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Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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bestimmt erklären. Ja, sie musste nur mit ihrem Großvater reden.
    »Keine Erklärung der Welt kann das hier rechtfertigen«, gab Tye angewidert zurück. Aber er hörte zumindest auf, die Glaskolben herumzuschubsen. Stattdessen steckte er das Fläschchen Magie in die Tasche. »Der Rat wird Beweise sehen wollen.« Mit dem Ärmel seiner Jacke wischte er den winzigen Tropfen vom Regal und hinterließ einen langgezogenen, silberigen Schmierfleck.
    Lily fuhr vorsichtig mit der Hand darüber und musterte das Silber an ihren Fingerspitzen. Sie konnte es nicht leugnen: Das hier sah ganz genauso aus wie ihre und Moms Medizin.
    Unmöglich, dachte sie.
    Oben an der Treppe wurden Schritte laut. Tye stieß einen leisen, aber überaus blumigen Fluch aus. Dann drehte er sich auf der Suche nach einem Versteck nach allen Seiten um. Es gab keins.
    »Komm mit«, sagte er und packte Lily am Ellenbogen.
    So schnell sie konnten, huschten sie aus dem Raum, hasteten geduckt zwischen Tischen und Stühlen durch, vorbei an der alten Musicbox. Die Schritte kamen die Treppe herunter. Plötzlich musste Lily an ihre Mom denken, wie sie diese Stufen hinuntergegangen und vor einem der alten Fotos stehen geblieben war, um es näher zu betrachten. Sie hielt inne. »Geh schon«, sagte sie zu Tye.
    Er ließ ihren Ellenbogen los. »Was?«
    Lily legte die Hände aneinander und spürte den Film der silbrigen Flüssigkeit zwischen ihren Fingerspitzen. Sie konnte hier noch nicht weg. »Ich halte sie auf«, erklärte sie. »Als Mitglied darf ich doch hier sein, richtig? Mach dir keine Sorgen um mich. Geh.« Ohne seine Antwort abzuwarten, rannte sie quer durch den Schankraum zum Fuß der Treppe und begann, die Stufen hinaufzutrampeln, so laut sie konnte. Mit etwas Glück würde sie jedes Geräusch übertönen, das Tye bei seiner Flucht machte.
    Auf der vierten Stufe stieß sie mit Jake zusammen. Er packte sie bei den Armen, um zu verhindern, dass sie nach hinten kippte. »Whoa, langsam, langsam!«
    Er ließ sie wieder los, und Lily hielt ihn an den Handgelenken, als ob sie ihn brauchte, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden. »Sorry.« Ihr Blick glitt hinüber zur Wand mit den Fotos.
    Jake klappte sein Handy auf und erstattete Bericht: »Ich habe sie. Es geht ihr gut. Sie ist in den Club zurückgelaufen.« Dann klappte er das Gerät wieder zu und fragte: »Wo bist du gewesen? Warum bist du uns nicht gefolgt?«
    »Ich hab Schiss bekommen«, erklärte sie. »Vor ein paar Stunden wusste ich noch gar nicht, dass das alles wirklich real ist, und dann gleich eine Schlacht? Ich hab bis jetzt noch nicht mal einen Boxkampf gesehen.« Sie wedelte in Richtung der Schwarz-Weiß-Fotos mit den Rittern von Princeton. »An einer Uni gibt es Professoren und Prüfungen und Zimmergenossen, aber keine Drachen und Ritter!« Dann betrachtete sie die Bilder genauer. Vielleicht fand sie das Foto, das die Aufmerksamkeit ihrer Mutter geweckt hatte. Mom war wo noch mal stehen geblieben? Genau oberhalb von … Und da war es: Das Foto zeigte eine Gruppe Studenten. Und unter ihnen war ein bekanntes Gesicht. Genau in der Mitte des Bildes stand ein junger Mann. Er trug ein weißes Hemd und Khakihosen und sah exakt aus wie eine jüngere Kopie von Grandpa. Um ihn herum standen Männer und Frauen … Moment mal. Zu seiner Zeit hatte es in Princeton University gar keine Frauen gegeben, und auch die Frisuren und die Kleidung auf diesem Bild stammten aus dem falschen Jahrzehnt. Dieser Mann konnte nicht ihr Großvater sein, obwohl er ihm beinahe aufs Haar glich.
    Grandpa hat noch mehr Geheimnisse, dachte sie.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Jake.
    Lily deutete auf das Foto und sagte: »Das hier ist mein Vater. William Carter. Der Sohn von Grandpa.« Ihre Stimme klang eine Oktave zu hoch, aber sie konnte es nicht ändern.
    Ihr Vater war der Sohn ihres Großvaters. Was bedeutete, dass Mom nicht Großvaters Tochter war. Ihr Vater war mit ihrem Großvater blutsverwandt. Was bedeutete, dass Mom es nicht war.
    Ihr Vater war ein Mensch. Was bedeutete, dass Mom keiner war.

Kapitel neun
    M om war kein Mensch.
    Grandpa hatte sie angelogen. Er hatte ihr nicht die Wahrheit gesagt zu so grundlegenden Dingen! Sie wusste gar nicht, wie sie diese Erkenntnis verarbeiten sollte, und ließ sich schwer gegen die Wand sinken.
    »Lily?«, fragte Jake besorgt.
    Wenigstens kannte sie jetzt die Antwort auf die Frage, wie sie überlebt hatte: Grandpa hatte sie und Mom mit Medizin gefüttert; er hatte sie mit Magie

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