Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
hin.
«Ist doch lustig, da können wir alte Kuschelrock-Songs singen, und du kannst dich mal locker machen. Du weißt doch: Alte Lieder rosten nicht!»
Ich ziehe schweigend meine Schuhe aus. Wenn es eines gibt, was ich noch schlechter kann als tanzen, dann ist es singen.
ZEFIX!
(hochdeutsch: Verdammt!)
Nicht, dass ich eifersüchtig auf Ronis Exfreund wäre, aber ich muss den Typen unbedingt loswerden. Deshalb sitze ich mit den Jungs beim Bier im Isarstüberl und überlege, wie wir Chris Nepal zurück zum Mount Everest schicken können.
Ja, ich weiß, das ist total mies. Und vielleicht ruiniere ich damit das Leben unschuldiger Waisenkinder. Doch wie soll ich sonst gegen so einen perfekten Typen ankommen? Wenn Christoph jetzt auch noch zum Karaoke-Helden Münchens avanciert, ist es bestimmt nur noch eine Frage der Zeit, bis Roni seinem Charme erliegt.
James, der seinen Kopfverband unter einem grünen Trachtenhut versteckt, erzählt, er habe einen Spezl beim Zoll, der könnte mal einen Blick auf die Pakete aus Nepal werfen.
«I mean, that’s shitty, Waschtl, but in die Liebe es gibt keine Regel», meint er und streicht gedankenverloren über seine Stirn. Dabei schaut er so verwundet drein wie das letzte Einhorn.
«Okay. Aber lass mich noch eine Nacht darüber schlafen. Wegen der Waisenkinder. Und der Moral.»
Jan trinkt einen Schluck Helles und schaut Jochen an.
«Apropos Ex. Ich habe gehört, du arbeitest mit der Bea.»
«Korrekt», sagt Jochen und grinst. «Aber das ist mehr Vergnügen als Arbeit.»
«I hob aa moi wos mit dea ghobt», sagt Urs. Seine Stimme klingt gereizt.
«München ist halt ein Dorf», seufze ich und lege ihm sicherheitshalber die Hand auf die Schulter. «Ach wäre doch nur jeder Exfreund so verständnisvoll wie du.»
«Die is ganz a scheens Luder!», brummt Urs.
Ich schaue Jochen an, aber der grinst. «Das mag ich so an ihr.»
«I hob die aa gmocht. Und oan Dog, da komm i hoam, doa liagt die in da Kistn mit da Heifte von mei’ Fußballverein, die Britschn.»
Anscheinend ist Urs echt auf Stunk aus. Ich muss intervenieren: «Ach, die alten Geschichten. Darüber regt sich doch heute niemand mehr auf.»
Urs leert sein Bier in einem Zug und bestellt per Handzeichen ein neues. James schaltet sich ein: «Ich glaube, von dieser Bea habe ich auch schon mal gehört. Die hat versucht, einen Exfreund von mir zu verführen.»
«Jo, wen wundert’s?»
Jetzt knallt Jochen sein leeres Glas auf den Tisch und stemmt sich von der Tischplatte hoch. Er schaut Urs in die Augen. Der erhebt sich ebenfalls.
Ich stehe besser auch mal auf. «Leute, kommt mal wieder runter. Es ist doch wurscht, ob Urs schon mal mit Bea zusammen war.»
«Oder ich», ergänzt Jan und schaut verlegen. «Vor Nunja.»
Ich ignoriere den letzten Einwand.
«Wichtig ist doch nur, was jetzt ist. Und jetzt ist Jochen mit Bea zusammen. Lasst doch die Vergangenheit ruhen. Eifersucht schadet nur.»
Die beiden zögern. Ich lege nach: «Das ist doch Jahre her. Stellt euch vor, Roni hätte damals …» Mist, falsche Richtung. Ich beiße mir auf die Lippen und setze mich wieder hin.
Jochen und Urs schauen mich vielsagend an. Dann breitet Jochen die Arme aus. «Alter, lass dir von dem verwirrten Typen nichts einreden. Wir beide haben etwas gemeinsam, das uns keiner nehmen kann: eine Frau, die uns verrückt macht. Du hast es hinter dir, ich stecke noch drin.» Er räuspert sich. «In der Beziehung, meine ich.»
Ich erhebe mein Glas. «Auf gemeinsame Freundinnen!» Und weil das ein schöner Trinkspruch ist, heben auch die anderen Gäste im Isarstüberl ihre Gläser und prosten uns zu. «Auf gemeinsame Freundinnen.»
Jetzt zieht doch ein kleines Fragezeichen über Jochens Gesicht. «Haben die etwa alle …?»
Urs tätschelt ihm die Schulter. «Frogst liaba ned.»
Jochen nickt. «Jetzt weiß ich auch, warum die so gut organisieren kann.»
Nach dem dritten Bier frage ich Jan, warum er Nunja eigentlich nicht heiraten will.
«Ich will schon», antwortet er bitter. «Aber sie will nicht.»
Verdammt, da bin ich offenbar in ein Fettnäpfchen getreten.
«Sei froh», versuche ich ihn zu beschwichtigen. «So kommst du wenigstens um den Tanzkurs herum.»
James grinst gequält und zieht den Hut tiefer in die Stirn. «No worries, Waschtl. You’ve got the beat im Blut.»
Als ich später an der Bar zahle, sehe ich dort Arni sitzen – ganz allein, wie einer, der kein Zuhause hat oder eines, in das er nicht zurückwill.
«Servus, Arni»,
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