Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
gesagt hat?» Sie seufzt. «Vielleicht kann sich ja jeder bei seinen Eltern etwas leihen?»
«Na toll, da wollen wir endgültig den Schritt ins eigene Leben gehen und müssen dafür unsere Eltern anpumpen.»
Roni: «Wer anschreibt, der bleibt.»
HAUPTSACH IS, DOSS GSCHNACKSELT WEAD
(hochdeutsch: Es ist wichtig, dass man gut miteinander auskommt)
Roni ist bayerisch-katholisch, ich bin evangelisch-ausgetreten. Die meisten meiner Freunde sind Atheisten und glauben bloß noch an das MacBook Pro. Auch mit Roni habe ich öfter über das Fernsehprogramm als über Glaubensfragen gesprochen. Dennoch würde sie gern in einer Kirche heiraten, weil sie das romantisch findet.
Ich dagegen finde, dass unsere Liebe so einzigartig ist, dass sie wohl kaum von einem Dorfpfaffen in einer Standardpredigt beschrieben werden kann. Zudem sind der Papst, seine Mitarbeiter und ich in Liebesdingen völlig unterschiedlicher Meinung. Schon deshalb finde ich es schwierig, mit einem Priester über Liebe, Sex und Zärtlichkeit zu reden. Da ist ja heutzutage jeder Dreizehnjährige mehr im Thema!
«Aber der Dumblinger Pastor ist echt toll», schwärmt Roni. «Der hat früher den Jugendclub organisiert, die Freizeiten begleitet und sich so für die jungen Leute eingesetzt, dass sie jeden Sonntag in die Kirche kamen.»
«Liegt wahrscheinlich am Weihrauch. Da ist doch Haschisch drin, oder?»
«Lass uns doch einfach mal mit ihm reden. Kirche gehört in Bayern eben dazu.»
Im Internet hat Roni recherchiert, dass es für eine katholische Trauung genügt, wenn einer der Partner Mitglied der Kirche ist. Wenn der bei der Zeremonie «in Gottes Namen» nachspricht, schweigt der Konfessionslose einfach. In die Kirche muss er aber trotzdem.
«Du bist doch so schlau», schmeichelt Roni. «Und der Klügere gibt nach.»
Da hat sie auch wieder recht. Also gut, Roni zuliebe komme ich mit. Sie ist eine intelligente Frau und wird im Gespräch erkennen, dass die römisch-katholischen Dogmen total antiquiert sind. Mal schauen, wie der Priester mit einem kosmopolitischen Gegenpart wie mir fertig wird.
Wir treffen den Mann im Kirchenamt von Dumbling, einem Flachbau neben der Zwiebelturmkirche. Er hat eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem älteren Marlon Brando. Vielleicht ist er sogar noch ein bisschen dicker. Bin gespannt, wann er mir ein Angebot macht, das ich nicht ablehnen kann.
An der Wand über seinem Schreibtisch hängt ein Bild von seinem Boss, meinem Erzfeind: dem Papst. Und eine Holzschnitzerei von dem gekreuzigten Jesus, die ziemlich brutal aussieht. Dient wahrscheinlich der Abschreckung. Zunächst füllen wir eine Menge Formulare aus (unter anderem einen schriftlichen Heiratsantrag), dann lehnen wir uns alle erst mal zurück.
Der Priester mustert uns unbewegt. Roni lächelt, ich nicht. Die Situation gleicht einem Fernsehquiz.
Er faltet die Hände. Seine Stimme ist leise, ein bairischer Singsang, als er die Eröffnungsfrage stellt.
«Wos is fia aich da Sinn vo da Ehe?»
Spitzenvorlage, die Antwort gebe ich im reinsten Römisch-Katholisch: «Koitus.» Effektpause. «Am besten ohne Kondom. Richtig?»
Der Mann verzieht keine Miene. Stattdessen schaut er mir in die Augen, bis ich den Blick senke.
«Er ist Atheist», erklärt Roni.
«Und a Komiker, ge!», sagt der Priester und zwingt die Mundwinkel zu einem falschen Lächeln auseinander. Hinten links sehe ich kurz eine Goldkrone aufblitzen. Selbst die Zähne dieser Katholiken sind pompös!
Er schnalzt mit der Zunge, dann wendet er sich an mich. «Is da Trauzeuge katholisch?»
«Nein», antworte ich treuherzig. «Der ist Kommunist.»
Ein spastisches Zucken im linken Tränensack. Treffer! Doch da beugt Roni sich vor und sagt mit Messdienerlächeln: «Ich finde, der Sinn der Ehe ist, dem anderen nicht abzuhaun.»
Das finde ich auch.
«Und fia wie long?», hakt der Priester nach.
Ich weiß genau, was er hören will, aber: «Kann man das heutzutage noch voraussagen? Es lassen sich ja sogar Katholiken scheiden.» Mal schauen, wie er damit fertig wird.
«Des is ja ned aia Problem. Oba wennst katholisch heirodn woitst, miasts eklean, das ia an die Heiligkeit von da Ehe glaubts.»
«Ich glaube daran», sagt Roni.
Ich schweige. Der Priester beugt sich zu mir.
«Woher kimmst?»
«Aus Berlin.»
«Oha! Do geht’s wuid zu.»
«Das können Sie laut sagen.»
«Do schnackselt jeda mit jedn.»
«Was macht man dort?»
«Schnackseln!»
«Praktizierte Nächstenliebe oder was?», flachse ich. Keiner
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