Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)
um dir Angst zu machen. Aber du hast hartnäckig weitergemacht.«
Lily konnte es nicht fassen. » Sie haben mir den Kobold auf den Hals gehetzt?«
» Meinen Kobold«, korrigierte die Fee mit ihrer klingelnden Kristallstimme von hinten.
Mr Mayfair beachtete sie nicht. »Weißt du, ich wollte nicht, dass das alles so kommt«, fuhr er fort. »Während der letzten sechzehn Jahre habe ich versucht, extreme Maßnahmen zu vermeiden. Misstrauen gegenüber dem Tigerjungen unter den Rittern zu säen, war leicht. Er stellte keine ernsthafte Gefahr für meine Pläne dar. Aber du, du bist die Tochter eines höchst geachteten Ritters. Sie fangen bereits an, dich als unseren neuen Schlüssel zu akzeptieren. Schon reden sie wieder von neuen Bündnissen und engen Beziehungen. Das darf nicht sein. Unsere Welten müssen getrennt bleiben. Und mir ist klar geworden, dass ich keine andere Wahl habe. Dein Tod ist der einzige Weg, um die Menschheit zu schützen. Das verstehst du du doch, meine Liebe?«
Sie trat gegen sein Knie und schwang ihre freie, zur Faust geballte Hand. Doch er hielt sie mit Leichtigkeit fest und wich ihren Tritten geschickt aus. »Sie sind doch einer von den Guten! Sie sind ein Ritter, verdammt noch mal!«
Hinter ihr, so nahe, dass Lily den Hauch ihres Atems auf den Haaren spüren konnte, sagte die Fee: »In einer Kirche flucht man nicht.«
Tränen rannen über Lilys Wangen. »Mein Großvater hat Ihnen vertraut.«
»Dein Großvater ist ein guter Mensch, aber sein Idealismus hat ihn blind gemacht«, sagte Mr Mayfair. »Dein Tod durch einen Feeder wird ihn schließlich und endlich davon überzeugen, dass der Krieg mit ihnen ein für alle Mal ein Ende finden muss . Er ist bedauerliches, aber notwendiges Opfer im Sinne des höheren Ganzen.«
Oh Gott, das durfte doch alles nicht wahr sein. Das konnte er doch nicht wirklich tun. Lily suchte verzweifelt nach Argumenten, die ihn aufhalten würden. »Aber Ihr Enkel Jake. Er wird sterben!«
Mr Mayfair erstarrte. »Erkläre, wieso.« Seine leise Stimme durchbohrte Lily wie ein scharfer Pfeil.
»Er ist bei den Dryaden«, sagte Lily. »Sie wollen ihn gegen meine Mutter austauschen. Und Tye ist auch dort. Das bedeutet, ich bin die Einzige, die Ihren Enkel noch retten kann. Sie müssen mich gehen lassen!«
»Und in Kauf nehmen, dass du alles enthüllst, worüber wir hier gesprochen haben? Er wandte sich von ihr ab. »Nein. Es steht zu viel auf dem Spiel. Die ganze Welt steht auf dem Spiel.« Seine Stimme klang kalt und gleichgültig.
»Sie dürfen Jake nicht sterben lassen!«, schrie Lily weinend. »Er vertraut Ihnen. Er glaubt an Sie. Er liebt Sie.«
»Und ich werde um ihn trauern«, entgegnete Mr Mayfair einfach.
Tränen strömten über Lilys Gesicht. »Bitte!«
Dann hörte sie, wie er leise zu der Fee sagte: »Sie soll leiden – wegen Jake.«
Lily fuhr herum. Auf dem Gesicht der Feeder-Fee lag ein glückseliges Lächeln. Sie sah aus wie einer der Engel in dem prächtigen Kirchenfenster über ihnen. Ihre Flügel flirrten, sodass sie ein paar Zentimeter über dem Boden schwebte. Lily spürte einen Lufthauch im Gesicht, roch den Duft von Flieder und Lavendel. Zentimeter um Zentimeter wich sie Richtung Tür zurück, bis sie bemerkte, dass Mr Mayfair verschwunden war.
Nichts wie weg hier, dachte sie, drehte sich um und …
Die Fee war vor ihr da.
Kapitel vierzehn
Schhh.« Die Fee legte einen zierlichen Finger auf Lilys Lippen.
Das Herz in ihrer Brust begann zu flattern wie die Flügel eines Kolibris. Oh Gott. »Bitte«, flehte sie. »Bitte, töte mich nicht. Hör nicht auf Mr Mayfair. Er ist nicht auf deiner Seite. Aber ich kann dir helfen. Ich kann dich nach Hause bringen. Ich bin ein Schlüssel.«
Die Fee wirkte amüsiert.
»Denk doch mal nach – du würdest nie mehr von den Rittern gejagt werden«, fuhr Lily fort. »Du wärst in Sicherheit.«
Die irisierenden Flügel klappten schnell zusammen und wieder auf, zusammen und wieder auf. Funkelnd wurde Sonnenlicht zurückgeworfen. »Aber ich bin doch in Sicherheit«, sagte die Fee. »Ich habe die persönliche Zusicherung des Obersten Ritters von Princeton: Im Austausch für meine Mitarbeit wird er mein Überleben garantieren.«
»Das meint er doch nicht ernst«, widersprach Lily. »Du hast ihn selbst gehört. Er will sogar seinen eigenen Enkel opfern, um sein Geheimnis zu bewahren. Er wird dich auf gar keinen Fall am Leben lassen. Selbst wenn er Feeder nicht hassen würde – du weißt einfach zu
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