Italienische Verführung
freuen.“
Er nickte, und sein Blick schweifte zu Diana zurück. Sein Lächeln wurde breiter, und in den Augenwinkeln schienen sich kleine Fältchen zu bilden. Es war nur eine winzige Veränderung, die Miss Woods Aufmerksamkeit entging, aber nicht Dianas. Für ihn schien all das einen Riesenspaß zu bedeuten, ein Geheimnis, das sie allein miteinander teilten. Doch mit demselben Blick kam bei Diana auch noch eine andere, kompliziertere Botschaft an: Er fand sie schön und begehrenswert, er erinnerte sich an gestern Abend, und er wollte sie wiedersehen, und zwar allein.
Rasch schaute sie in ihren Schoß, bevor ihr eigener Blick Miss Wood ihre Sehnsucht verraten konnte. Großer Gott, was konnte dieser Mann nicht alles bei ihr auslösen, ohne auch nur einen einzigen Kuss oder eine einzige Berührung!
„Vielleicht dürften wir Sie um Ihren Rat bitten, signore“, fuhr Miss Wood fort und bemerkte glücklicherweise nicht, was sich zwischen Diana und Anthony tat. „Bis jetzt ließen wir uns von Lord Edward und seinem Onkel Reverend Lord Patterson führen. Doch so ausgezeichnet ihre Vorschläge auch waren, so beschränken sie sich doch auf die antike Geschichte dieser Stadt. Sind Sie, als Römer, mit den moderneren Sehenswürdigkeiten Ihrer Stadt vertraut? Natürlich haben wir alle Reiseführer und Broschüren gelesen, aber könnten Sie uns sagen, welche Galerien wir besuchen müssen, um die besten Werke der großen Maler und Bildhauer der letzten Jahrhunderte besichtigen zu können?“
„Wir sind eine an Kunst und Schönheit reiche Stadt, signori na, das ist wahr“, sagte Anthony und blickte dabei immer noch so unverwandt Diana an, dass sie spürte, wie sie schon wieder errötete. „Die Villa Borghese, Villa Barberini und natürlich der Vatikan selbst. Es gibt hier einen solchen Kunstreichtum, dass man nicht weiß, wo beginnen. Doch als passenden Anfang darf ich Ihnen vielleicht ganz bescheiden die Galerie im Palazzo meiner eigenen Familie vorschlagen.“
Abrupt sah Diana auf. Er hatte sie schon einmal gebeten, mit ihm in seinen Palazzo zu kommen. Sie hatte abgelehnt, weil sie wusste, dass der einzige Raum, den sie mit Sicherheit zu sehen bekäme, sein Schlafzimmer sein würde. Wollte er sie jetzt auf diese Art überzeugen, indem er auch ihre Gouvernante in die Einladung mit einschloss? Sie versuchte, sich vorzustellen, wie er es anstellen wollte, dass sie miteinander allein sein konnten. Ihr Herz schlug schneller, und sie bekam feuchte Hände in den Handschuhen.
„Sie sammeln Kunstwerke, signore?“, fragte sie und bemühte sich, ihr Interesse nicht zu offenkundig zu zeigen. „Besitzen Sie Bilder großer Künstler?“
„Tintoretto, Reni, Tizian, ein oder zwei Raffael“, meinte er achselzuckend, als wollte er damit sagen, dass sicher in jedem Haus solche Meisterwerke an der Wand hingen. „Mein Großvater hatte außerdem noch eine Schwäche für Rubens, auch wenn der ganz klar der nördlicheren Schule angehört.“
„Zwei Raffael!“, rief Miss Wood aus. „Oh, signore, wie gerne würde ich solche Seltenheiten sehen!“
„Es würde mich unendlich freuen, sie Ihnen zeigen zu dürfen“, entgegnete er. „Ihnen und Ihrer Ladyschaft. Sie beide müssen mein Heim als das Ihre betrachten.“
„Wir wären entzückt, signore, entzückt!“, rief Miss Wood aufgeregt.
Doch obgleich er nickte, war Anthony nur an Dianas Zustimmung interessiert.
„ Signora mia?“, fragte er, und aus seinem Mund klangen die Worte verführerisch. „Würden auch Sie meine bescheidene Einladung in Betracht ziehen?“
Sie sollte ablehnen. Oder eine Entschuldigung erfinden, irgendeine, um der großen Versuchung fernzubleiben, die er darstellte. Seine Einladung konnte nur zu ihrem eigenen Ruin führen, dort in seinem Palazzo unter den aufmerksamen Blicken nicht ihrer Gouvernante, sondern irgendeiner heidnischen Liebesgöttin von Rubens.
Ach, die Liebe . Was konnte ihr armes englisches Gewissen schon dagegen oder gegen ihn ausrichten?
„Ja“, sagte sie leise und lächelte zum ersten Mal, seitdem er sich zu ihnen gesellt hatte. „Ja, signore, es würde mich außerordentlich freuen.“
„Dann soll es so sein“, erklärte er mit leiser, vertraulicher Stimme, als gäbe es auf dieser überfüllten Straße niemanden außer ihnen beiden. „Ich wünsche mir nichts mehr, als Sie zu erfreuen, Lady Diana.“
„Bitte senden Sie uns eine Nachricht, an welchem Tag und zu welcher Zeit es Ihnen angenehm ist, signore“, bat Miss Wood,
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