Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
meinem Vater auf den nicht vorhandenen Bauch. «Gwampert bist zwoa ned – oba wennst die Tracht vom Fonse trogn wuist, miassma dia hoit a Polster unders Hemd stecka.»
«Aber er kann doch gar nicht Tuba spielen», gebe ich zu bedenken. Noch eine Zurückweisung hält mein Vater nicht aus.
«Ah geh!» Knoll winkt ab. «Ma soi se need gloana macha, ois ma groß is.»
Er legt meinem Vater eine Hand auf die Schulter und erklärt, wer ein echter Musiker sei und Kontrabass spiele, der habe auch kein Problem mit der Tuba: Beide sind schwere Instrumente, die im richtigen Moment Akzente setzen und so den Takt und die Melodie angeben. Genau wie Knoll.
Ich wundere mich schon ein bisschen über dessen plötzlichen Sinneswandel, aber ganz gleich, ob Regina oder der Musikantenmangel dahinterstecken – Hauptsache, mein Vater hat wieder eine Aufgabe. Außerdem kann er tatsächlich so gut wie jedes Instrument spielen.
«Bei die oiden Ohawaschln is aa ned so wuid, wennst bloß jen zwoatn Don triffst», meint Knoll.
Vorhin haben die beiden schon stundenlang Märsche aus New Orleans gehört, jetzt stehen sie mit einem Bier in der Hand in Reginas Garten am Grill. Mein Vater spielt mit geblähten Backen den Bass, beziehungsweise die Tuba: «Bomm-Bomm, Bomm-Bomm, Bomm-Bomm.» Knoll setzt mit voller Puste die Trompeten-Akzente: «Bammbammbamm, bamm, bammbammmbamm …»
Es tut gut zu sehen, dass mein Vater sich mal wieder locker macht. Offenbar hat er Nachhilfeunterricht in Sachen Bairisch bekommen, denn ich habe Knoll schon länger nicht mehr die Stirn runzeln sehen. Als ein Steak Feuer fängt, löscht der es mit seinem Bier, dabei kriegt auch die Hose meines Vaters einen Schwall ab.
«Obbala», meint Knoll.
Mein Vater zuckt mit den Achseln. «Ja mei.»
Knoll nickt. «Korrekt.»
«Siekst», sagt mein Vater. «Jetzat.»
Daraufhin hält Knoll ihm die offene Packung Zigaretten hin, mein Vater nimmt sich eine.
Da die beiden offensichtlich allein klarkommen, drängt Roni zum Aufbruch; schließlich müssen wir weiter, um nach Hochzeitssälen Ausschau zu halten. Als ich meinem Vater seine Jacke bringen will, winkt Knoll ab.
«Na, die hängst schee wieda hi. Da Schorschi bleibt hia. Mia hom moagn a Musi.» Mein Vater grinst und nickt.
Schorschi, alles klar, jetzt hat er einen bayerischen Ehrennamen bekommen. Das läuft hier wie bei den Indianern: Wenn er sich als guter Spezl bewährt, ist er eingebürgert. Seine erste Mutprobe soll im Dumblinger Altersheim stattfinden. Der «Ouherr» eines Spezls von Knoll hat Geburtstag, da könne Die Obrigkeit schlecht ohne Tubaspieler aufkreuzen, meint Knoll. Der an Herpes erkrankte Fonse will später, sobald er ein neues Mundstück besorgt hat, sein Instrument vorbeibringen, dann wollen die Herren «a bisserl aufspuin».
Für mich klingt die Aktion nach einem absehbaren Fiasko, aber ich will kein Spielverderber sein. «Das wird bestimmt grübig», hoffe ich. Als ich «grübig» sage, zucken unsere Väter im Takt zusammen. Der Schorschi ist offenbar bayerischer, als ich dachte.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiede ich mich von ihm. Aus eigener Erfahrung weiß ich, was passieren kann, wenn man sich länger in der Nähe von Knoll aufhält: Danach ist man nicht mehr der Alte. Aber das ist ja manchmal auch nicht verkehrt.
BAGGMA’S 2 – UND BASTA
(hochdeutsch: Packen wir es an 2 – und Schluss)
Das war es also. Wir werden in diesem Jahr nicht mehr heiraten. Der Wille war da, die Location nicht. Die Mühle mit den weißen Tauben war perfekt, aber da bekommen wir keinen Termin mehr. Das Ausflugslokal an der Isar wird von Floßfahrt-Hooligans belagert, das Schulungsgebäude der Arbeiterwohlfahrt müsste mal überarbeitet werden, und im pittoresken französischen Restaurant sind leider auch die Portionen echte Kleinode.
Vielleicht sieht es ja nächstes Jahr besser aus. Vielleicht ist es aber auch Schicksal, und wir sind dazu bestimmt, unser Leben in wilder Ehe zu fristen.
«Und deine Familie?», fragt Roni enttäuscht.
«Die wird das schon verstehen. Wir heiraten ja nur ein Mal, da soll auch alles perfekt sein.»
Mit hängenden Köpfen fahren wir nach Dumbling, um von unserer Niederlage zu berichten. Außerdem müssen wir meinem Vater noch seinen Koffer vorbeibringen.
Unsere Eltern sitzen schon wieder um den Grill und feiern das gelungene Tuba-Debüt «vom Schorschi». Wenn ich mir so ansehe, wie viel Fleisch da auf dem Rost liegt, arbeiten sie schon daran, meinen Vater
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