Jack Holborn
dreimal – wie’s mit der Wache abgesprochen war –‹.« Hier ahmte er Mr. Taplow so geschickt nach, daß niemand darauf hätte schwören, es aber auch niemand hätte überhören können. »Du siehst also, daß es kein so schlechter Handel ist.«
»Und wenn ich’s tue?« Meine Hoffnungen kriegten Flügel, als er es so leicht erscheinen ließ. (Er konnte mir in diesem Augenblick alles leicht erscheinen lassen. Ich war Feuer, ich war Licht, ich war der Wind!)
»Bei der dritten Rettung, Jack – ›Holborn‹ fürs erste noch, wie? – bei der dritten Rettung erzähle ich dir, wer du wirklich bist. Aber – aber rechne es mir nicht an, wenn du nicht zufrieden bist, hörst du, Junge?«
Er war auf den Beinen und schon halbwegs die Treppe hoch, als ich merkte, daß ich ihm nachrannte und ihm wild nachschrie »Ein Versprechen? Ein Versprechen?«
»Gott schütze uns vor kleinen Jungen! Was für eine Pest sie sind! Mister Morris! Kommen Sie schnell und befreien Sie mich von Jack. Der plagt mich noch zu Tode, das schwöre ich.«
Der energische kleine Segelmeister erschien, wie gewöhnlich, aus dem Nichts.
»Mister Morris, sehen Sie zu, daß der Junge zu viel zu tun hat, um mich zu belästigen. Wir würden alle unseren Verstand verlieren, wenn die Kinder könnten, wie sie möchten.«
So hatte ich ihn also endlich kennengelernt. Und wie kennengelernt! In einem Augenblick hatte er mir gegeben, was mir alle meine dreizehn Jahre vorenthalten hatten: ein Ziel, Hoffnung, fast Gewißheit! Wie solch ein Mann zur Kenntnis meines Geheimnisses gelangt war, wagte ich nicht zu ahnen. Aber er kannte es. Daran war nicht zu zweifeln. Etwa durch übernatürliche Mittel? Ich hatte bis dahin nie an derartige Dinge geglaubt – aber dann hatte ich es auch nicht nötig gehabt. Vielleicht hatte Mister Pobjoy recht? Vielleicht war er wirklich eine Art Teufel? Aber eine sehr artige Art. Ich war nicht in der Stimmung, über Theologie zu debattieren. Worauf es einzig ankam: daß ein lebendiger Mann mein lebenswichtiges Geheimnis besaß, daß dieser Mann jetzt hier war, daß dieser Mann in Fairness das und das von mir als Gegenleistung verlangt hatte – und ich zugestimmt hatte. Das Ergebnis? Eines Tages würde ich wissen, wer ich war. Dafür sollte ich über ihn wachen, sollte ihm meine Augen leihen, meine Ohren, meine Sinne, ohne die er verloren sein könnte.
Eines schönen Morgens, drei oder vier Tage danach, sagte mir Mr. Pobjoy, daß wir noch in der Nacht einen Hafen erreichen würden. »Welchen Hafen?« fragte ich.
»Möchte ich das nicht auch gern wissen?« antwortete er und tröstete mich weiterhin mit: »Nicht Bristol, nicht Plymouth, nicht Southampton oder sonst ein Ort, wo ein Junge sich davonmachen und seine lieben Gefährten verpfeifen würde für den lausigen Lohn von einer Guinea.« Nein: es war ein ruhigeres Plätzchen, eine kleine Bucht, die sich im buschigen Gelände der Küste öffnete, so klein, daß sie den vorbeifahrenden Schiffen entging, allen, bis auf ihre Freunde. Es war ein Ort, wo die Küstenwache übertölpelt werden konnte, und die nicht schliefen, zwinkerten sich vielleicht zu … Es war ein Ort mit einem Wirtshaus oder zwei, wo man durchaus bereit war, einem armen Seemann zu helfen, indem man ihm zwar die Taschen erleichterte, aber niemals Fragen stellte … Es war ein Ort des Kapitäns, sein besonderer Ort, zu dem er zu besonderen Zeiten des Jahres aus seinen eigenen besonderen Gründen kam. Und der Teufel wußte, welche Gründe das waren.
Ich kriegte diesen geheimen Ort zum erstenmal zu sehen, als die Sonne achtern auf Steuerbord unterging, das Hinterdeck ganz vergoldete und die Schatten von Masten und Segeln über das Vorschiff fegte. Dann umfuhren wir eine kurze Landzunge, und ich sah die kleine Bucht, genau wie sie Mister Pobjoy beschrieben hatte.
Eine halbe Meile vor der Küste warfen wir Anker, und die Besatzung der Pinasse machte sich bereit. Eine ganze Weile standen sie, schwarz wie Pfosten, am Bordrand, schwiegen und warteten. Deutlich konnte ich Geräusche aus der Kajüte des Kapitäns hören. Ich glaube, daß Mister Morris an diesem Abend bei ihm war: Mister Morris, der immer in seiner Nähe war …
»Und jetzt meinen Hut, Mann! Meinen Hut und Degen. Das wär’s. Das wär’s, wie?« (Ich stellte mir vor, daß er in den Spiegel sah und mit dem Bild zufrieden war.) »Ja, wahrhaftig, wie? Das – wär’s.«
Endlich kam er auf Deck und trug eine Blendlaterne. Er war mit einem langen
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