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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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ausgesehen hätte, weil seine Kleidung immer nur an seinem Leibe trocknete. Er begann mich mit Musketenfeuergeschwindigkeit zu befragen, und nickte bei jeder Antwort eifrig, als schnippte er alles an seinen rechten Platz … Antworten, die ihm meinen Stand und Zustand, Lehre und Geschäft und meinen Namen erzählten – er zog bei »Holborn« die Augenbrauen hoch und ließ sie bei »Jack« wieder runter.
    »Holborn Jack?« (Ein höchst berüchtigter Halunke in jenen Tagen.)
    »Nein, Sir: Jack Holborn. Zu Ehren des Kirchspiels.«
    Er fragte mich auch nach meinem Alter – aber da hatte er mich. Ich sagte »Vierzehn« und hoffte, es sei ein Alter, das ihm zusagte.
    Nach meinem Geisteszustand brauchte er nicht zu fragen, der prägte sich genügend in meinem Gesicht aus: Entsetzen. Das schien ihm zu gefallen, denn er meinte, die Dankbarkeit dafür, daß man mein Leben verschont hatte, würde mich so manche Arbeit tun lassen, die zu niedrig war für die, die lebten, aber dafür keinen Dank wußten.
    Zur Eröffnung mußte ich daher, obwohl die Nacht schon fast hereingebrochen war, erst einmal das Hauptdeck reinigen: denn, sagte der kleine Mann, von dem Blut drohe große Gefahr; jemand könne darauf ausrutschen und sich ein Bein brechen, oder schlimmeres …
    Ich schlief die Nacht in der Kombüse, dem einzigen Ort, wo man mich bewillkommnete. Denn dem Koch schien es lohnend, mich mit einem Happen Schweinefleisch und einem Becher abgestandenem Wasser am Leben zu halten. Er hatte gesehen, daß ich zum Schrubben Talent hatte, und es wäre schade, das durch einen frühen Tod einzubüßen.
    »Du bist schwach und mickrig, Junge«, sagte er. »Pobjoy wäre böse, wenn du uns hier einfach wegstirbst.«
    Irgendwie half mir dieser schlechte alte Mann – wahrscheinlich, weil er mich für meine Unverschämtheit, noch am Leben zu sein, nicht ermorden wollte – wesentlich, meine Geister wieder zu sammeln. Ich hielt ihn sogar für einen Freund …
    »Gott erhalte uns«, sagte ich. »Ich würde nichts dergleichen tun, um Mister Pobjoy zu ärgern! Schneiden Sie uns daher noch ein Stückchen Schweinefleisch runter!«
    »Nein, mein lieber Junge, du würdest ’s doch nur wieder rauskotzen. Und das wäre eine schlimme Verschwendung. Pobjoy kann Verschwendung nicht leiden.«
    Mr. Pobjoy verrecke! dachte ich, denn das kleine bißchen Fleisch, das in meinen Bauch gelangt war, war einsam und rief laut nach Gesellschaft. »Mr. Pobjoy ist ein sehr strenger Kapitän.«
    »Das wäre er auch«, stimmte der Koch zu, indem er sich den dreckigen Bart kratzte, »das wäre er auch – wenn er’s wäre. Aber sei gesegnet, guter Junge! Pobjoy ist der Koch! Pobjoy! Na?« Dann schüttelte er den Kopf: aber ich glaube, er war geschmeichelt, daß er umschweifig für den Kapitän gehalten worden war. Drum berichtigte er mich sehr nett und verträumt, als sei die Einrichtung dieser dunklen Welt etwas, worüber er schon lange nachgrübele …
    Obwohl es richtig und geziemend sei, daß ich Mister Pobjoy achten und zu ihm aufblicken solle, müßte ich doch hier und jetzt, bevor es zu spät sei, begreifen, daß der Kapitän etwas ganz anderes sei. Er und Mr. Pobjoy hatten nur eins gemeinsam: die Sterblichkeit, und selbst das war nicht so sicher … » Da hast du einen Mann! Nicht besonders groß, und doch beherbergt er einen Geist, der seine Flügel über uns breitet wie die eines gefallenen Engels. Es ist an ihm eine schlimme Rechtlichkeit, vor der man die Mütze zieht, wenn er vorbeigeht. Wir armen Seelen segeln alle außerhalb des Gesetzes, weil uns die Winde des Unheils treiben. Aber er geht mit einem Wind seiner eigenen Wahl. Und obwohl wir alle denselben Kurs segeln, sind seine Segel die einzigen, die getrimmt sind.«
    »Ich hätte ihn nie für einen besseren Mann gehalten als Sie, Mister Pobjoy.«
    »Was? Hast du ihn denn schon gesehen?«
    »Den kleinen Mann mit den grünen Breeches und einer schweren Hand.«
    »Segen über dich, mein lieber Junge. Das ist Mister Morris, der Segelmeister. Der Kapitän ist ein ganz anderer Mann.«
    Dann fragte er mich aus, was ich sonst von dem Schiff wüßte. Insbesondere fragte er mich nach dem Laderaum. (»Fässer, Mister Pobjoy, Sir – Fässer und Fässer!«) War es Gin, wollte er wissen, süßlich riechende Tonnen, gestapelt und verstaut? Kleine Glühwürmchen schienen ihm um die Triefaugen zu krabbeln, und törichter Weise versuchte ich, ihn zu erfreuen. »Aye, Mister Pobjoy, da unten ist Gin – ja, gewiß, süßlich

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