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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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zusammenzubringen. Nur wenige waren aus Laune auf seiner Seite, aus Anhänglichkeit an ihn selbst niemand. Fitzurse hatte daher nur das eine Mittel, den Wankenden zu zeigen, was für Vorteile ihnen in Zukunft erwachsen würden, und sie an die bereits genossenen Vorteile zu erinnern. Den jungen, lebenslustigen Edelleuten stellte er uneingeschränkte Freiheit und zügellose Lustbarkeiten in Aussicht; den Ehrgeizigen versprach er Macht und Würden, den Habgierigen Reichtum und weite Besitzungen. Die Anführer der Söldner erhielten Geldgeschenke – in ihren Augen ein zugkräftiges Mittel, dem kein anderes an Wirkung gleichkam.
    Der emsige Werber war aber im allgemeinen weit freigebiger mit Versprechungen als mit Geschenken, wenn er auch nichts unterließ, wodurch ein Unentschiedener zu bestimmen und ein Zaghafter zu ermutigen war. Eine Rückkehr des Königs Richard stellte er als ganz ausgeschlossen hin. Aber als er die unbestimmten Antworten und die mißtrauischen Blicke seiner Mitverschworenen bemerkte und daran erkannte, daß sie gerade eine solche Rückkehr am meisten befürchteten, tat er diese Möglichkeit mit gelassener Kühnheit ab und versicherte, die Politik ihrer Partei würde sich dadurch nicht im geringsten beirren lassen. »Wenn Richard wiederkommt,« sagte Fitzurse, »so wird er seinen verarmten und hungrigen Kreuzfahrern auf Kosten derer zu Reichtum verhelfen, die ihm nicht ins heilige Land gefolgt sind. Er wird furchtbares Gericht halten über alle die, die sich während seiner Abwesenheit irgend einen Verstoß gegen die Gesetze oder das Recht der Krone haben zuschulden kommen lassen. Vor allem wird er jeden, der zur Partei seines Bruders Johann gehört hat, wie einen Rebellen bestrafen. – Ist Euch bange vor seiner Macht?«
    »Ich erkenne an,« fuhr der arglistige Vertrauensmann des verräterischen Prinzen fort, »daß er ein tapferer und mannhafter Ritter ist, aber wir leben nicht mehr in den Zeiten König Arthurs, da es noch ein einzelner Kämpfer mit einem ganzen Heere aufnehmen konnte. – Wenn Richard wirklich wiederkommt, so kommt er allein, ohne Gefolge, ohne Freunde. – Die Gebeine seines tapferen Heeres bleichen auf dem Sande von Palästina. Die wenigen von seinen Anhängern, die zurückgekehrt sind, sind arm und vereinzelt eingetroffen, wie eben jener Wilfried von Ivanhoe. Und was denkt Ihr denn von Richards Erbrecht?« wandte er gegen die Zweifel ein, die ihm so oft vorgestellt wurden. »Ist denn Richards Anspruch auf die Erstgeburt unbestrittener als der Anspruch des Herzogs Robert von der Normandie, des ältesten Sohnes des Eroberers? – Sind ihm doch Wilhelm der Rote und Heinrich, sein zweiter und sein dritter Bruder, nacheinander durch den Spruch des Volkes vorgezogen worden. – Robert hat ebenfalls alle die Vorzüge, die man an Richard rühmt. Er war ein tapferer Ritter, ein tüchtiger Heerführer, edelsinnig und großmütig gegen seine Freunde und gegen die Kirche, und was ihn allein schon der Krone würdig macht, so war auch er Kreuzfahrer und ist nach dem heiligen Grabe gepilgert.« Und doch ist er als blinder, elender Gefangener im Schlosse Cardiffe hingesiecht, weil er sich dem Willen des Volkes widersetzte, das nicht von ihm regiert sein wollte. Es ist eben unser gutes Recht,« setzte er hinzu, »uns aus dem königlichen Hause den Prinzen auszusuchen, der am meisten dazu berufen ist, die höchste Macht auszuüben, das heißt,« fügte er, sich selber verbessernd hinzu, »den, der den Vorrechten des Adels am kräftigsten die Stange hält. An persönlichen Eigenschaften steht vielleicht Prinz Johann seinem Bruder Richard nach, allein wenn man in Betracht zieht, daß dieser mit dem Racheschwert in der Hand wiederkommen wird, und daß jener Belohnungen, Privilegien, Reichtum und Ehren austeilen wird, so kann darüber länger kein Zweifel bestehen, welcher von beiden der König ist, den der Adel aus allen Gründen der Vernunft und Politik halten muß.« Eine solche Beweisführung, die sich stets den verschiedenen Verhältnissen der Zuhörer geschmeidig anpaßte, hatte den gewünschten Erfolg für Johanns Partei. Die Mehrzahl sagte zu, bei der geplanten Versammlung in York zugegen zu sein, um dort alle erforderlichen Vorbereitungen zur Krönung des Prinzen Johann zu treffen.
    Erschöpft von all diesen Anstrengungen, aber sehr zufrieden mit dem Erfolg, kam Waldemar Fitzurse noch spät in der Nacht nach Schloß Ashby. Dort traf er de Bracy, der das Festkleid mit einem kurzen grünen

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