werde diese Wette gewinnen“, sagte sie wütend und hieb wieder auf den Tisch. Ein kleiner Klecks Eis war auf die weißen Spitzenrüschen gefallen, die ihre fast nackten Brüste einrahmten. Es war eine winzige Unvollkommenheit, die sie sehr verdrossen hätte, hätte sie es gewusst.
„Du kannst mir so viele Märchen erzählen, wie du willst“, sagte sie. „Aber ich kenne dich viel zu gut, als dass du mich belügen könntest. Du wirst verlieren, und ich – ich werde gewinnen!“
Er erhob sich und warf einige Münzen zur Begleichung ihrer Rechnung auf den Tisch. „Bitte entschuldige mich, Lucia, aber ich habe noch eine Verabredung.“
Sie sah zu ihm hoch. Jetzt zitterte ihr Kinn wie zuvor die künstlichen Vögel auf ihrem Hut.
„Geh zu ihr, Antonio“, zischte sie. „Geh zu deinem jungen Ding, und du wirst gegen mich verlieren!“
„Guten Tag, meine liebe Lucia.“ Gewöhnlich küsste er sie auf die Lippen oder wenigstens auf die Wange, doch heute entschied er, es lieber nicht zu riskieren. Stattdessen küsste er seine Fingerspitzen und warf ihr diesen Kuss durch die Luft zu. „Bis später, ja?“
„Bis dass der Teufel
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