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Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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gefüttert. Ihr drehte sich der Magen um. »Ich glaube, ich muss mich übergeben.« Sie schlug die Hände vor den Mund und hastete an Jake vorbei die Treppe hinauf, unter den strengen Blicken der Männer auf dem Ölgemälde an den geheimen Kammern, dem großen Flügel und dem marmornen Kamin vorüber und stürmte dann, Jake dicht auf den Fersen, zur Eingangstür von Vineyard Club hinaus.
    Draußen sackte sie auf dem grünen Rasen zusammen. Bernsteinfarben ergoss sich das Licht der untergehenden Sonne über ihren Hals und ihren Rücken Sie hörte das Wispern der Grashalme, der Bäume und Büsche. Als sie ihre Hände im Rasen vergrub, ringelten sich die schmalen grünen Halme um ihre Fingerknöchel, als wollten sie sie beruhigen. Dabei summten sie leise. Ihr Brustkorb dehnte sich, und sie konnte wieder frei atmen.
    Hinter sich hörte sie Jakes Stimme. »Lily, alles in Ordnung?«
    »Nein, gar nichts ist in Ordnung!« Nichts hiervon war »in Ordnung«. Die Frau, mit der sie jeden einzelnen Tag ihres bisherigen Lebens verbracht hatte, war ein Baumgeist. Und ihr Großvater – das Fundament ihrer gesamten Existenz – hatte sie wissentlich und willentlich über all diese Dinge belogen. »Ich hab ihm vertraut! Ich hab an ihn geglaubt!«
    »Von wem sprichst du?«, fragte Jake.
    »Von meinem Großvater, diesem schamlosen Lügner!«
    »Dein Großvater ist ein edler Mensch«, widersprach Jake. »Ein Held … «
    Lily unterbrach ihn rüde. »Du kennst ihn doch kaum.« Sie fragte sich, wie gut sie ihn eigentlich selbst kannte. Die Grashalme wickelten sich fester um ihre Finger.
    Jake hockte sich neben sie. »Lily, bist du okay?« Er klang ehrlich besorgt. Als ob er nicht derselbe Junge wäre, der sie vorhin auf dem Platz vor der Kirche so rüde von sich gestoßen hatte. Seit wann machte er sich Sorgen um sie? Sie war doch ein »Monster«, oder etwa nicht?
    »Ich werde dich schon nicht vollkotzen, wenn es das ist, worüber du dir Gedanken machst«, schnappte sie.
    »Ich bin nicht … Ich wollte nicht … «, stammelte er. Er sah aus wie ein Hundebaby, dem man eins auf die Nase gegeben hatte. Sie verspürte einen Stich der Reue. Jake war nicht derjenige, der ihre ganze Welt von innen nach außen gekehrt, auf den Kopf gestellt und dann (nur zur Sicherheit) noch mal richtig kräftig durchgeschüttelt hatte.
    Sie entwand ihre Finger den Grashalmen. Die schmalen Blätter schmiegten sich weiter an sie, wie kleine Kätzchen, die gestreichelt werden wollten. Lily musste an ihre Mom denken. Sie hatte die Blumen im Laden auch immer wie Kuscheltiere behandelt, liebevoll gurrend und summend auf Rosen und Narzissen eingeredet. Lily spürte, wie ein hysterisches Gelächter in ihrer Kehle hochstieg, und würgte es keuchend hinunter.
    »Bist du … Geht es dir besser?«, fragte Jake.
    »Meine Mom … «, begann sie und hielt inne. »Ich muss sofort mit Grandpa sprechen. Ist die Schlacht vorbei?«
    Er warf einen schnellen Blick Richtung Weg. »Schhh!«
    Was bildeten die sich eigentlich ein? Dass sie ihre Geheimnisse schützen würde, nach all den Lügen, die sie ihr aufgetischt hatten? Doch dann bemerkte sie den Ausdruck auf Jakes Gesicht und seufzte. »Entschuldige. Es ist nicht deine Schuld, dass mein Familienleben noch viel verkorkster ist, als ich gedacht habe.« Wie viel von der Wahrheit ihre Mutter wohl wusste? Woran erinnerte sie sich noch?
    »Der Kampf hat gerade erst begonnen«, sagte Jake mit gesenkter Stimme. Er wollte ganz sichergehen, dass niemand sie belauschte. »Wenn wir uns beeilen, kriegen wir den größten Teil noch mit. Wenn du allerdings zu viel Angst hast … «
    »Nein, alles wieder in Ordnung. Auf nach Forbes.« Sie rappelte sich hoch. Vielleicht war es dumm von ihr gewesen, so schnell nach draußen zu rennen. Sie hätte sich auf der Treppe noch ein wenig mehr Zeit lassen sollen um sicherzugehen, dass Tye wirklich entkommen war.
    Jake trabte den Gehweg hinunter. Lily folgte ihm. Um sie herum brach die Dämmerung herein. Die Farbe des Himmels ging immer mehr in Stahlblau über, überall entlang der Prospect Avenue flackerten Straßenlaternen auf. Unauffällig suchte sie die Umgebung nach Tye ab, hoffend, dass er längst weit weg von hier war. Während sie hinter Jake die Stufen zum Torbogen von 1879 Hall hinaufging, fragte sie sich, was wohl geschehen würde, wenn der Rat das Fläschchen mit Magie zu Gesicht bekäme.
    »Du wusstest wirklich nichts von der ganzen Sache? Oder wer du bist?«, fragte Jake.
    Ihre Augen füllten

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