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Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)

Titel: Ivy - Steinerne Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Beth Durst
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allem nötigen Respekt, Botschafter, aber das werden wir nicht tun.«
    Die Augen des Affen traten hervor.
    Hatte er denn wirklich erwartet, sie würden alle wie ein Mann aufspringen, entschlossen ihre Schwerter schwingen und zur Verteidigung der Ritter eilen? Ja, wurde Lily klar, das hatte er. Neben ihr nahm Tye wieder seine menschliche Gestalt an. Genau wie Lily blieb er schweigend hinter dem Affen stehen.
    »Ihr dürft die Ritter nicht im Stich lassen«, fuhr der Professor fort. »Sie sind eure Verbündeten.«
    »Unser Bündnis mit den Menschen ist null und nichtig«, erwiderte der Zentaur.
    Wütend stieß Professor Ape beide Fäuste in die Luft, als wolle er ihnen allen Verstand einprügeln. »Diese Universität wurde gegründet, um das Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Welten zu fördern. Das allein ist der Zweck eurer Existenz hier. Ihr dürft euch nicht von den Menschen abwenden.«
    »Zuallererst einmal sind wir unseren Leuten verpflichtet«, sagte die Elbe und richtete sich hoch auf. »Und unseren Prinzipien. Wir lassen keinen Feeder, welcher Art auch immer, ungestraft davonkommen. Das war so, und das wird auch in Zukunft so sein.«
    »Ich kenne diese Ritter, jeden Mann und jede Frau. Ich weiß, dass sie keine Feeder sind«, verkündete der Affe und schlug sich bekräftigend gegen die Brust.
    Der Tigermann schnaubte verächtlich. »Oh. Seid Ihr da sicher? Bei allem nötigen Respekt, Botschafter, aber Ihr wart die meiste Zeit Eures Amtes ein Stein.«
    Lily bemerkte, dass das Steingrau des Affenkörpers die Farbe von braunem Fell angenommen hatte. Sein kantiges Gesicht hatte jetzt lebendigere, rundlichere Formen, und die Augen waren von einem milchigen Weiß statt steinfarben. Stück für Stück, wenn auch nur langsam, legte er seine Gargoyle-Merkmale ab. Und eben ließ eine sehr unsteinliche Wut ihn beben.
    Er wird es nicht schaffen, dachte Lily. Sie musste etwas sagen!
    Doch der Tigermann war noch nicht fertig. »Zeigt mir einen einzigen Ritter, der es wert ist, dass unser Volk ein Risiko für ihn eingeht. Zeigt mir einen, der es wert ist, gerettet zu werden.«
    »Jake«, sagte Lily. »Er ist hier, in diesem Moment, als Gefangener der Dryadenkönigin.«
    Tye lehnte sich zu ihr herüber und flüsterte: »Lily, du weißt doch, dass mein Vater Jake hasst. Er erinnert ihn an den Verlust meiner Mutter.«
    »Genau deshalb ist Jake ja perfekt geeignet«, entgegnete Lily, laut genug, dass auch Tyes Vater und die anderen Mitglieder des Rates sie hören konnten. »Wenn er etwas in Jake finden kann, das zu retten sich lohnt, dann muss er sie alle retten!«
    »So sei es«, sagte der Tigermann und schritt, gefolgt von den anderen Ratsmitgliedern, aus dem Saal. Er riss die Eingangstür von Nassau Hall auf und brüllte donnernd über den Hof: »Bringt mir den Jungen, den die Dryade gefangen hält!«
    Mit einem heiseren Krächzen erhoben sich die goldenen Adler von ihren Säulen und schwangen sich in die Lüfte. Lily sah zu, wie sie einmal über dem Hof kreisten und dann in Spiralen über dem Wald jenseits des Tores nach unten gingen. Der Gebildete Affe gesellte sich zu ihr.
    »Du bist recht kühn«, sagte er mit leiser Stimme. »Ich bewundere das.«
    Nur Augenblicke später ging ein Rauschen durch die Bäume, und Äste erzitterten. Blätter begannen zu rauschen wie in einem starken Sturm, und die Dryaden erschienen. Lily erkannte ihre Großmutter. Ihr blassgrünes Haar war jetzt elegant um den Kopf drapiert. Ein kunstvoll gewobener Ring aus Blättern schmückte es wie eine kostbare, juwelenbesetzte Krone. Ihr Kleid umspielte die schlanke Gestalt in langen, grünen Bahnen wie die Zweige einer Trauerweide.
    Hinter ihr gingen, flankiert von den anderen Dryaden, zwei grünhäutige Männer. Sie trugen Jake. Als sie nahe genug heran waren, stellten sie ihn auf die Füße. »Oh nein«, wisperte Lily. Er sah noch viel schlimmer aus als sie befürchtet hatte. Sein Gesicht war schweißüberströmt und leichenblass. Haare klebten feucht auf seiner Stirn.
    Bedrohlich schwankend stand Jake vor dem Rat und drohte, jeden Augenblick umzufallen. Lily wollte zu ihm eilen, doch der Affe legte eine seiner fellbedeckten, steinkalten Pfoten wie eine Schraubzwinge um ihren Arm. »Er muss für sich selbst sprechen.«
    Als Jake den Botschafter erblickte, weiteten sich seine Augen vor Entsetzen. »Professor Ape, Sie haben ihren Posten verlassen!« Er wollte einen Schritt auf ihn zugehen, doch sein Bein knickte weg. Einen

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