Jack Fleming 02 - Blutjagd
Hauspyjama aus Seide, der mir das klare Denken erschwerte. Beim Gehen erzeugten ihre Beine ein angenehm raschelndes Geräusch. Der Rhythmus hatte etwas Hypnotisches, und ich folgte ihr in ihr Wohnzimmer, wo wir uns auf dem Sofa zusammenrollten. Zumindest rollte sie sich zusammen – ich streckte die Beine aus und legte ihr den Arm um die Schultern.
»Was hat dich so lange aufgehalten?«, fragte sie.
»Charles brauchte heute Nacht etwas Unterstützung.«
»Was hat er angestellt, dich rücklings durch eine Schnapsbrennerei geschleift?« Sie schnupperte prüfend an meinen Haaren.
»So ungefähr. Eigentlich dachte ich, dass ich die Atmosphäre des Ladens bei meiner Rückverwandlung hinter mir gelassen hätte.«
»Rückverwandlung wovon?«
»Was meinst du damit?«
»Warst du eine Fledermaus oder ein Wolf?«
»Wovon redest du?«
Sie zog ein dickes Buch unter einem Kissen hervor und tippte mit einem langen Fingernagel auf den grellrot gedruckten Titel. »Hier steht ...«
Ich lachte los und schüttelte den Kopf. »Bobbi, du verrücktes Huhn, das nimmst du doch wohl nicht ernst.«
»Naja, es ist das einzige Buch über Vampire, das ich kenne.«
»Es gibt noch eine ganze Menge mehr, aber was darin steht, ist auch nicht unbedingt richtig. Weshalb liest du dieses Zeug? Du hast doch schon das Original in nächster Nähe.«
»Ich wollte mehr erfahren. Laut dem hier verwandelst du mich demnächst auch in so was.« Sie sagte es wie im Scherz, aber darunter erkannte ich echte Besorgnis. Sie erwartete eine Antwort.
Ich nahm das Buch auf und blätterte rasch die Seiten durch, bis ich die richtige Stelle fand. »Hier, lies diese Stelle und achte nicht auf die gruselige Sprache. Erst wenn wir das machen, hast du die Chance, irgendwann zu einer Vampirin zu werden.« Ich wartete, hatte den Arm um ihre Schultern gelegt und lauschte auf ihren Atem, während sie las. Schließlich senkte sie das Buch.
»Also, diese Szene war nicht im Film.«
»Zu erotisch.«
»Erotisch?«, fragte sie zweifelnd.
»Lass dich nicht von der Beschreibung abschrecken, ehe du es nicht ausprobiert hast.«
Sie sah mich nachdenklich an. »Wirst du das tun?«
»Nicht, wenn du nicht willst. Das ist deine Entscheidung.«
»Was würde geschehen?«
»Ein verflixt guter Höhepunkt für uns beide.«
»Und das ist alles? Nicht, dass an einem tollen Höhepunkt etwas falsch wäre«, ergänzte sie rasch.
»Freut mich zu hören.«
»Komm schon, Jack. Was noch?«
Unbewusst rieb ich mir jene bestimmte Stelle über dem Auge. »Okay, das hat etwas mit Vermehrung zu tun ...«
»Du meinst, ich könnte schwanger werden?« Die Möglichkeit erschreckte sie.
»Nein, ich meine, du könntest so werden wie ich. Wenn ich von dir trinke, ist das etwas anderes, aber wenn du etwas von meinem Blut nimmst, besteht die entfernte Möglichkeit, dass du nach deinem Tod so wirst wie ich.«
»Würde es mich umbringen?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Wie unwahrscheinlich ist diese Möglichkeit?«
»Ich weiß es nicht. Wie ich es verstanden habe, funktioniert es fast nie, weil fast alle dagegen immun sind. Das muss auch so sein, anderenfalls gäbe es noch andere von meiner Art.«
»Vielleicht gibt es sie, und du hast sie nur noch nicht erkannt. Weißt du, du siehst auch nicht gerade wie ein Vampir aus.«
»Jedenfalls nicht wie die aus Hollywood.«
»Ich meine, dass du nicht besonders auffällig bist.«
»Oh, vielen Dank auch.«
Sie gab mir einen Klaps auf die Schulter.
»Schon gut, okay, ich weiß, was du meinst.«
Sie kuschelte sich wieder ein.
»Diese Vermehrungssache ... lieben wir uns deshalb nicht auf die übliche Art und Weise?«
»Ja«, sagte ich knapp.
»Hey, jetzt schnapp nicht ein, ich hab' doch nur gefragt.«
»Ich weiß, Schatz.«
Ich versuchte mich zu entspannen, und bis zu einem gewissen Grad gelang mir das auch. Sie hatte einen wunden Nerv getroffen, aber das kam nicht ganz unerwartet. Um es mal zartfühlend auszudrücken war ich nicht mehr fruchtbar auf jene Art, die bei Männern im nahen Umgang mit Frauen üblich ist. Die Lustzentren und ihre Funktionsweise hatten sich drastisch verlagert. Seltsamerweise fühlte ich mich dadurch weder körperlich noch geistig betrogen; ich hatte bloß das Gefühl, dass mir eigentlich etwas fehlen sollte, oder dass Bobbi dadurch etwas versäumte. Dazu gab es eigentlich keinen Anlass: Bisher war unsere Beziehung für beide Seiten so befriedigend, wie man es sich nur wünschen konnte.
Sie kuschelte sich noch dichter
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