Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
den Pitch gewonnen und werde fest angestellt. Jetzt kriege ich sogar ein Diensthandy», freut er sich am Telefon. «Zur Feier des Tages lade ich Roni und dich heute zum Essen ein. Da können wir reden, und ich kann endlich eure riesige Kiste auspacken.»
Den Rauswurf meines besten Freundes hatte ich total verdrängt. Die Kiste auch.
«Ich glaube, Roni hat heute schon was vor», lüge ich.
«Schade», meint Jochen. «Ich hätte sie gern dabeigehabt. Sie ist schließlich deine Verlobte.»
Vor schlechtem Gewissen wird mir flau im Magen.
«Ach, da wäre ich gern mitgekommen», sagt Roni, als ich ihr von dem Treffen mit Jochen erzähle. «Ist schließlich dein bester Freund, und wir hätten ein paar Sachen aus der Welt räumen können.» Nein, ausgeräumt wird heute nichts. «Dann macht ihr beide euch mal einen gemütlichen Männerabend.»
Jochen und ich wollen uns im Queens Club, einer Münchener In-Bar, treffen. Als ich aus dem Haus gehe, sehe ich auf der anderen Straßenseite einen Typen mit Rentierpulli und Rose lässig an der Hauswand lehnen. Meine Muskeln spannen sich an. Ein Blick zwischen Konkurrenten. Ich gehe auf ihn zu. Anscheinend deutet er meine Absichten richtig, denn er lässt die Rose fallen, nimmt die schicken Lederstiefel in die Hand und rennt davon, als hätte um die Ecke ein Outlet-Store eröffnet. Ein paar Meter spurte ich hinter ihm her, dann muss ich aufgeben. Seine Kondition ist besser, muss an der nepalesischen Bergluft liegen.
Etwas erschöpft komme ich im Queens Club an und überreiche Jochen die verwaiste Rose. Das findet er süß. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er sie gleich an eine der hübschen Münchenerinnen weiterschenkt, aber er zeigt kein Interesse. Weil wir uns lange nicht gesehen haben, kann ich das Gespräch nicht gleich mit «Jochen, du musst bald auf der Straße leben» beginnen. Lieber langsam rantasten.
«Wie läuft es eigentlich bei dir im Privatleben?», frage ich befangen. «Hast du so etwas überhaupt noch?»
Jochen nickt nachdenklich. «In der Agentur hängst du den ganzen Tag aufeinander. Da vermischt sich Privates und Berufliches automatisch. Kann eigentlich ganz praktisch sein.»
«Das heißt?»
«Sie heißt Bea und ist meine Assistentin. Lange rote Haare, grüne Augen, super Figur. Ist aber total normal.»
«Solche Frauen sind nie normal.»
Jochen schaut mich an und holt tief Luft. «Ich muss dir auch noch etwas anderes sagen. Wahrscheinlich hast du dich schon gefragt, warum ich um dieses Treffen gebeten habe.»
Ich dachte, ich hätte um dieses Treffen gebeten. Egal.
Jochen fährt fort: «Bitte sei nicht sauer, es hat echt nichts mit dir zu tun, aber Bea hat eine große Wohnung, und wir arbeiten sowieso jeden Abend länger. Du hast ja auch schon gemerkt, dass ich nicht mehr so oft zu Hause, also bei dir, bei euch, bin.» Er räuspert sich. «Alter, ich werde ausziehen.»
Ich muss mich sehr anstrengen, nicht erleichtert aufzulachen. «Ist doch toll», sage ich, und das meine ich ehrlich. «Ich freue mich für dich.»
«Du bist nicht sauer?»
«Na ja, ein bisschen schon, aber wenn du die Drinks bezahlst, hilft mir das über den Kummer hinweg.»
Es tut gut, wieder mit Jochen draußen zu sein – auch wenn ich mich erst noch daran gewöhnen muss, dass wir es beide offenbar nicht mehr darauf anlegen, irgendwelche Mädchen abzuschleppen. Wir sagen zwar immer noch: «Hey, schau mal die an», «Alteeer» oder «Ich darf gar nicht hinsehen», aber wir würden nicht mehr unseren Platz verlassen, um eine von ihnen anzusprechen.
Eine Frage aber scheint Jochen immer noch zu beschäftigen: «Kannst du dir wirklich vorstellen, dein Leben lang nur noch mit derselben Frau in die Kiste zu steigen?»
Bei dem Wort «Kiste» läuft mir ein Schauer über den Rücken.
«Ja. Klingt vielleicht idiotisch, aber Roni ist all diesen Mädchen hier über. Okay, sie ist keine Zwanzig mehr, so wenig wie ich. Und, ganz ehrlich, was will ich denn mit einer Zwanzigjährigen?»
«Da gäbe es einiges.»
«Ich glaube, dass Roni die Richtige für mich ist.»
«Keine Zweifel?»
Gute Frage. Klar habe ich Zweifel. Aber wenn ich ihnen so viel Raum gebe, machen sie mir doch nur mein Glück kaputt. Roni zu heiraten kommt mir manchmal wie ein Abenteuer vor, aber wenn ich mich nicht darauf einlasse, werde ich nie erfahren, was mir entgeht. Außerdem ist es gut, Entscheidungen zu treffen. Dann muss man auch dazu stehen.
«Jochen», sage ich fest, «ich bin glücklich, wie es
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