Jack McEvoy 01 - Der Poet
Anrufer mitteilte, dass seine digiShot Zoo eingetroffen sei und zur Abholung bereitläge, erfuhr Backus von der AT & T-Technikerin, dass der Anruf diesmal von einem Münztelefon an der Ecke Hollywood Boulevard und Las Palmas Street kam.
»Scheiße«, sagte Backus, nachdem er aufgelegt hatte. »Er ist in Hollywood. Und ich habe gerade sämtliche Leute von dort abgezogen.«
Er schickte die Teams zwar zu der Kreuzung in Hollywood, aber ich konnte seiner Stimme anhören, dass er sich kaum etwas davon versprach. Der Anrufer war vermutlich längst über alle Berge, ehe sie dort ankamen. Die einzige Chance bestand jetzt darin, ihn im Laden zu fassen. Falls er kam.
Thorson versuchte beiläufig, den Anrufer auf eine Zeit festzulegen, zu der er die Kamera abholen wollte. Ich hatte den Eindruck, dass Thorson ein guter Schauspieler war. Kurz darauf legte er den Hörer auf.
Danach schaute er sofort in die Kamera und sagte gelassen: »Und Leute? Was tut sich?«
Backus rief mit dem Mobiltelefon im Laden an und berichtete Thorson von dem Fehlschlag. Ich sah auf dem Monitor, dass Thorson seine Hand zur Faust ballte und damit einmal leicht auf den Schreibtisch schlug. Ich vermochte nicht zu entscheiden, ob es ein Zeichen der Enttäuschung darüber war, dass die Verhaftung zunächst missglückt war, oder auch ein Zeichen des Triumphes darüber, dass er jetzt die Chance bekommen würde, dem Poeten von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten.
Ich verbrachte den größten Teil der nächsten vier Stunden mit Backus und Carter im Wagen. Wenigstens konnte ich mich auf dem Rücksitz ausstrecken. Die einzige Unterbrechung bestand darin, dass sie mich losschickten, um aus einem Geschäft auf dem Pico Sandwiches und Kaffee zu holen. Ich beeilte mich und verpasste nichts.
Es war ein langer Tag, auch wenn Carter jede Stunde an dem Laden vorbeifuhr, und zu unterschiedlichen Zeiten mehrere Leute das Geschäft betraten. Immer stellte sich jedoch heraus, dass es sich um normale Kunden handelte, nicht um Gladden.
Um vier erörterte Backus mit Carter bereits Pläne für den nächsten Tag. Er ließ sich nicht anmerken, ob er es überhaupt in Erwägung zog, dass Gladden gar nicht kam, dass er vielleicht wusste, dass etwas nicht stimmte und dass er das FBI überlistet hatte. Er teilte Carter mit, dass er ein Funksprechgerät installiert haben wollte, damit er für seine Gespräche mit Thorson nicht eine der Telefonleitungen benutzen musste.
»Ich will, dass das morgen zur Verfügung steht«, sagte er.
»Wird erledigt«, erwiderte Carter. »Sobald wir für heute Schluss gemacht haben, sorge ich dafür, dass die Techniker sofort an die Arbeit gehen.«
Danach herrschte wieder Schweigen. Es war offensichtlich, dass Backus und Carter, jahrelang an solche Überwachungsaktionen gewöhnt, mit der Stille gut zurechtkamen. Hin und wieder versuchte ich, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, aber sie reagierten immer nur sehr einsilbig.
Kurz nach vier fuhr hinter uns ein Wagen an den Bordstein. Ich drehte mich um und sah, dass es Rachel war. Sie stieg aus, öffnete die hintere Tür an unserem Wagen und ließ sich neben mir nieder.
»Wen haben wir denn da?«, sagte Backus. »Ich ahnte schon, dass Sie nicht lange fortbleiben würden. Sind Sie sicher, dass Sie in Florida alles erledigt haben, Rachel?«
Er gab sich gelassen, aber ich spürte, dass er sich über ihre schnelle Rückkehr ärgerte.
»Alles steht bestens, Bob. Hat sich hier etwas getan?«
»Nein, nichts Wesentliches.«
Als Backus ihr wieder den Rücken zudrehte, langte sie herüber, drückte meine Hand und schnitt eine Grimasse. Ich brauchte ein paar Augenblicke, um den Grund dafür zu begreifen.
»Haben Sie das Postfach überprüft, Rachel?«
»Ja, Bob, das habe ich getan«, sagte sie mit einer Stimme, in der ein Anflug von Erbitterung mitschwang. »Es war eine Sackgasse. In dem Postfach lag überhaupt nichts. Der Besitzer sagte, er glaube, eine Frau, eine ältere Frau, käme ungefähr einmal im Monat und leere es. Er sagte, die einzige Post, die je einträfe, sähe aus wie Kontoauszüge. Ich glaube, die Frau ist Gladdens Mutter. Sie lebt vermutlich irgendwo in der Nähe, aber sie steht nicht im Telefonbuch, und die Behörden in Florida hatten auch nichts über sie.«
»Vielleicht hätten Sie noch ein bisschen länger bleiben und ein bisschen intensiver nachforschen sollen.«
Sie schwieg für einen Moment. Die Art, wie Backus sie behandelte, irritierte sie
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