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Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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Tigergesicht.
    »Und was noch wichtiger ist: Wer sind deine Eltern?«, fragte die Elbenfrau. Dabei fasste sie Lily unsanft am Kinn. Fingernägel bohrten sich in ihre Wangen. Die Elbe war von fast künstlich wirkender Schönheit. Eigentlich hätte sie gar nicht so furchteinflößend wirken dürfen, doch irgendetwas an ihrem Gesicht wirkte allzu perfekt. Sie sah eher aus wie eine zum Leben erwachte Schaufensterpuppe, nicht wie eine Frau aus Fleisch und Blut.
    »Mein Großvater ist Richard Carter, und meine Mutter ist Rose Carter«, sagte Lily. »Mein Vater war William Carter.«
    »War?«, fragte der Tigermann.
    Eigentlich hätte er verkleidet aussehen müssen, wie ein Schauspieler in Tigermaske, aber das war nicht der Fall. Das Fell war echt, und auch die kräftigen Kiefer und die schmalen, senkrecht stehenden Katzenpupillen konnten nicht nachgemacht sein. Er sah aus, als hätte er sich in einen Tiger verwandeln wollen und es sich auf halbem Wege anders überlegt. Unter seinen Blicken fühlte sich Lily wie von Raubtieren umzingelt. Seine gelben Augen bohrten sich in ihre. »Er ist bei einem Autounfall gestorben, nur ein paar Monate nach meiner Geburt«, erklärte sie. »Ich habe ihn nie gekannt.« Sie hatte noch nicht mal ein Foto von ihm gesehen. Oh Gott, war das hier vielleicht der Grund, warum es keine Fotos von ihm gab? Konnte es sein, dass er …
    Nein, dachte sie. Wäre ihr Vater auch nur einen Millimeter vom Alltäglichen abgewichen, hätte Grandpa es rausbekommen. Er war viel zu besorgt um Mom, als dass er ihren Ehemann nicht einer peinlich genauen Prüfung unterzogen hätte.
    Das Steinwesen verlagerte sich, und Lily hörte ein kiesiges Knirschen. »Und warum bist du jetzt zu uns gekommen?«, fragte es. Jedes einzelne Wort ein dumpfes Poltern.
    »Ich wollte doch bloß aufs College«, stammelte Lily kläglich. Angesichts der Umstände hörte sich das vollkommen lächerlich an. »Ich habe nichts Unrechtes getan!«
    »Wie alt bist du, Kind?«, fragte die Elbenfrau.
    »Sechzehn.«
    Das winzige Männlein stieß einen leisen Pfiff aus. »Sechzehn Jahre ohne Magie … «
    »Unmöglich«, sagte der Tigermann. »Sie muss ein Feeder sein. Wir müssen sie hierbehalten und umerziehen. Wir können sie nicht zurückgehen lassen.«
    Das Einhorn fiel ihm ins Wort: »Dafür würde sie niemals lange genug überleben. Die Magie würde ihren Körper überlasten.«
    »Ich sage die Wahrheit!«, beharrte Lily. »Ich habe bis zum heutigen Tag noch nie etwas von Feedern gehört. Ich bin einfach bloß durch ein Tor gegangen!« Sie rappelte sich hoch. Das Einhorn richtete sein Horn auf sie. Der Steinmann ruckte nach vorne. Der Zentaur spannte jeden einzelnen Muskel an. Lily, die jetzt aufrecht stand, versteifte sich.
    »Du hast mehr getan als das«, sagte der Zentaur grimmig. »Du hast sechzehn Jahre lang überlebt, ohne unsere Welt auch nur ein einziges Mal zu besuchen. Aber du bist ein Halbblut. Du brauchst beide Welten zum Überleben.«
    Lily starrte auf die Spitze des goldenen Horns. Ihr Herz raste. Es fühlte sich an, als würde ein ganzer Schwarm aufgescheuchter Vögel in ihrem Brustkorb umherflattern. »Ich verstehe nicht.«
    »Halbblüter gehören in beide Welten«, sagte das winzige Männlein.
    »Oder in keine«, ergänzte die Elbenfrau. »Du dürftest in der Menschenwelt höchstens einen Monat lang überleben, bevor zu viel Magie aus dir herausfließen und du an Magiemangel sterben würdest. Und du würdest in unserer Welt nur einen Monat lang überleben, bevor dein Körper in zu viel Magie ertrinkt. Und doch bist du am Leben. Ein interessantes Rätsel.«
    Lily zwang sich, ganz tief und ruhig Luft zu holen. »Lassen Sie mich nach Hause gehen, und ich verspreche, ich werde eine Erklärung dafür finden. Ich werde herausfinden, warum ich immer noch lebe. Wenn ich ein Rätsel bin, dann lassen Sie es mich bitte selbst lösen. Ich verdiene eine Chance, es selbst zu lösen!«
    Der Zentaur und der Tigermann wechselten einen raschen Blick. Das Männlein schwebte über der Schulter der Elbenfrau. Das Schlagen seiner winzigen Flügelchen brachte die Luft in Wallung und wirbelte Staub auf, der im Sonnenlicht tanzte. Als der Steinmann sich bewegte, klang es wie eine Lawine, die zu Tal rast.
    »Bitte!«, sagte Lily. Sie würde niemals wieder hierherkommen, wenn sie sie nur gehen ließen. Flehend blickte sie jedes einzelne der magischen Wesen an. »Ich bin kein Feeder. Ich werde Antworten finden.«
    Das Einhorn senkte sein Horn wie ein

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