Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
meine Füße zu achten, und bleibe stehen. Roni zieht mich weiter.
«Ich führe!», erinnere ich sie.
«Ja, aber dann mach es auch richtig», entgegnet Roni etwas ungehalten.
James ist dazugekommen und stellt uns wieder in Position.
«Sie lässt sich nicht führen», finde ich.
«Peace», mahnt James. «Ihr wollt doch heiraten.»
Wenn uns der Walzer da nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht!
Wir versuchen es noch einmal. Plötzlich ist Ronis Fuß unter meinem. Ich kann den neugewonnenen Schwung nicht mehr abfedern und renne Roni über den Haufen. Sie fällt auf den Hintern.
«Mann!», ruft sie genervt. «Pass doch auf.»
«Sorry», sage ich und strecke die Hand aus, um ihr hochzuhelfen. Roni rollt mit den Augen.
«Das gibt einen blauen Fleck», schimpft sie und rappelt sich allein auf.
«Sollen wir machen eine Pause?», fragt James vorsichtig.
«Nein!», schreien wir beide.
Wenigstens darüber sind wir uns einig.
Doch auch unsere nächsten Versuche scheitern – an meinen Füßen. Wahrscheinlich schiebt Roni ihre absichtlich unter meine. Als ich sie mit meinem Verdacht konfrontiere, streitet sie natürlich alles ab.
Nach einer Stunde Rempeln-und-auf-die-FüßeTreten ist die Stimmung so aggressiv wie im Finale eines Karate-Turniers.
Ein weiteres Mal stellen Roni und ich uns voreinander auf. «Die Ellebogen hoch», höre ich James’ Stimme. Das hat mein Karatetrainer auch immer zu mir gesagt. In der nächsten Runde konzentriere ich mich auf meine Deckung, vergesse die Füße und trampele Roni mit der Hacke auf den Spann. «Aua!», ruft sie empört, lässt mich los und funkelt mich an. Dann geht sie einen halben Meter zurück und springt mir voll auf den Fuß.
«So!», sagt sie dabei. «Jetzt weißt du, wie sich das immer anfühlt.»
«Heyheyhey», ruft James.
«Sie hat mich getreten», maule ich. «Unterhalb der Gürtellinie.» Roni starrt mich wütend an.
«Christoph hat sich damals nicht so blöd angestellt!»
Das ist wohl der schlechteste Augenblick, ihren Exfreund zu erwähnen. Aber Roni ist anscheinend mal wieder nach Kämpfen zumute, sie hat die Hände zu Fäusten geballt. Ihre Schultern beben.
«Toller Tanzkurs», beschwere ich mich bei meinem Lehrer. «Vielen Dank, hey!»
James geht resigniert in Richtung Stereoanlage, die Hände tief in die Taschen der Röhrenjeans versenkt.
«Vielleicht wir machen Schluss für heute», schlägt er vor.
Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich sein Fuß im Kabel verheddert, James stolpert, will mit den Händen Halt suchen – doch er bekommt sie nicht aus den engen Hosentaschen heraus. Mit einem lauten Knall schlägt er kopfüber aufs Parkett.
«Fuck», rufen Roni und ich gleichzeitig. Wir stürzen zu ihm, drehen ihn auf den Rücken, ziehen seine Hände aus den Taschen. Auf seiner Stirn zeichnet sich ein dicker roter Fleck ab, der sich langsam nach außen beult.
«James?» Roni schüttelt ihn.
Keine Reaktion.
«Du musst ihn beatmen.»
«Mach du das lieber, du bist eine Frau.»
«Er steht auf Männer.»
Ich hole tief Luft, beuge mich herunter, drücke meine Lippen auf die von James und puste eine volle Ladung Luft in ihn hinein. Sein schmaler Brustkorb dehnt sich etwas, sonst keine Reaktion. Ich richte mich auf und atme nochmal tief ein. Meine Lippen auf seinen, egal, hier geht es um das Leben meines Freundes. James schlägt die Augen auf.
«Waschtl? Shit, what are you doing?»
«Du bist hingefallen.»
«Und dann du versuchst, mich zu vergewaltigen?»
Roni kommt mit einem Geschirrtuch voller Eiswürfel aus der Küche zurück und drückt es ihm auf die Stirn.
«Deine Freund hat versucht, mich zu fummeln.»
Roni schaut mich erstaunt an und schüttelt den Kopf.
«Also manchmal frage ich mich echt …»
«Was?», entgegne ich gereizt. Roni winkt ab.
Als er sich wieder berappelt hat, möchte James den Tanzkurs fortsetzen, aber für mein Gefühl hat es heute schon genug Verletzte gegeben.
Zu Hause stelle ich Roni zur Rede. Ich bin immer noch sauer, weil sie behauptet hat, ihr Ex könne besser tanzen als ich. Doch anstatt sich zu entschuldigen, schlägt sie sich mit der Hand an die Stirn.
«Den habe ich ja voll vergessen!»
Endlich mal eine gute Nachricht. Leider kommt auch noch eine schlechte: Christoph hat uns eingeladen – in eine Karaoke-Bar um die Ecke, die ein gemeinsamer Bekannter neu eröffnet hat. Lauter alte Freunde werden da sein, die Roni und er schon «jahrelang nicht mehr gesehen» haben. Und Roni will unbedingt
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