Italienische Verführung
andere besorgen.“
„Gehen Sie nur und fragen Sie ihn“, bat Diana, die aufgestanden war und jetzt um das Bett tanzte. „Bitte, fragen Sie nach, ob das möglich ist!“
Doch Miss Wood ging immer noch nicht. „Wir werden aber nicht mit Lord Edwards und Reverend Lord Pattersons Gesellschaft rechnen können. Ich glaube, sie haben sich für den Rest des Tages etwas anderes vorgenommen, nachdem ich ihnen erzählte, dass Sie unpässlich sind.“
„Dann werden wir eben allein etwas unternehmen, Miss Wood, so wie wir es immer getan haben!“ Diana war nicht sehr enttäuscht, Edward einmal nicht an ihrer Seite zu haben. „Sie sehen, ich bin völlig wiederhergestellt. Ich werde mich anziehen und im Nu fertig sein.“
„Sehr wohl, Mylady.“ Miss Wood musterte sie aufmerksam, ob sie vielleicht nicht doch noch Anzeichen erneuten Fiebers an ihr entdeckte. „Ich werde Ihnen Deborah schicken.“
Sie knickste und schloss die Schlafzimmertür hinter sich. Sofort stürzte Diana zum Bett und zog den verborgenen Brief aus seinem Versteck im Innern des Kissens. Mit erwartungsvoll zitternden Fingern brach sie das Siegel auf und faltete das Blatt auseinander. Es wäre der erste Brief, den sie von Antonio erhielt, das erste Mal, dass sie seine zärtlichen Worte von seiner eigenen Hand geschrieben lesen würde.
Doch zu ihrer Bestürzung war der Brief nicht von Antonio, und er enthielt auch kein einziges zärtliches Wort.
Mylady ,
Sie denken vielleicht, Sie sind mich los, aber schließlic h habe ich Sie doch gefunden. So, und jetzt ist es an der Zeit , alles zwischen uns zu regeln. Hundert Guineen sind nu r fair. Bringen Sie sie mir morgen, (Mittwoch), um zwei Uh r an die Fontana di Trevi .
Kommen Sie allein, Mylady, und lassen Sie mich nicht hängen, oder ich schwöre, ich werde dem Herrn, den Sie jetzt lieben, erzählen, als was für eine betrügerische, verlo gene Hure Sie sich den Männern gegenüber benehmen, die es wagen, Ihnen zu vertrauen. Will Carney.
Sie las den Brief noch einmal in der Hoffnung, ihn falsch verstanden zu haben. Will Carney. Guter Gott, was hatte nur Will Carney wieder zurück in ihr Leben gebracht?
Diana schluckte und kämpfte gegen die Tränen der Scham und der Furcht an. Sie zerknüllte den Brief in der Hand, besann sich aber eines Besseren und strich ihn über dem Knie wieder glatt.
Will Carney war der Grund gewesen, weshalb man sie zusammen mit ihrer Schwester zu Beginn des Sommers ins Ausland geschickt hatte. Er war Reitknecht in den Stallungen ihres Vaters gewesen, hochgewachsen und gut aussehend, mit durchdringenden blauen Augen und einem dichten hellblonden Haarschopf, der sie an die Mähnen der Pferde erinnerte, um die er sich kümmerte. Er gehörte erst einige Wochen dem Personal von Aston Hall an, da hatte er angefangen, mit ihr zu flirten – hier und da eine leise geflüsterte Neckerei, während er ihr in den Sattel half, ein Augenzwinkern, das nur sie sehen konnte – und sie war von seiner Dreistigkeit fasziniert gewesen. Ihr Vater wirkte auf die meisten Männer, besonders aber auf Untergebene, viel zu einschüchternd, als dass sie solch ein Risiko eingegangen wären. In ihrer Grafschaft war der Duke of Aston die höchste Autorität. Bei den wenigen Malen, bei denen sich ihm jemand widersetzte, hatte er gründlich und schnell Rache genommen. Unter anderen Umständen hätte Diana sich nicht mit Will eingelassen. Wenn der Reitknecht auch dumm war, sie war es nicht.
Doch bei der Abschiedsparty ihrer Schwester hatte ein junger Mann, den Diana sehr bewunderte, sich entschlossen, seine Verlobung mit einer anderen jungen Dame bekannt zu geben. Diana hatte daraufhin ihre Enttäuschung und ihre Demütigung sehr undamenhaft in Unmengen Punsch ertränkt. Derart gestärkt beschloss sie, dem jungen Mann zu zeigen, wie wenig er ihr bedeutete. Sie war hinter die Stallungen zu den Quartieren der Pferdeknechte gegangen, um Will zu suchen. Der hatte ihr Interesse leider für echte Leidenschaft gehalten, und es war gut gewesen, dass ihre Schwester Mary und Miss Wood gekommen waren, um sie aus Wills Umarmung zu retten.
Aber es war gar nicht gut gewesen, dass ihr Vater ihnen gefolgt und Zeuge der ganzen schmutzigen Szene geworden war. Kurzerhand wurde Dianas Einführung in die Gesellschaft gestrichen und durch diese trostlose Bildungsreise durch Frankreich und Italien ersetzt. Und Will war in Ketten zur Küste gebracht und in Portsmouth den Werbern übergeben worden, um auf einem der Schiffe Seiner
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