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Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Titel: Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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sage ich.
    «Servus.»
    «Na, wie läuft’s bei euch beiden?»
    «Ja mei. Oiwei erschreckts mi mit eahna bledn Pfeifn. Hia hob i aweng mei Ruah. Alloa is immer no am scheensten», philosophiert er bierselig.
    «Habt ihr mal über eine Paartherapie nachgedacht? Mein Vater macht so was.»
    «Und huift’s eahm?»
    «Er lässt sich scheiden.»
    Arni schüttelt den Kopf. «Naaa, so was moch ma ned.» Er starrt in sein Glas. «Scho wega da scheena Wohnung.»
    «Arni, Entschuldigung, das ist ein Schmarrn! Ihr beide passt total gut zusammen. Nicht nur, weil ihr fast die gleiche Frisur habt. Ihr müsst euch halt mal ein bisschen in den anderen hereinversetzen, euch umeinander kümmern. Du musst ihr sagen, dass du ihre Pfeife hasst. Und sie …»
    «Sie wui schnackseln!»
    «Ja, mein Gott, dann macht das doch einfach mal wieder. Du hast die Walli doch mal geliebt! Sie war die schönste Frau im Dorf. Und du hast sie geschossen. Erinnere dich mal an das Gefühl.»
    «Jo, oba die Scheenste is se nimma.»
    «Na, du warst früher bestimmt auch knackiger. Darum geht es doch in der Ehe: in guten wie in schlechten Zeiten. Und bei euch im Bett ist es sicher allemal besser als hier allein an der Theke.»
    Arni überlegt. Mir fällt kein Argument mehr ein.
    «Ja mei», brummt er und trinkt aus. «Gemma hoam.»
    Hundert Meter vor unserem Haus sehe ich einen verdächtigen Typen mit tief ins Gesicht gezogenem Hut. Er schlurft die zwei Treppenstufen zum Klingelbrett hinauf, zögert, kehrt um auf die Straße, gestikuliert in einsamer Zwiesprache und nimmt einen neuen Anlauf, der wieder scheitert. Auch wenn ich schon ein paar Helle getrunken habe und es dunkel ist, kapiere ich natürlich sofort, was da vor sich geht: Christoph belagert unser Refugium, und Roni verteidigt es über die Gegensprechanlage. Diesmal hat der Kerl sogar einen Koffer dabei! Wahrscheinlich will er Roni zur Flucht überreden.
    Aber nicht mit mir, Freundchen – und auch nicht mit meinem Vermieter. Ich bedeute Arni, stehen zu bleiben.
    «Siehst du den Kerl da?»
    «Freili, i bin bsuffa, ned blind!»
    «Das ist Ronis Exfreund, der will als Untermieter bei uns einziehen. Ich habe ihm gesagt, das verstößt gegen die Hausordnung; aber schau, er hat sogar einen Koffer mitgebracht.»
    «Dea rüttelt schein’s gwaltig am Watschenbaum.»
    «Sozusagen.»
    «Des Baggl Fotzn is glei aufgrissn.»
    Arni krempelt die Ärmel hoch, ich strecke die Brust raus, wir marschieren schneller. Der Kerl bemerkt uns erst, als wir direkt vor ihm stehen. «Oh!», sagt er.
    Arni stößt ihn zur Begrüßung vor die Brust. Der Mann taumelt, fängt sich erst kurz vor dem Boden. «Gewalt ist keine Lösung», japst er kurzatmig.
    Jetzt bin ich dran. Vom Bier enthemmt, schnippe ich ihm provokant den Hut vom Kopf. Das ist nicht Christoph.
    «Papa?»
    «Hallo, Butzi. Bitte verklopp mich nicht. Das kann zu Traumata führen – auf beiden Seiten.»
    «Was machst du denn hier?»
    «Äh, ich, also, weißt du, zu Hause bei deiner Mutter … da habe ich es einfach nicht mehr ausgehalten.»
    «Jo, des kenn i!», brummt Arni, hebt den Hut auf und stülpt ihn meinem Vater über das schüttere Haupt. «Nix fia unguad.» Er schüttelt ihm die Hand. «Wennst hia oaziagst, loss die ned von moana Oiden dawischen. Habe die Ehre.» Er macht auf dem Absatz kehrt und stapft zurück in die Kneipe.
    Dass Kinder nach Trennungen wieder bei ihren Eltern einziehen, habe ich ja schon mal gehört. Aber dass Eltern nach der Trennung bei ihren Kindern vor der Tür stehen, ist mir neu.
    Im Licht der Hauslampe sehe ich, dass mein Vater geweint hat. «Ich wusste nicht mehr, wohin», flüstert er mit leiser Stimme. Meine Kehle schnürt sich zu.
    «Aber Papa, ich bin doch immer für dich da», murmele ich und nehme ihn in den Arm, als wäre er mein Sohn. So nah waren wir uns lange nicht mehr. Zum Glück geht das automatische Licht aus und taucht diesen langen Vater-Sohn-Moment in schützende Dunkelheit.
    Später in der Wohnung kommt Roni in den Genuss eines noch etwas längeren Vater-Schwiegertochter-Moments. Als ich ihr eröffne, dass ihr zukünftiger Schwiegervater mit Scheidungsdepressionen auf unbestimmte Zeit zu uns ins Liebesnest ziehen will, zeigt sie ein mir völlig neues Lächeln, das tatsächlich einem Gedankenstrich ähnelt. Okay, wir hatten uns darauf geeinigt, erst mal keine weiteren Mitbewohner aufzunehmen, aber meinen Vater kann ich ja schlecht vor die Tür setzen.
    In der Küche trinken wir drei noch drei Bier, dann

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