Jack Fleming 02 - Blutjagd
wieder zu erkennen, und wenn sie mit Bobbi sprach, klang sie weich und freundlich und ihre Sätze waren reich mit Koseworten garniert.
»Du musst den Ton noch etwas länger halten, Kleines. Zähle eins, zwei, drei, dann beginnen wir gemeinsam mit der nächsten Phrase ...«
Ich klopfte, und eine Sekunde später öffnete Bobbi die Tür.
Sie sah die Blumen, und ihr Gesicht erstrahlte in einem Lächeln, das mich auf eine Rundreise zum Mond schickte. Sie nahm sie mit einer anmutigen Geste entgegen, und ihre Hände ruhten kurz auf meinen. »Irgendein besonderer Anlass?«, fragte sie.
»Mir war sentimental zu Mute.«
»Bin ich Schuld daran?«
»Daran und an vielen anderen Dingen.«
Sie nahm mich bei der Hand und zog mich ins Zimmer. Am Klavier zündete sich Marza gerade eine dünne schwarze Zigarre an. Ihre Haltung war steif und aufrecht, und sie trug eine weitere Katastrophe mit V-Ausschnitt, diesmal in Gelb. Ein deutlicher Gegensatz zu dem Morgenpyjama in Pinksatin, der sich um Bobbis wohlgerundete Formen schmiegte. Marza warf einen kurzen Blick in meine Richtung, ohne mir in die Augen zu sehen, und gab dann vor, das Notenblatt vor ihr zu studieren.
Auf dem Sofa lümmelte sich ihr Kommunistenfreund Madison Pruitt. Er sah zweifelnd auf; zwar hatte er einmal mein Gesicht gesehen, konnte es aber mit keinem Namen verbinden. In der Hand hielt er ein Sensationsblatt. Offenbar war er an einer Mordgeschichte interessiert, die die Polizei nicht zur Zufriedenheit des Redakteurs bearbeitete.
»Madison, du erinnerst dich noch an Jack Fleming von gestern Abend?«, soufflierte Bobbi.
»Sicher«, erwiderte er immer noch unsicher. Bei der Party hatte er zu viel damit zu tun gehabt, Marza mit Politik zu überschütten, um mitzukriegen, wie wir einander vorgestellt wurden. Leider tat er das heute nicht, und ich war keinesfalls erpicht darauf, mich mit einem Eiferer in eine Unterhaltung zu verstricken.
»Ich denke, wir sollten eine Pause einlegen«, sagte Marza, ohne von ihrem Musikblatt aufzusehen. »Meine Konzentration ist zum Teufel. Setzt du Kaffee auf, Bobbi?«
Bobbi folgte der subtilen Aufforderung, und ich bot ihr meine Hilfe an. So hatten wir in der Küche eine Art Privatsphäre. Die Küche war klein, aber ordentlich; Bobbi kümmerte sich um den Kaffee, und ich stöberte nach etwas zur Beherbergung der Rosen. Ich fand einen Behälter, der wie eine Vase aussah, und füllte ihn mit Wasser.
»Hier, tu etwas Zucker hinein, dann halten sie länger. Was ist denn so komisch?«
»Marza. Ich muss entweder über sie lachen oder ihr eine kleben.«
»Das verdenke ich dir nicht, sie kann gelegentlich ein wenig anstrengend sein.«
»Ein wenig? Das ist, als behaupte man, dass der Lake Michigan ein wenig feucht sei.«
Sie unterdrückte ein Schmunzeln, und dann begrüßten wir einander, bis der Kaffee fertig war.
»Wir müssen die Tassen holen«, murmelte sie.
»Können wir das nicht noch ein paar Stunden weitermachen?«
»Dann wird der Kaffee kalt.«
»Ich will gar keinen.«
»Ja, ich vermute, du willst etwas ganz anderes.«
»Bobbi, du kannst hellsehen.«
»Nix da, ich hab nur Augen im Kopf. Man sieht es nämlich.«
Ich klappte den Mund zu und prüfte mit der Zungenspitze die Länge meiner Eckzähne. Bobbi kicherte und holte ein Tablett, Tassen und Untertassen hervor. Ich trug das Geschirr, während sie sich um die Kaffeekanne kümmerte.
Marza saß neben Pruitt auf dem Sofa und blickte auf. »Was habt ihr bloß gemacht – die Bohnen aus Brasilien geholt?«
»Aus Jamaika«, gab Bobbi munter zurück und füllte die Tassen.
Marza pirschte sich vorsichtig an ihren Kaffee heran, prüfte einen Tropfen auf der Zunge und beschloss ihn abkühlen zu lassen. Dagegen griff sich Pruitt seine Tasse und ließ die Untertasse auf dem Tablett stehen. Vermutlich hielt er Untertassen für einen überflüssigen Luxus der Bourgeoisie.
»Bobbi, wo sind deine Blumen?«, fragte Marza.
»Glatt vergessen. Bin gleich wieder da.« Sie schlüpfte in die Küche, kam jedoch nicht sofort zurück, sondern öffnete einen Wandschrank, klapperte mit Tellern und erzeugte weitere schwer definierbare Geräusche.
»Blumen, wie aufmerksam von Ihnen«, flötete Marza. »Sie wussten sicher, dass Bobbi gegen einige Sorten allergisch ist, oder etwa nicht?«
»Das geht vielen so«, sagte ich gleichmütig und lächelte mit geschlossenem Mund. Ich sprach ganz normal, aber riskierte es nicht, die Länge meiner Zähne zur Schau zu stellen.
»Geldverschwendung«,
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