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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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wie wenig kaufen könnten, und sich die Ärmsten aussuchten, um sie am leichtesten zu betrügen.
    Wir aber mußten einen Herrn namens Ibram Fared ausfindig machen, der weder arm noch leicht zu betrügen war. Einen Mann von großer Bedeutung in N-. ohne den nicht einmal ein Kind verkauft werden konnte. Ein Mann, durch dessen schlanke braune Hände alles marktgängige Fleisch dieses Teils der Küste zu gehen pflegte. Ein Mann, dessen Auge schärfer war als das eines jeden Arztes in der Beurteilung von Gesundheit und Kraft und Lebenserwartung, die er bis auf den Schilling genau berechnete.
    Wenn ein Sklave wußte, daß Mister Fared ihn für einen halben Schilling verkauft hatte, dann starb er noch in derselben Woche, denn er wußte, daß ihm Mister Fared ins Herz gesehen und erkannt hatte, daß es über den oder jenen Tag hinaus nicht schlagen würde. So starb er denn. Niemand betrog Mister Fared, nicht einmal in einer solchen Kleinigkeit.
    Von Mister Fared mußten wir also Lord Sheringham kaufen. Mister Trumpet seufzte und sah grimmig drein, wie ein Soldat, der sich zur Schlacht rüstet. Ich hatte jedoch mehr Hoffnung …

XVIII
    Mit Versteigerungen bin ich fertig. Ich gehe nie wieder zu einer, so lange ich lebe. Das ist mein Wunsch und Mister Trumpets entschiedener Rat. Er sagt, ich sei dafür nicht geschaffen. Eine Gefahr. Er sagt, ich verriete jede kleinste Unze Gefühl, von Angst bis platterdings zur Panik, daß mein Gesicht so lesbar sei wie ein Hauptbuch, mit Gewinn und Verlust in Rot und Weiß verzeichnet, und die Bilanzsumme stets in meinem unversiegelten Mund. Er sagt, er würde sich mit mir nie wieder in die Nähe einer Auktion trauen, es sei denn, ich steckte in einer Rüstung mit verschlossenem Visier. Und selbst dann hätte er seine Bedenken …
    Aber was habe ich falsch gemacht? An welchem Punkt hat das Unheil seinen Lauf begonnen? Ich habe ihm genau gefolgt, bis ich meinen Geistesblitz hatte. Aber da war es schon zu spät.
    Und es schien alles so gut zu gehen. Selbst Mister Trumpet hat gemeint, daß sich die Dinge gut entwickelten. Mister Fared, der furchteinflößende Mister Fared, erwies sich lediglich als ein zuvorkommender älterer Herr, sehr pedantisch in seiner Verhandlung. Die beiden Schiffskapitäne, die da waren, schienen durchaus einfache, durchaus ehrliche Burschen, und selbst Sir Joseph Downs (Teil-Eigner von Kapitän Farmers Schiff) schien gar kein so übler englischer Herr zu sein.
    Ich mache Mister Trumpet seine törichte Vereinbarung mit Sir Joseph zum Vorwurf. Darin lag die Katastrophe. Ich habe niemals den großen, dicken Männern mit lauten Stimmen und blondem Haar getraut. In ihrem Auftreten ist zu viel Befehl und zu wenig Autorität.
    Um zu verhindern, daß wir gegeneinander boten, sollte er für uns bieten. Das würde Geld sparen. Er wollte bieten. Er hatte eine laute Stimme und war an die Viehauktionen in Worcestershire gewöhnt. Er kannte sich aus. Ich sah Mister Trumpet nicken und dabei für sich den Entschluß fassen, ihm die Dinge aus den großen behaarten Händen zu nehmen, wenn etwas schiefgehen sollte. Und ich faßte denselben Entschluß.
    Nicht, daß Sir Joseph den verschrumpelten, traurig aussehenden weißen Mann haben wollte, der Lord Sheringham war, der große Richter. Es war wegen des Pygmäen. Der Pygmäe war noch mit ihm zusammengekettet. Sie waren ein Angebot. Mit Dreingabe. Einer wertvoll, der andere wertlos, je nachdem, was man sammelte – Richter oder Zwerge.
    Daher konnte Mister Fared nur gewinnen, und zwar von dem, der einen von ihnen wollte. Und der Käufer mußte für das bezahlen, was er nicht wollte. Niemand hätte beide wollen können.
    So war das zustande gekommen: die allzu kluge Vereinbarung von Mister Trumpet.
    Wir kamen früh zum Korral – bei weitem zu früh, denn in der Nacht war noch eine zweite Karawane gekommen und mit Öl abgerieben worden, um die schwarzen Männer glänzender und gesünder erscheinen zu lassen, als sie waren. Der Gestank war grauenhaft. Und das Öl lockte die Fliegen in schlimmen, fleckigen Wolken an.
    Da sie keine Pferde waren, hatten die Sklaven keine Schwänze, um die Quälgeister fortzuwedeln, daher wanden und drehten sie sich und schwenkten ihre mit schweren Ketten beladenen Arme, um sie zu verjagen. Sie sahen aus, als tanzten sie, aber es waren ihrer sechshundert auf nicht großem Raum; und ständig fielen sie durch die Ketten der Nachbarn und wurden wieder hochgerissen und jaulten vor jähem Schmerz.
    Unsere

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