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Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Titel: Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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das Problem hat sich ja nun von selbst erledigt. Roni scheint meine Gedanken zu lesen.
    «Um das Kleid mache ich mir keine Sorgen, da fahre ich einfach mit Nunja ins Outlet-Center. Zuerst einmal müssen wir Christoph aufmuntern», meint sie. «Wollt ihr beide nicht mal zusammen ausgehen? Ein bisschen Ablenkung würde ihm bestimmt guttun.»
    «Klar», lüge ich. «Das mache ich doch gern.»
    Als Roni und ich zurück ins Wohnzimmer kommen, sitzt Christoph mit gekreuzten Beinen auf meinem Platz. Er hält die Augen geschlossen, bebt vor innerer Anspannung. Nur um sicherzugehen, dass seine Augen auch wirklich zu sind, schlage ich mit der Hand bis knapp vor sein Gesicht. Keine Reaktion. Hinter den Lidern flattern seine Augäpfel von links nach rechts. Seine Lippen zucken.
    Gerade als ich nochmal zuhauen will, um ganz sicher zu sein, schlägt Christoph die Augen auf. «Etwas Großes wird geschehen», flüstert er in Trance. «Der Event des Jahrhunderts.»
    «Er ist durchgedreht», erkennt Roni endlich. «Aber immerhin denkt er noch an unsere Hochzeit. Wie süß.»

PFEILGRAD
    (hochdeutsch: Unvermittelt)
    Leider habe ich es in den vergangenen Tagen nicht geschafft, Christoph von seinem Unglück abzulenken. Obwohl ich erstaunlich gute Laune habe, konnte ich ihn nicht damit anstecken. Roni meint, ich hätte mich vielleicht nicht genug angestrengt, aber einerseits ist Christoph hier der Gutmensch, und andererseits sind wir, also Roni und ich, schwer mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt. Gerade kommen wir aus einem Geschäft zurück, in dem wir uns Hussen geliehen haben. Das ist keine Abkürzung für russische Husaren, sondern für weiße Laken, unter denen man hässliche Stühle und Tische verstecken kann. Warum wir diese Hussen unbedingt zu zweit abholen mussten, weiß ich nicht, aber Roni hat darauf bestanden, und ich hatte keine Lust zu diskutieren.
    Als ich das Auto zurück in die Tiefgarage lenke, springt ein Typ mit Skimaske hinter einer Betonsäule hervor. Was geht denn hier ab? Blut schießt in meine Muskeln, mein Atem geht schneller, die Knie werden weich, meine Hände umklammern das Lenkrad. Ich drücke den Knopf auf der Fahrerseite herunter. Der Typ da draußen hält etwas in der Hand, was aussieht wie ein Schlafsack, er holt aus und wirft ihn über die Windschutzscheibe. Es wird dunkel im Auto.
    Ich höre Roni kreischen und sehe durch das Seitenfenster einen zweiten Kerl hinter einer Säule hervorschlendern. Er trägt einen Schlapphut, dazu eine große Sonnenbrille, die sein Gesicht verdeckt. Bestimmt steckt Christoph dahinter. Weil er Roni nicht kriegen kann, will er sie jetzt entführen.
    Geistesgegenwärtig beuge ich mich zu ihr hinüber und drücke auch auf ihrer Seite den Knopf herunter. Der erste Gangster macht sich jetzt an der Tür hinter mir zu schaffen, der andere steht an der Beifahrerseite und breitet fragend die Arme aus. Wird das hier eine Stümper-Entführung?
    Leider kann ich immer noch nichts durch die Windschutzscheibe sehen. Egal, ich gebe Gas. Der Wagen heult auf, bleibt aber stehen. Leerlauf. Roni hat ausgekuppelt. Und den Knopf auf ihrer Seite hochgezogen. Sie steckt mit denen unter einer Decke! Jetzt hat der erste Gangster die Tür hinter mir geöffnet, greift zur Fahrertür und reißt sie auf. Ich will Roni festhalten, doch sie springt aus dem Wagen. Der Typ mit der Strumpfmaske beugt sich zu mir herunter.
    «Das ist eine Entführung, Cousin.»
    Der mit dem Schlapphut hat jetzt auf dem Beifahrersitz Platz genommen. «Servus, Waschtl», sagt er.
    Roni grinst. Die Gangster grinsen. Der Groschen fällt.
    Urs setzt die Sonnenbrille ab und sagt: «Do geihst na hinten und lasst an Mike fahrn. Is sichra!»
    «Und schneller!», ergänzt Mike.
    Roni steht neben der Tür und ich neben mir. Sie küsst mich auf den Mund. «Viel Spaß bei deinem Junggesellenabschied.»
    Urs drückt mir ein Bier in die zum Winken ausgestreckte Hand, und wir starten mit quietschenden Reifen in den letzten wilden Tag meines Lebens.
    Zehn Minuten später halten wir vor einem unscheinbaren Wohnhaus, in dessen Fenster ein rotes Herz blinkt, obwohl noch gar nicht Weihnachten ist.
    «So, Cousin, jetzt geh’n wir erst mal in’ Puff.»
    «Aber du hast doch gesagt, so was würdest du nicht machen?»
    «Habe ich das?»
    Urs öffnet die Tür und schubst mich raus. Als ich auf der Straße stehe, fahren die beiden weg. Nach hundert Metern bremsen sie und hupen. Urs macht die Tür auf. Die beiden lachen sich schief – wie die

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