Ivy - Steinerne Wächter (German Edition)
Moment lang stützte er beide Hände auf die Knie und atmete durch. Dann richtete er sich wieder auf. »Warum sind Sie hier? Was geht überhaupt vor sich?«
»Zuerst ist es an uns, dir einige Fragen zu stellen«, sagte der Zentaur.
Dann bauten sich die Mitglieder des Rates im Halbkreis vor Jake auf und begannen mit ihrem Verhör. Sie quetschten ihn förmlich aus über seine Kindheit, seine Ausbildung, sein Wissen über ihre Welt, seine Meinung zu den anderen Rittern … Lily bemerkte, wie er bei jeder Frage von Neuem zusammenzuckte, als würden sich die Worte direkt in sein Herz bohren.
Schließlich konnte sie es nicht länger mit ansehen. »Hört auf damit! Ihr müsst nicht wissen, was er am liebsten frühstückt oder wie oft er sich die Fußnägel schneidet! Könnt ihr denn nicht sehen, dass er ein guter Mensch ist? Er verdient es, gerettet zu werden.«
Alle Blicke richteten sich auf sie. Jake warf ihr ein kurzes Lächeln zu. Aber es war sehr schwach und zitterte an den Rändern. Lily spürte, wie sie über und über rot wurde. Hätte sie doch bloß den Mund gehalten!
»Bist du uns feindlich gesinnt?«, fragte der Tigermann Jake rundheraus.
»Kommt drauf an«, erwiderte Jake. »Werde ich heute sterben?« Er straffte die Schultern und sah jedem Einzelnen der Ratsmitglieder einen Moment lang direkt in die Augen. Diese tauschten bedeutungsvolle Blicke aus, doch Lily konnte sich keinen Reim darauf machen.
Oh Gott, dachte sie nur. Es wird nicht funktionieren. Sie sah ein Bild ihrer Mutter vor sich, gefangen im Club, wie sie Grandpa nicht von der Seite wich, während die Feeder näher und näher kamen. Ihr wurde speiübel.
Neben ihr räusperte sich Tye. »Verehrte Mitglieder des Rates«, sagte er, »ihr stellt die falschen Fragen.« Die Raubtieraugen seines Vaters richteten sich auf ihn, und er atmete noch einmal tief durch. »Es spielt keine Rolle, ob er ein guter Verbündeter ist oder nicht. Es spielt noch nicht mal eine Rolle, ob wir ihn mögen oder nicht. Wenn wir den Menschen nicht helfen, werden wir zu ihren Feinden. Das können wir uns nicht leisten. Wir müssen den Frieden zwischen unseren beiden Welten bewahren. Nur das allein zählt.«
Verblüfft starrte der Tigermann seinen Sohn an, als sei er völlig perplex, dass Tye die Frechheit besaß, überhaupt das Wort zu ergreifen. Lily spürte, wie Tye den Kopf einzog und zurückwich. Entschlossen ergriff sie seine Hand.
Jake runzelte die Stirn. »Helfen? Helfen wobei, Lily?«
»Feeder greifen Vineyard Club an.«
Er fuhr zusammen, als hätte ihn jemand geschlagen. »Ich muss sofort los. Die Ritter brauchen mich. Bringt mich zurück!«
Professor Ape trat vor. »Die Aussage dieses jungen Mannes hier beweist ganz klar, dass wir Gargoyles unserer Aufgabe nicht gerecht geworden sind. Die neue Generation der Ritter hegt Angst und Zweifel, was die magische Welt betrifft, und wir allein konnten sie nicht ausräumen. Ihr müsst eine Geste des guten Willens zeigen, wenn unsere Beziehungen wieder erneuert werden sollen.«
Die Elbe ergriff das Wort. »Natürlich möchte das Halbblut die Beziehungen erneuern, aber wir reisen nicht zwischen den Welten. Für uns besteht keine Notwendigkeit … «
Wieder mischte Tye sich ein. »Wenn ihr den Rittern nicht helft, dann wird die Öffentlichkeit von dem Konflikt erfahren und jeder Mensch wird magische Wesen in Zukunft als Feinde betrachten. Wenn das geschieht, werden die Menschen hierher kommen. Sie werden einen Schlüssel zwingen, das Tor zu öffnen, und dann werden sie ihre Armeen hierherschicken. So viel steht fest.«
Der Tigermann bog und streckte seine Krallen. »Wir sind ihnen nicht schutzlos ausgeliefert.«
Der Affe schniefte. »Das wird nicht genügen. Sie werden Vergeltung in einem Ausmaß üben, das du dir nicht einmal vorstellen kannst. Die Menschen sind millionenfach in der Überzahl. Die Opferzahlen in einem Krieg wären katastrophal. Princeton … beide Princetons wurden gegründet, um ein solch schreckliches Ereignis zu vermeiden.«
Der Zentaur blickte Jake fest in die Augen. »Siehst du das genauso, junger Ritter?«
»Und ob. Wir werden euch fix und fertigmachen«, brachte Jake mühsam heraus. »Und im Moment habe ich auch überhaupt nichts dagegen.« Dann zwang ihn ein Hustenanfall in die Knie.
»Menschen werden in Scharen durch dieses Tor strömen. Sie werden Tod und Zerstörung bringen und beispielloses Chaos in unserer Welt anrichten«, sagte Tye und hielt zwei Finger hoch. »Es gibt genau zwei
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