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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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Geld! Wir brauchen Geld!«
    Also gingen wir Geld suchen, Mister Trumpet und ich Hand in Hand, denn bei Gott, ich hätte ihn an einem Ort wie dem unabhängigen Hafen N-. niemals losgelassen.
    Die furchtbare Armut machte selbst die zahllosen Kinder und die spärlichen Greise gefährlich in ihrer Verzweiflung. Dies war der unterste Abgrund der Welt, wo schwärende Füße auf pulsende Hälse traten, um daraus hervorzukriechen.
    In dem Schlamm, der zwischen den Hütten floß, gingen wir wie ein paar zerlumpte Motten auf jedes schimmernde Licht zu. Aber Lichter schienen solchen zu gehören, die nur reich genug waren, um ihre Armut zu beleuchten …
    Und durch diesen schrecklichen Ort flackerte dieselbe Hoffnung und leuchtete in so manchem gelblichen Auge, das vielleicht nur danach schmachtete, geschlossen zu werden. Denn hier hausten die Menschen in ihrem äußersten Tiefstand, lebten nach der Sekunde, starben jede Stunde und hingen für ihre Belebung ab von – Änderungen des Windes, zeitwidrigen Vögeln, einem Paar zerlumpter Fremder wie Mister Trumpet und mir … mit einem Wort, von allem, was der Gewohnheit zuwiderlief, denn die Gewohnheit war – Verzweiflung.
     
    »Mein Gott, Mister Trumpet, hier finden wir kein Geld.«
    Aber wir fanden welches. Hinter dem Hafenkai. Eine weiß gestrichene Holzhütte mit einer auf Stelzen stehenden Veranda ringsherum.
    Wir fanden Mister Thompson, einen schwarzen Mann, der zum Nutzen der betrunkenen Seeleute einen Laden betrieb, so daß sie ihr restliches Hab und Gut loswerden konnten: und zum Nutzen des schwarzen Königs von N-. der es sich manchmal in den glänzenden Schädel setzte, einer seiner zwölf schwarzen Frauen Brokatseide zu kaufen, die, wie er hörte, Mister Thompson gerade importiert hatte.
    Mister Thompsons vorquellende Augen hatten Seltsameres gesehen als uns, deshalb ließ er sich von unserem zerlumpten Zustand keinen Augenblick täuschen. Selbst als Mister Trumpet einen mittelgroßen Rubin vorzeigte, war er nicht überrascht. Mister Thompson war durch nichts zu überraschen; wenn der gesamte unabhängige Hafen N-. sich in Schwefeldampf und Rauch aufgelöst hätte, so wäre Mister Thompson nicht überrascht gewesen. Er lächelte über Mister Trumpets Rubin.
    »Zwanzig Pfund«, sagte er, »Sir.«
    »Er ist tausend wert!« rief Mister Trumpet ärgerlich aus.
    »In Lissabon, London vielleicht. Hier – zwanzig Pfund, Sir.«
    »Gibt es hier so viele Rubine, Mister Thompson? Wachsen sie an Ihren verwesenden Bäumen, daß sie so billig sind?«
    »Nein.«
    »Warum dann so wenig?«
    »Wenn Sie mehr kriegen können, bitte schön, Sir. Vielleicht gibt Ihnen ein Schiffskapitän fünfundzwanzig? Dreißig? Sogar fünfzig? Andererseits gebe ich Ihnen zwanzig und schlage Sie nicht über den Schädel. Das verspreche ich, Sir. Lassen Sie’s – oder nehmen Sie’s!«
    »Sie sind ein harter Mann, Mister Thompson«, seufzte Mister Trumpet mit halbem Lächeln. Mister Thompson schien seinem Geschäftssinn zuzusagen.
    »Ich hart? Aber, Sir! Nicht im mindesten! Sehen Sie –«. Er stach mit seinem fetten gepolsterten Finger in seinen Unterarm, wo er in das schwammige Fleisch einsank. »Weich wie Butter. Zwanzig Pfund, Sir!«
    Er hielt den Rubin gegen seine Lampe und bewunderte die schöne Farbe. Er sah Mister Trumpet anerkennend an. Dieser Herr brachte ihm keinen Schund.
    »Könnten wir uns Ware nehmen, Mister Thompson?«
    »Suchen Sie sich aus.«
    Also suchten wir aus: Kleidung. Keine sehr vornehme, denn Mister Thompsons Sortiment beschränkte sich auf sehr gebrauchte Sachen, die unglücklichen Seeleuten und beraubten Passagieren abgekauft waren und viele Zeichen schwankender Mahlzeiten auf See trugen.
    Aber wir kamen zu Rande, indem wir in Stapeln hinter dem Ladentisch wühlten, bei welcher Beschäftigung wir von Mister Thompson aus den Augenwinkeln beobachtet wurden. Mister Trumpet traf es besser als ich, denn er staffierte sich recht gut mit einer grauen Hose und einem grünen Leibrock aus, an dem noch die meisten vergoldeten Knöpfe vorhanden waren. Aber der »junge Herr« sah in Blau und Sahnegelb, das für einen Größeren angefertigt war, etwas merkwürdig aus.
    »Jetzt«, sagte Mister Trumpet schließlich, indem er sich in seiner neuen Eleganz aufrichtete, »wieviel für dies?«
    Er brachte einen kleinen Smaragd zum Vorschein. Mister Thompson sah kaum hin und sagte: »Zweihundert Guineas, Sir.«
    »Er ist aber weniger wert als der Rubin.«
    Mister Thompson zuckte die elefantinen

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