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Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Titel: Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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ja eh nicht, dass wir uns zu sehr einmischen», entgegnet Regina schnippisch.
    Mein Vater steht schon im Flur, um meine Mutter anzurufen. Ich schnappe ein paar Gesprächsfetzen im Vorbeigehen auf: «Genau, Texas … mit Ronis Eltern … einfach mal raus aus Tiefenwalde … jetzt oder nie, Baby … Ja, ich habe dich Baby genannt.»
    Es folgt eine Phase stummen Nickens. Dann legt mein Vater auf und seufzt.
    «Sie will nicht mitkommen.»
    «Ja mei», meint Knoll und macht ihm noch ein Bier auf. «Des baggma scho aloa, Schorschi.»

’S KIMMT, WIE’S KIMMT
    (hochdeutsch: Damit haben wir jetzt nicht gerechnet)
    Eigentlich könnten wir zufrieden sein: Wir haben den Hochzeitssaal gebucht, den Priester bestellt, und der Rivale ist auch in die Schranken gewiesen. Der Großteil unserer Eltern ist weit weg in Texas, und selbst die Hochzeitsringe waren einfacher zu besorgen als gedacht. Knoll hatte mir noch eingebläut, ich solle den Verkäufer nach «Fangeisen» fragen, das käme einheimischer rüber. Aber bevor ich meinen Spruch loswerden konnte, sagte Roni zu dem Juwelier: «Ich brauche einen Ring, ihn zu knechten.»
    Da schon der Verlobungsring extravagant ist und Roni später beide Ringe an einem Finger tragen will, entschieden wir uns für das klassische Modell aus Weißgold. Traditionsgemäß müsste ich sie meinem Trauzeugen zur Verwahrung überreichen, aber einerseits ist Jochen kein Typ, dem man einfach so einen wertvollen Ring in die Hand drückt, und andererseits habe ich schon länger nichts mehr von ihm gehört. Das ist schlecht, denn auf die Einladungen hat sich bis jetzt kein einziger Gast zurückgemeldet. Eigentlich wollte sich ja Jochen darum kümmern.
    Ich bin die Unruhe selbst. Mittlerweile habe ich sogar schon Wahnvorstellungen. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause hat mich heute ein tiefer gelegter schwarzer Golf mit Rallye-Streifen überholt. Hinter den getönten Scheiben glaubte ich für eine Millisekunde Cousin Mike erkannt zu haben. Hoffentlich hatte er keinen Unfall, und das war sein Geist, der mich nun ewiglich auf der Autobahn heimsuchen wird. Es gibt schon genug Typen in meinem Leben, die ich nicht gebrauchen kann, finde ich und drücke aufs Gas, um schneller bei meiner zukünftigen Frau zu sein.
    Doch Christoph ist vor mir da. Gibt der Typ denn nie auf? Zum Glück fummelt er diesmal wenigstens nicht an Roni herum. Dafür fummelt Roni an ihm herum. Genauer gesagt: Sie hat ihren Arm um seine Schultern gelegt. Christoph sitzt auf der Couch, den Kopf in die Hände gestützt, und weint haltlos wie ein Kind. Als ich hereinkomme, sieht Roni mich hilfesuchend an.
    «Was ist denn passiert?», frage ich.
    «De-e-e-r Zo-o-o-oll», bringt Christoph zwischen zwei heftigen Schluchzern heraus.
    «Ach, du Scheiße», sage ich. «Den habe ich ja voll vergessen.»
    «I-hi-hi-ch a-ha-hauch.»
    Die Beamten haben die Container seines Kompagnons durchsucht, die Qualität von Christophs Kollektion erkannt und sie als hochwertig eingestuft. Jetzt ist alles beschlagnahmt und eine astronomische Strafgebühr fällig, weil irgendein findiger Beamter einen Chris-Nepal-Katalog im Internet gefunden hat. Christoph musste die Show absagen, Models und Assistenten entlassen.
    «I-hi-hi-ch ha-ha-ha-habe ni-hi-hicht mal die Flyer ve-he-herschickt. Da-ha-s i-hi-hist das E-e-ende.»
    Seltsamerweise fühle ich mich überhaupt nicht erleichtert. Eher besorgt. Um Roni. Nicht, dass ich ihr ein Helfersyndrom unterstellen möchte, aber wenn jemand traurig ist, nimmt sie ihn halt in den Arm.
    «Sieh es mal so: Du kannst endlich wieder nach Hause», versuche ich Christoph aufzumuntern. «Beim nächsten Mal klappt es bestimmt.»
    «I-ch b-in ru-i-niert», schluchzt er. «I-ch ha-be ni-cht ma-l me-hr Ge-ld für ei-n Flug-ti-cket.»
    Mist! Warum müssen eigentlich immer alle mit ihren Problemen bei uns auftauchen? Wahrscheinlich haben sie sich verabredet und wollen unsere Beziehung vor der Hochzeit auf die Zerreißprobe stellen. Jochen, okay – mein Vater, gut. Aber Christoph wüsste ich lieber nicht in Ronis Nähe.
    Sie bedeutet mir mit einem Kopfnicken in Richtung Küche, dass wir uns zurückziehen sollten, um Kriegsrat zu halten.
    «Was machen wir jetzt bloß?», will sie wissen.
    «Wir leihen ihm das Geld für seinen Rückflug.»
    «Wir wissen nicht mal, wovon wir die Hochzeit bezahlen sollen.»
    Stimmt. Mir fällt ein, dass ich auch lange nicht mehr darüber nachgedacht habe, woher ich die 10 000 Euro für Ronis Kleid nehmen soll. Aber

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